Pension Management
28. August 2018

Die Private-Debt-Branche boomt – und sucht Experten

Britta Bene ist Beraterin bei Indigo Headhunters. In ihrem Gastbeitrag beschäftigt sie sich mit Private Debt. In dieser Anlageklasse steigt der Bedarf an Spezialisten und Führungskräften. Die Top-Jobs seien zwar verhältnismäßig rar, der Markt sei noch klein. Dennoch spräche einiges für einen Wechsel in diese junge Industrie.

Der vielleicht wichtigste Grund für den Boom von Private Debt sind die Regulierungen, die Banken in ihrer Kreditvergabe hemmen, weshalb diese zunehmend auch attraktive Projekte absagen müssen. Dazu kommen Faktoren wie Schnelligkeit, Effizienz und die Flexibilität von Private Debt Funds, die, losgelöst von der Regulatorik, den Wettbewerb am Kreditmarkt erhöhen.
Im angelsächsischen Raum ist die Kreditvergabe über Privatinvestoren bereits gang und gäbe. In Deutschland dagegen hatten bis vor einigen Jahren die Banken die Vorherrschaft. Selbst vor einem Jahr hatten sie noch rund 70 Prozent Marktanteil bei Transaktionen zwischen 20 Millionen und 500 Millionen Euro Kreditvolumen. Aktuell sind es gemäß dem Altium Mid Cap Monitor 52 Prozent.
Die großen Veränderungen haben in den vergangenen vier Jahren stattgefunden. Mittlerweile gibt es über 50 Private-Debt-Häuser, die in Deutschland Geschäft machen wollen. Immer mehr dieser Anbieter verfügen über lokale Repräsentanten oder Teams vor Ort. Neben Neugründungen drängen hauptsächlich internationale Häuser auf den deutschsprachigen Markt.
Betrachtet man die spezialisierten Private-Debt-Häuser, sind die Teams in der Regel ähnlich aufgestellt wie im Private-Equity-Umfeld, allerdings noch etwas kleiner. Es gibt einen „Head“, der meist nicht nur für Deutschland, sondern für die gesamte DACH-Region zuständig ist, sowie eine rechte Hand – oftmals auf Vice President Level – und dazu ein bis zwei Associates, die den Markt mit aufbauen. Das konkrete Set-up richtet sich größtenteils nach dem Set-up des Teams in der Zentrale, die häufig in London zu finden ist.
Fonds mit großen, etablierten Strukturen im Heimatland haben oftmals kleinere Teams von zwei Personen in Deutschland, da diese die Ressourcen aus London je nach Bedarf hinzuziehen können. Ausnahmen sind große, international etablierte Player, die Wert darauf legen, eine starke Präsenz in Deutschland vor Ort zu zeigen.
Die Suche nach geeignetem Personal ist aktuell an einem Punkt angelangt, wo die meisten Funds einen „Head“ haben und nun den Mittelbeziehungsweise Unterbau nachziehen. Die Aufgabe des Leiters ist es, Deals zu entwickeln, also die Origination. Logischerweise sind attraktive Deals die Basis für den Aufbau größerer Teams, welche die Umsetzung aus dem Heimatmarkt betreuen.
Was Experten mitbringen sollten
Die Branche sucht hierzulande nach Führungskräften und jungen Talenten, die Aufbauarbeit in kleinen Teams zu schätzen wissen. Die attraktivsten Bewerberinnen und Bewerber findet die Private-Debt-Industrie bei Banken in den Bereichen Leveraged Finance (Sponsor Coverage) oder auch Debt Restructuring. Auf Beraterseite sind Corporate-Finance-Boutiquen mit Debt-Advisory-Arm interessant oder selbstständige Debt-Advisory-Boutiquen.
Auf der Fund-Seite akquiriert man bei der Konkurrenz – also anderen Debt Funds – oder bei institutionellen Investoren, die direkte Debt Investments tätigen. Das A und O, um als Kandidat interessant zu sein, sind Netzwerke zu Private Equity Funds und Intermediären. Diese bilden, wie in allen anderen vertriebsorientierten Geschäftsbereichen auch, die Basis für den Aufbau des Private-Debt-Geschäfts.
Was aber fast ebenso wichtig ist, ist die Fähigkeit, die Sichtweise eines Investors einzunehmen. Es genügt nicht mehr, nur transaktionsgetrieben zu arbeiten. Stattdessen muss man einen klaren Blick auf die langfristigen Risiken und Erträge des Deals haben und eine kalkulierte Wette für sein eigenes Buch eingehen.
