Schwarzer Schwan
17. August 2012
Die Devise von Wolfgang Driese: Keine Rating-Agentur nervt so wie diese!
Lesen Sie in dieser Ausgabe des Schwarzen Schwan der Woche, wie man die Bonität in Krisenzeiten stärkt. Durch sparsames Wirtschaften? Ach was, per Rating-Agentur-Selektion. So lassen sich nicht nur die Kosten in Windeseile drücken. Auch Verständnisprobleme verschwinden – wie von Zauberhand.
Die deutsche Sprache ist voller widersprüchlicher Redensarten. Beispiel gefällig? Nun, aller guten Dinge sind bekanntermaßen drei. Ein nicht minder bekanntes Bonmot behauptet dagegen: Drei sind einer zu viel. Ja, was denn nun? Für Wolfgang F. Driese, den Vorstandsvorsitzenden der genossenschaftlichen DVB Bank in Frankfurt am Main mit der ansehnlichen Bilanzsumme von 22,5 Milliarden Euro, ist die Sache jedenfalls klar: Drei sind einer zu viel! Worum es geht, fragen Sie? Um die Zahl der Rating-Agenturen, die die DVB Bank in Zukunft mit einem bezahlten Rating versehen dürfen.
Was war geschehen, dass die auf Verkehrsfinanzierungen spezialisierte Tochtergesellschaft der DZ Bank nach 13 Jahren einmütiger Zusammenarbeit nicht länger von Moody’s, sondern nur noch durch S&P und Fitch geratet werden möchte? Nun, im Juni 2012 senkte Moody‘s die Ratings mehrerer deutscher Banken und ihrer Tochtergesellschaften, darunter auch der DZ Bank. In diesem Zusammenhang überarbeitete die Rating-Agentur auch die Langfristeinschätzung der DVB Bank. Der Rating-Code fiel von einem durchaus respektablen A1 um drei Stufen auf Baa1. Das heißt, Moody’s stuft die DVB Bank nicht länger als sichere Anlage ein. Stattdessen handelt es sich nach klassischer Lesart nunmehr um eine durchschnittlich gute Anlage, bei der im Falle einer Verschlechterung der Gesamtwirtschaft mit Problemen zu rechnen ist. Die Herabstufung kam aber nicht völlig unerwartet, schließlich hatte Moody’s bereits im Februar die bisherige Benotung mit einem negativen Ausblick versehen.
DVB-Chef Driese passt die jüngste Einstufung so gar nicht in den Kram und er sortierte Moody’s aus wie einen faulen Apfel. „Wir haben entschieden, die Rating-Verträge mit Moody’s auslaufen zu lassen, weil die von der Rating-Agentur vergebenen Ratings die erfolgreiche Performance der DVB im internationalen Transport-Finance-Geschäft nicht mehr reflektieren“, poltert Driese. Das nahende Ende der Geschäftsbeziehung hat den schönen Nebeneffekt, dass Moody’s seine Ratings der DVB zurückziehen wird.
In einer Pressemitteilung verweist die DVB Bank auf die beiden verbliebenen Rating-Agenturen, von denen man unverändert mit einem A+ bewertet werde, was wiederum einer „sicheren Anlage“ entspricht. Die Diskrepanz sei „schwierig zu begründen und für die Akteure an den Finanz- und Verkehrsmärkten kaum zu verstehen“, meint der Vorstandsvorsitzende mit Blick auf Moody’s Bewertung.
Schwierig zu begründen? Kaum zu verstehen? Was ist so schwer daran zu verstehen, wenn eine Rating-Agentur im Hinblick auf wachsende Risiken aus der Euroschuldenkrise und einer sich eintrübenden Weltwirtschaft den Daumen senkt? Nur weil die DVB Bank in den vergangenen vier, fünf Jahren gut über die Runden gekommen ist, heißt das noch lange nicht, dass sie immun gegen die näher kommenden Einschläge der Krise ist. Dass der für die Bank so wichtige Transportsektor zunehmend unter Druck steht, zeigt sich schon daran, dass der Hamburger Hafenbetreiber HHLA, aber auch Giganten wie UPS oder Kühne + Nagel zuletzt deutlich pessimistischer geworden sind. Dort heißt es unisono, Aussagen zur erwarteten Geschäftsentwicklung unterlägen derzeit außerordentlich hoher Unsicherheit, da die Auswirkungen der Staatsschuldenkrise auf Konjunktur und Welthandel ungewiss seien und die Abwärtsrisiken zuletzt deutlich zugenommen hätten.
Im Vergleich zur Antike und zum Mittelalter, als man mit dem Überbringer von schlechten Nachrichten noch ganz anders umzugehen pflegte, kam Moody´s mit einem Mandatsentzug noch glimpflich davon. Wie muss man sich aber das weitere Procedere jetzt vorstellen? Werden alle Hinweise und Überbleibsel der Moody’s-Rating-Einstufung vernichtet? Ab in den Shredder, damit auch ja kein Investor etwas von der kritischen Sichtweise erfährt? Aber halt, die Investoren sind doch nicht auf den Kopf gefallen, auch wenn die Bank den Anschein erweckt, und lassen sich von den beiden anderen Ratings nicht blenden. Was, wenn die beiden bislang offenbar noch arglosen Rating-Agenturen demnächst auch den Daumen senken? Werden Sie dann ebenfalls vor die Tür gesetzt? Damit ließe sich viel Geld sparen. Denn dem Vernehmen nach spart die DVB Bank mit dem Abservieren von Moody’s bereits einen mittleren sechsstelligen Betrag im Jahr. Dies könnte dann aber wiederum für die soeben Geschassten interessant sein: Wenn die neuen Bonitätseinschätzungen von S&P und Fitch unter der von Moody´s liegen, könnte Moody´s wieder mit einem Rating-Auftrag rechnen.
Nachdem DVB-Chef Driese die Unkenrufe von Moody’s nicht wahrhaben möchte, bleibt nur zu hoffen, dass die Bank von der Abkühlung der Konjunktur verschont bleibt. Wer nun Recht hat, Moody‘s oder Driese, wird die Zukunft zeigen. Doch schon der erfolgreiche Naturwissenschaftler Louis Pasteur wusste: „Das Glück lacht denen, die vorbereitet sind“.
Die Redaktion von portfolio institutionell wünscht Ihnen ein schönes Wochenende. Bleiben Sie für alle Möglichkeiten offen, wie das Nassim Taleb in seinem Schwarzen Schwan rät!
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