Stiftungen
25. November 2024

„Die Kombination aus hohem Impact und einer radikalen Diversifikation“

Bei den Awards 2024 holte die Carl-Zeiss-Stiftung gleich zwei wichtige Trophäen. Im Interview nimmt der stellvertretende Geschäftsführer der Stiftung, Hannes Banzhaf, die Rolle von Diversifikation für Stiftungen in den Blick und beschreibt, was die Vermögensanlage seiner Stiftung so einzigartig macht.

Bei den portfolio institutionell Awards 2024 wurde die Carl-Zeiss-Stiftung gleich in zwei wichtigen Kategorien geehrt: einmal als „Beste Stiftung 2024“ und in der Kategorie für die „Beste Portfoliostruktur“. Das unterstreicht ihre Leistung ganz besonders.
Herr Banzhaf, was bedeutet Ihnen diese zweifache Auszeichnung auch hinsichtlich Ihrer Position in der deutschen Stiftungslandschaft?

Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass wir die Jurys mit unserer Anlagestrategie überzeugen konnten. Die deutsche Stiftungslandschaft ist bei der Kapitalanlage sehr heterogen – unter anderem in Bezug auf die Anlagestrategie und den Fokus, den die Kapitalanlage überhaupt innerhalb der Stiftung einnimmt. Wir stellen unseren Ansatz gerne dar, um ein Beispiel aufzuzeigen, welche Möglichkeiten, insbesondere in den Dimensionen Impact und Diversifikation, bestehen.

Welchen Stellenwert messen Sie dem Preis sowohl innerhalb ihrer Organisation sowie extern bei?

Innerhalb einer Organisation ist der Erfolg einer Kapitalanlage generell nicht leicht abschätzbar, zumal er oft erst nach mehreren Jahren sichtbar wird. Die portfolio institutionell Awards verfügen über hochkarätige Jurys. Die Auszeichnungen helfen beim internen Verständnis der Stärken des eigenen Ansatzes. Extern erhöhen wir dadurch natürlich die Sichtbarkeit. Als eine der größten wissenschaftsfördernden Stiftungen in Deutschland können wir so gerade auch kleineren Stiftungen neue Wege aufzeigen.

Die Carl-Zeiss-Stiftung ist in ihrer Vermögensanlage breit diversifiziert und streut das Vermögen mittlerweile über elf Asset-Klassen (neu auch in Forstwirtschaft, siehe Interview in der vergangenen August-Ausgabe von portfolio institutionell). Warum ist Diversifikation, auch mit untereinander möglichst niedrig korrelierten Anlageklassen, insbesondere für eine Stiftung wie die Ihre so wichtig?

Diversifikation ist der wichtigste „free lunch“ in der Kapitalanlage. Bei einem vorgegebenen Risikoniveau kann durch Diversifikation eine höhere Rendite erzielt werden. Wer behauptet, dass Volatilität für Stiftungen aufgrund des Ewigkeitshorizontes irrelevant ist, der müsste konsequenterweise mit einem hohen Rendite-/Risikoprofil anlegen. Es gibt aber nur wenige Stiftungen, die bereit sind, eine entsprechende hohe Volatilität wirklich einzugehen und auszuhalten.

Die Carl-Zeiss-Stiftung hält mit ZEISS und SCHOTT zwei Stiftungsunternehmen zu 100 Prozent und ist mit den darüber hinaus gehenden Finanzanlagen zu etwa einem Drittel des längerfristigen Portfolios in Alternative Anlagen investiert. Das tun nicht viele Stiftungen in Deutschland. Fehlt vielen Ihrer Peers einfach der Mut, Ihrem Beispiel zu folgen, was die Privatmärkte angeht?

Das kann verschiedene Gründe haben. Die deutsche Stiftungslandschaft ist sehr fragmentiert, mit über 25.000 Stiftungen jedweder Größe. Es kann gerade bei kleineren Stiftungen an vorhandener Zeit fehlen, an Interesse für Finanzanlage-Themen, an Expertise, an Wissen über einfache Zugangswege oder beispielsweise auch an Mut, sich zu sehr von anderen Stiftungen zu unterscheiden.

Die Carl-Zeiss-Stiftung wurde 1889 von dem Wissenschaftler und Unternehmer Prof. Dr. Ernst Abbe gegründet. Sie finanziert ihre vielfältige Fördertätigkeit aus den Dividenden der Stiftungsunternehmen Carl Zeiss AG und Schott AG. Muss man als Stiftung ein großes Vermögen haben, um in den Privatmärkten anzulegen?

Nein, es gibt inzwischen attraktive Zugangswege mit Mindestanlagesummen ab 10.000 Euro. Für Stiftungen als juristische Personen gilt meist die regulatorisch bedingte Mindestlosgröße für semi-professionelle Anleger, das sind 200.000 Euro. Zugangswege sind beispielsweise Kapitalisierungsprodukte von Lebensversicherungen, Verbriefungen, Eltifs, Dachfonds oder für manche Anlageklassen sogar depotfähige Ucits-Fonds. Der üblichste Zugangsweg großer institutioneller Kapitalanleger, direkt in meist Luxemburger Zielfonds zu investieren, erfordert allerdings in der Tat ein größeres Gesamtvermögen im zwei- oder dreistelligen Millionen-Bereich.

Die Jury lobte unter anderem Ihr Konzept der Strategischen Asset Allokation sowie die Performance. Was macht die Portfoliostruktur der Carl-Zeiss-Stiftung in der deutschen Stiftungslandschaft so einzigartig?

Ich würde sagen, es ist die Kombination aus hohem Impact und einer radikalen Diversifikation mit einer Vielzahl von möglichst verschiedenartigen Anlageklassen beziehungsweise Risikofaktoren.

Sie haben bereits 2022 an den portfolio institutionell Awards teilgenommen und damals den ersten Platz als „Bester Impact Investor“ geholt: Welche Überlegungen prägen Ihre Sicht auf Nachhaltigkeit und Wirkung?

Wir sind davon überzeugt, dass Impact am besten in den Private Markets erzielbar ist, aufgrund der dort verfügbaren zielgerichteten Investmentstrategien, dem zusätzlichen Kapitalzufluss in die Projekte oder die Unternehmen und einem hohen Eigentumsanteil und einem damit einhergehenden hohen Einfluss. Wichtiger als Datenmessung und Reporting ist für uns die Wirkungslogik. Wer beispielsweise die Entwicklung neuer Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien finanziert, kann sich der Wirkung sicher sein und braucht für diese Kapitalanlage anschließend eigentlich keinen ESG-Report mehr zu lesen.

Den Impact-Fokus legen Sie auch insbesondere auf Investments in Venture Capital. Welche Rolle können Start-ups bei der Transformation spielen?

Start-ups spielen eine entscheidende Rolle, neue Technologien zu entwickeln und Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Forschung in die Anwendung zu bringen. Sie beschleunigen damit gesellschaftlich wichtige Transformationen wie beispielsweise die Dekarbonisierung, die Digitalisierung und neue Gesundheitslösungen. Ein wesentlicher Nachteil von Venture-Capital-Investments ist die Illiquidität. Die meisten Stiftungen können aber aufgrund des Ewigkeitshorizontes bei der Kapitalanlage eine hohe Illiquidität eingehen.

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