Eine unternehmerische DNA ist für diese in Deutschland noch junge Branche ebenfalls essenziell. Regelmäßig interessante Transaktionen aufzuspüren, fällt manchen Bankern, die vorher in großen Strukturen tätig waren, oft nicht ganz leicht, und so stellt der Wechsel manchmal einen Kulturschock dar. Denn in den Banken kamen die Sponsoren in der Regel aktiv auf ihn oder sie zu. Die Frage ist, wie erfolgreich der Kandidat allein, ohne starke Bankmarke im Hintergrund, sein kann. Hierfür ist nicht nur das belastbare Netzwerk wichtig, sondern auch die Affinität zu intensiven Vertriebsaktivitäten.
Finanziell attraktiv mit hohem variablen Anteil
Finanziell lukrativ, bei einem Debt Fund zu arbeiten, ist es in den meisten Fällen. Die Gehaltspakete unterscheiden sich jedoch signifikant. Für Kandidaten ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass hinter jedem Haus ein ökonomisches Geschäft liegt, das durch Management und Performance Fees oder Carry getragen wird.
Somit zahlen kleinere Funds oftmals vergleichsweise geringe Gehälter, ziehen und halten ihre Mitarbeiter aber mit oftmals größeren Carry-Anteilen. Funds, die es sich leisten, höhere Cash-Gehälter zu zahlen, geben häufig etwas weniger Carry heraus. Im Großen und Ganzen geht es um das Volumen des Funds und die zu erwartende Rendite. Der signifikante Teil der Kompensation kommt dabei in der Regel über die Performance.
22 erfolgreiche Private-Debt-Transaktionen hat es im ersten Halbjahr 2018 gegeben und damit fast eine Verdopplung zum Vergleichszeitraum 2017. Die Deals wurden zum Großteil von einer Handvoll Fonds dominiert; der Wettbewerb ist enorm. So können wir davon ausgehen, dass Konsolidierungen oder Rückzüge bevorstehen, sollte sich der Markt nicht dramatisch steigern. Bedeutet dies aber auch einen Rückgang im Arbeitsmarkt von Private Debt Funds? Nicht unbedingt!
Denn das Geschäftsfeld Private Debt entwickelt sich stetig weiter: Institutionelle Investoren bauen eigene Private-Debt-Einheiten auf und Family Offices steigen sowohl via Fund- als auch Direktinvestments vermehrt in den Markt ein. Außerdem ist es zu erwarten, dass es einige neue Private Debt Fund of Funds geben wird.
Hinzu kommt ein steigendes Interesse an Funds für Special-Situation- und Distressed-Strategien, die, Stand heute, zwar noch nicht so viel in Deutschland zu tun haben, aber, wenn die nächste Krise kommen sollte – wovon fast jeder ausgeht –, auch aufstocken werden.
Ähnlich sieht es in der Kreditrestrukturierung aus. Zudem gibt es noch Venture Debt – ein Bereich, der stetig wächst und sehr spannend ist. Weitere Strategien, die hierzulande noch nicht sehr verbreitet sind, wie Litigation Finance oder Royalty Finance, sind auch Kandidaten für ein erweitertes Private-Debt-Angebot. Allerdings ist es fraglich, ob solche Strategien in Deutschland eine kritische Größe erlangen werden.
Nahe am Ende des Kreditzyklus 
Wann genau die nächste Krise bevorsteht, lässt sich nicht sagen. Aber deutlich wird schon, dass die Preise aktuell sehr hoch sind, der Wettbewerb die Renditen nach unten drückt und Konditionen ein vergleichsweise höheres Risikoprofil aufweisen.
Viele stellen sich die Frage, ob eine Krise auch das Ende von Private Debt bedeuten würde. Bei dieser Frage scheiden sich die Geister. Die einen sehen, dass eine Vielzahl von Fonds basierend auf ihren aktuellen Transaktionen in große Schwierigkeiten geraten könnten. Die anderen erwarten aber große Chancen, wenn, ähnlich wie in der vergangenen Finanzkrise, die Banken keine Kredite mehr vergeben können. In diesem Fall haben Debt Funds das Potenzial, die Lücke zu schließen und dem Markt Liquidität zu sichern.
Sicherlich wird es irgendwann eine Korrektur geben. Die Private-Debt-Branche hat noch keinen vollen Zyklus mitgemacht und die letztendliche Entwicklung ist ungewiss. Dennoch wird Private Debt ein fester Bestandteil der deutschen Kreditlandschaft bleiben. Und damit auch immer wieder Chancen für Bewerber bieten, die die klassischen Finanzinstitute verlassen wollen. Und für die jungen Banker und Berater ist es ein spannendes Feld, tiefe Einblicke in die Welt der Finanzierungsstrukturierung zu erhalten und der mit Sicherheit weiter wachsenden Welt der Private Markets beizutreten.
portfolio institutionell, Ausgabe 8/2018
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