Strategien
16. Dezember 2011

Die Umstrukturierungsspezialisten

In Deutschland sind Transition Manager wenig gefragt. Beim Umschichten ihrer Portfolios vertrauen­ institutionelle­ Investoren­ auf ihre Asset Manager. Welche Vorteile jedoch die Arbeit mit einem Transition Manager hat, berichtete Andreas­ Siegert von der Versorgungskasse der Angestellten der Metallgesellschaft auf den portfolio masters.

„Unsinkbar“ – mit diesem Nimbus ist das Passagierschiff „Titanic“ 1912 vom Stapel gelaufen. Bereits auf ihrer Jungfernfahrt büßte es diesen­ jedoch ein. Der Steuermann hatte die Ausmaße eines Eisbergs unter der Wasseroberfläche unterschätzt, woraufhin die Titanic mit diesem kollidierte und am 15. April 1912 unterging. Ähnlich wie der Steuermann vor einem Jahrhundert unterschätzen heutzutage viele institutionelle Investoren in Deutschland, welches Ausmaß die Kosten­ bei einer schlecht durchgeführten Umstrukturierung eines Portfolios annehmen können. Häufig werden nur die expliziten Kosten gesehen, also Provisionen und Gebühren. Das ist aber nur die berühmte Spitze des Eisbergs. Die impliziten Kosten, wie Market Impact und Opportunitäts­kosten, machen rund 80 Prozent des Gesamtkostenblocks aus. Mit der richtigen Handelsstrategie lassen sich die Kosten einer Transition deutlich senken, teilweise um bis zu 60 Prozent.

Spezialisten im Umstrukturieren von Portfolios sind Transition Manager. Ihre Aufgabe ist es, das jeweilige Portfolio so schnell wie möglich in die Zielstruktur zu bringen und dabei die impliziten Kosten zu reduzieren. In Deutschland werden diese Dienste jedoch selten genutzt. In der Regel vertrauen institutionelle Investoren bei der Umstrukturierung auf ihre Asset Manager. Natürlich gibt es auch hier die berühmte Ausnahme von der Regel. Ein Beispiel ist die Versorgungskasse der Angestellten der Metallgesellschaft AG, die 2010 mit Hilfe eines Transition Managers ein aus Staatsanleihen bestehendes Portfolio­ in ein breit diversifiziertes Portfolio aus Unternehmens­anleihen umstrukturierte. Das Volumen dieser Umschichtung lag im dreistelligen Millionenbereich. Den Anstoß dazu gab Uwe Rieken­ von Faros. „Uns hat ein Consultant empfohlen, einen Transition Manager zu nutzen. Aufgrund dieses Hinweises haben wir uns diesem Thema überhaupt erst genähert“, sagte Andreas Siegert, Leiter Kapitalanlagen der Versorgungskasse, auf den portfolio masters. 

_So viel wie nötig, so wenig wie möglich

Die Transition des Anleihenportfolios ging an nur einem Tag über die Bühne. Etwas länger zog sich indes die Vorbereitungsphase hin. Diese dauerte zwei Wochen. „Jeden Abend haben wir von unserem Transition Manager eine Übersicht über den Stand der Dinge bekommen. Der ganze Prozess war sehr transparent“, erklärte Siegert. Aus den Details der Transition hielt sich die Versorgungskasse heraus. Es galt der Grundsatz: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. „Man kann nicht bis ins kleinste Detail die Arbeit des Transition Managers verstehen, da man sich zu selten damit beschäftigt. Man muss dem Transition Manager vertrauen und ihn seine Arbeit machen lassen“, begründete­ Siegert die Zurückhaltung. Komplett heraushalten konnte sich die Versorgungskasse aus der Transition aber nicht, da zwei Positionen auf der Wunschliste­ des neuen Portfolios illiquide waren. „Wir haben pragmatisch entschieden, dass wir diese Positionen nicht einkaufen, sondern dem neuen Manager als Cash übergeben“, so Siegert. Mit seiner Entscheidung, für die Umschichtung des Rentenportfolios einen Transition­ Manager zu engagieren, ist er auch ein Jahr später noch sehr zufrieden: „Wir haben einiges an Kosten gespart und die Risiken­ minimiert.“ Angesichts dessen erscheint es nur logisch, dass er auch in Zukunft mit Transition Managern arbeiten will und anderen­ Investoren empfiehlt, diese Dienste zu nutzen. Welchen Anbieter man wählt, sei dabei nicht entscheidend. „Die wichtigste Entscheidung ist, überhaupt mit einem Transition Manager zu arbeiten“, so Siegert. 

_Aus Fehlern wird man klug

Dass die meisten Transition Manager einen guten Job machen, konnte Jürgen Winter, Leiter Transition Management Solution bei Universal-Investment, berichten. Immerhin 78 Prozent der rund 100 Transition-Management-Projekte,­ die Universal-Investment in den vergangenen fünf Jahren begleitet hat, wurden innerhalb der prognostizierten Kostenbreite umgesetzt. Deshalb ist auch für Winter die Frage­ nach dem besten Anbieter­ nicht entscheidend. Viel wichtiger sei, überhaupt mit einem Transition Manager zu arbeiten. Welches Sparpotenzial Investoren liegenlassen, wenn sie darauf verzichten, zeigte er an einem realen Beispiel aus dem Kundenkreis von Universal-Investment. Dieser Kunde entschied sich gegen die Zusammen­arbeit mit einem Transition­ Manager und ließ stattdessen die Umstrukturierung eines Emerging-Market-Aktien-­Mandates mit einem Volumen von 123 Millionen Euro von seinem Asset Manager durchführen. Ein Fehler, wie sich im Nachhinein herausstellte. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 3,5 Millionen Euro und lagen 34 Prozent über dem Wert, den der Transition Manager erzielt hätte. Dieser Investor hat seine Lektion gelernt. Laut Winter hat er beim nächsten Mal auf die Dienste eines Transition Managers nicht mehr verzichtet. 
Ursprünglich kommt Transition Management aus dem Aktien­bereich. In den USA macht diese Asset-Klasse nach wie vor das Gros der Umschichtungen aus. Ein anderes Bild zeichnet sich indes in Deutschland, wo institutionelle Investoren den Großteil ihrer Kapitalanlage in Renten investiert haben und die Aktienquoten im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen. Folglich stehen in Deutschland eher Transitions im Renten- als im Aktienbereich an. Ein wichtiger Punkt, der laut Universal-Mann Winter häufig unterschätzt wird, auf den Investoren aber unbedingt achten sollten, wenn sie eine Transition­ im Fixed-Income-­Bereich planen, ist der Vergleich von Bewertungspreisen und Handelspreisen. Denn die Bewertungspreise in den Büchern­ entsprechen nicht immer dem, was sich am Markt tatsächlich auch erzielen lässt. Winter weiß: „Sie können bei einer Fixed-Income-­Transition schlecht aussehen, wenn im Vorfeld ihre Bewertung für das Portfolio bei 100 Millionen Euro, der Handels­preis aber nur bei 97 Millionen Euro liegt.“ Bei einer hohen Bewertungsdifferenz wäre es womöglich sinnvoll, wenn der Investor die Transition gar nicht erst macht oder so lange abwartet, bis sich die Preise wieder einander angepasst haben. „Man sollte im Vorfeld immer die Preise vergleichen“, riet Winter.

_Crossing spart bis zu 20 Basispunkte

Auf eine weitere wichtige Frage, die sich Investoren stellen sollten, gerade wenn sie auf der Suche nach einem Transition Manager im Rentenbereich sind, wies Peter Löhnert, Vizepräsident bei Blackrock, in seinem Vortrag auf den portfolio masters hin: „Gibt es einen Moral Hazard? Handelt mein Transition Manager als Principal oder Agent?“ Dem Vorwurf eines Interessenkonflikts sehen sich vor allem Transition­ Manager von Investmentbanken gegenüber, da sie von der Sellside kommen und ein eigenes Handelsbuch haben. Insbesondere wenn diese Anbieter für eine sehr geringe Fee arbeiten, entsteht der Verdacht, dass sie sich ihre Einnahmen woanders herholen, zum Beispiel indem die Investmentbank per Prehedging auch für andere Kunden arbeitet oder der Eigenhandel der Investmentbank Frontrunning gegen­ den Kundenhandel betreibt. „Man muss genau darauf achten, ob das Transition Management ein separates Team ist oder nur ein Anhängsel des Handels-Desk“, erklärte Winter. Das Principal-Modell grundsätzlich zu verteufeln, wäre jedoch falsch. Denn Transition­ Manager­ von der Sellside haben auch Vorteile. Neben dem direkten Marktzugang besteht beispielsweise die Möglichkeit zum internen Crossing mit anderen Kunden. Dadurch kann der Investor eine­ ­Menge Geld sparen. Laut Winter lassen sich 15 bis 20 Basispunkte sparen.­ Auch Transition Manager, die als Agent für Kunden arbeiten, ver­suchen, Crossing als Handelsstrategie einzusetzen. Ihre Möglichkeiten sind jedoch eingeschränkter. Ein Crossing ist nur innerhalb ihrer gemanagten Transitions und Fonds möglich. Transition Manager von der Buyside haben indes andere Vorzüge. Da sie kein eigenes Handels­buch haben, besteht beispielsweise kein potenzieller Interessenkonflikt. Außerdem verfügen sie über verschiedene Marktzugänge.

In Europa sind derzeit rund 15 Transition Manager aktiv. Bekannte Adressen sind unter anderem Blackrock, Credit Suisse, Goldman Sachs, Russell Investments und State Street. Ein deutsches Haus findet sich nicht darunter. Doch welcher Anbieter ist für die jeweilige Transition am besten geeignet? Bei dieser Suche sollten sich Investoren­ nicht allein von den Gebühren leiten lassen. Winter weiß: „Der Anbieter mit der niedrigsten Fee ist nicht der günstigste.“ Vielmehr müsse man verstehen, wie der Transition Manager arbeitet und welches Modell­ er verwendet. Eine weitere wichtige Frage, die Investoren bei der Vorauswahl unbedingt stellen sollten: Wie gut kennen die Transition­ Manager den deutschen Markt? Winter ist überzeugt: „Der Transition Manager muss wissen, wie in Deutschland das KAG- und Master-KAG-System funktioniert. Wenn er das nicht weiß, wird es abenteuerlich.“ Darüber hinaus empfahl er eine Vorort-Prüfung des Transition Managers: „Bestimmte Dinge kann man nur bedingt in ­Berichten erfahren.“ Einen Tipp für die Auswahl des Transition Managers­ hatte auch Siegert parat: „Um zu entscheiden, mit wem man zusammen­arbeitet, kann man Erfahrungen von anderen Investoren, Consultants, KAGen und Custodians einholen. Man muss aber berücksichtigen, wer einem etwas sagt.“ 

Die sorgfältige Suche nach dem Transition Manager mit Best Execution­ macht sich am Ende durchaus bezahlt, wie Winter an einem­ aktuellen Kundenbeispiel eines Fixed-Income-Portfolios zeigte. Für das Projekt, bei dem es um ein Volumen von 1,2 Milliarden Euro ging, wurde ein Transition Manager gewählt, der über breite Markt­zugänge verfügt. So wurden rund 360 verschiedene Anleihen mit 30 verschiedenen Brokern ausgeführt. 

Mit der Wahl des Transition Managers ist Winter zufrieden: „Allein­ die Ausführung gegenüber dem zweitbesten Angebot brachte eine Ersparnis­ von 1,5 Millionen Euro.“ Die Kostenersparnis gegenüber dem Durchschnittsangebot betrug sogar 1,7 Millionen Euro. „Obwohl sich in dem Portfolio nur Staatsanleihen befanden, waren die Spread-Kosten weit auseinander. Selbst bei einer Bundesanleihe, von der man sagt, dass sie liquide ist und wenig Risiko­ hat, hat man immer noch ­erhebliche Spread-Kosten“, führte Winter weiter aus. Den Grund ­hierfür sieht er in der aktuellen Krise, aufgrund derer die Zahl der ­Anbieter, die für Bonds bieten, deutlich zurückgegangen ist. 

_Best Execution zahlt sich aus

Ähnliche Erfahrungen wie Winter hat auch Blackrock-Mann Löhnert­ gemacht. In seinem Vortrag auf den portfolio masters zeigte er anhand einer Grafik, der Werte von Transitions von Blackrock aus dem Jahr 2010 zugrunde liegen, wie groß der Unterschied zwischen der besten und der zweitbesten Ausführung ist. Bei einem Staatsanleihen-Portfolio beträgt dieser elf Basispunkte. Im Vergleich zum Durchschnittsangebot fallen die Kosten sogar um etwa 20 Basispunkte niedriger­ aus. Noch größere Kosteneinsparungen als bei Staats­anleihen lassen sich im Corporate-Bonds-Bereich erzielen. Laut Löhnert­ sind die Kosten einer Best Execution gegenüber der zweitbesten Ausführung um 54 Basispunkte und gegenüber dem Durchschnittsangebot sogar um 90 Basispunkte geringer. Diese Beispiele machen eins ganz deutlich: Die Suche nach dem Anbieter mit der Best Execution lohnt sich. 

portfolio institutionell 16.12.2011

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