Investoren
20. November 2024

Dick im Geschäft

Die weltweit 300 größten Pensionseinrichtungen bilden die Speerspitze der institutionellen Investoren. Treuhänderisch verwalten sie Portfolios, die vor allem aus Anleihen und Aktien bestehen. Mancher dieser mächtigen Asset Owner überlässt nun aber externen Spezialisten das Feld, wie eine Studie vom Thinking Ahead Institute zeigt.

Unter den mächtigsten Investoren zeichnet sich nach vielen Jahren der Kontinuität ein spektakulärer Favoritenwechsel ab. Der  Government Pension Investment Fund aus Japan muss damit rechnen, seine Spitzenposition nach 22 Jahren an den Government Pension Fund aus Norwegen zu verlieren. Das zeigt die Auswertung der Kapitalanlagen der 300 größten Pensionsinvestoren vom Thinking Ahead Institute (TAI) zum Stichtag 31. Dezember 2023. Die jährlich erscheinende Analyse über die „Global top 300 pension funds“ entstand erneut in Zusammenarbeit mit dem Fachmagazin Pensions & Investments.

Im aktuellen Ranking liefern sich die beiden staatlichen Pensionsfonds, als die sie vom Thinking Ahead Institute klassifiziert werden, beim verwalteten Vermögen in US-Dollar ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem sich die Tokioter diesmal nur mit hauchdünnem Vorsprung durchgesetzt haben. Die langjährige Nummer eins aus Japan verwaltete zum Stichtag rund 1,593 Billionen US-Dollar und damit „nur“ noch 8,6 Milliarden US-Dollar beziehungsweise ein halbes Prozent mehr als der norwegische Staatsfonds. Dieses Fotofinish kommt überraschend.

Vor einem Jahr lagen die beiden Kontrahenten noch 148,4 Milliarden Euro weit auseinander. Der Abstand ist pulverisiert worden und die Aufholjagd das Ergebnis einer ungewöhnlich starken Performance: Im Betrachtungszeitraum 2023 verbuchten die Skandinavier ein Asset-Wachstum von 22 Prozent. Das waren zwölf Prozentpunkte mehr als das, was die Japaner zustande gebracht haben!

Setzt sich der Erfolgskurs fort, übernehmen die Osloer bald die Spitze. Die Plätze drei bis fünf belegen aktuell der südkoreanische National Pension Service, Federal Retirement Thrift Investment aus den USA sowie ABP aus den Niederlanden. Das Dreigespann liegt mit Kapitalanlagen von 552 Milliarden bis 802 Milliarden Dollar deutlich hinter den Vorreitern.

Die Top-20 sind eine Klasse für sich

Insgesamt beliefen sich die Kapitalanlagen der 300 größten Pensionseinrichtungen am Ende des vergangenen Jahres auf sagenhafte 22,6 Billionen US-Dollar. Und die Tendenz ist nach dem schwachen Vorjahr nun wieder steigend. Im Jahresvergleich beträgt der Zuwachs ihrer Assets under Management zehn Prozent – 2022 war das Vermögen noch um 12,9 Prozent abgeschmolzen. Übrigens ist das hier betrachtete Vermögen nur ein Teil dessen, was institutionelle Investoren global an Pensionsanlagen verwalten. Laut einer früheren Schätzung repräsentieren die Top-300 circa 40,6 Prozent des weltweiten Pensionsvermögens von insgesamt rund 55,7 Billionen US-Dollar.

Die regionale Aufteilung blieb im Betrachtungsjahr weitgehend unverändert. Asset Owner aus Nordamerika verfügen mit einem Anteil von 44,2 Prozent über das Gros des vom TAI analysierten Pensionsvermögens, während auf Europa und den asiatisch-pazifischen Raum 24,7 beziehungsweise 26,8 Prozent entfallen.

Die Vereinigten Staaten haben auch die meisten Fonds in die Top-300 entsendet; insgesamt 144 Pension Funds schafften es in die Top-Liga. Die zweitgrößte Gruppe (elf) kommt aus Japan. Aus Deutschland haben das in diesem Jahr nur noch fünf (i.V.: sechs) Häuser geschafft. Dabei handelt es sich um die Bayerische Versorgungskammer (BVK), die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), den BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes, die Mercedes-Benz Group AG (ehemals Daimler AG) und die Baden-Württembergische Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Nicht mehr dabei ist die Nordrheinische Ärzteversorgung. Sie war im Vorjahr auf Rang 295 gelandet.

Zwar sind diese Kapitalsammelstellen hierzulande von herausragender Bedeutung – in Bayern bezieht etwa jeder fünfte Haushalt Leistungen der BVK, die nach den nicht mehr ganz aktuellen TAI-Angaben über umgerechnet rund 123 Milliarden Dollar verfügt. Die VBL betreut 5,2 Millionen Versicherte Arbeitnehmer und bringt es auf Assets im Wert von 39 Milliarden Dollar. Auch das ist respektabel – summa summarum steuert die Bundesrepublik bislang aber nur rund ein Prozent des von den Top-300 angehäuften Pensionsvermögens bei.

Insourcing, Outsourcing und der Ruf nach dem OCIO

Zwei „Klassiker“ unter den Themen, die die hier versammelten Großanleger umtreiben, sind das In- beziehungsweise das Outsourcing. Einerseits setzt sich der Trend zum Insourcing bei den größten Vermögenseigentümern fort. Ursprünglich nach außen delegierte Entscheidungen werden also wieder von eigenen Leuten getroffen. Investoren, die diesem Trend folgen, wollen damit ihre Performance nach Kosten steigern. Insourcing ermöglicht außerdem eine bessere Kontrolle des internen und externen geistigen Eigentums und ausgefeiltere Anlagestrategien, so das TAI.

Andererseits delegiert so manche Top-300-Pensionseinrichtung Investmententscheidungen mehr und mehr an die sogenannten Outsourced Chief Investment Officer (OCIO). Führende Dienstleister in dem Geschäft des „ausgelagerten Investmentchefs“ sind Mercer, Goldman Sachs, Blackrock, Aon, WTW Investment Services oder auch State Street Global Advisors, also klassische Investment Consultants ebenso wie Asset Manager.

Ein Grund für den Trend zum OCIO oder auch zum artverwandten Fiduciary Management ist einerseits die zunehmende Bandbreite und Komplexität von Anlageklassen. Andererseits ist es die anschwellende Regulatorik, die den Trend hin zu mehr Arbeitsteilung mit externen Spezialisten beschleunigt. Es seien vor allem mittelgroße und kleinere Vermögenseigentümer, die auf die Dienste von OCIOs zurückgreifen, kommentiert das Thinking Ahead Institute. Das an diese Spezialisten ausgelagerte Vermögen erreichte Ende 2023 einen Rekordwert von 4,1 Billionen US-Dollar.

Höher Stellenwert für OCIOs in Nordamerika

Während die ganz großen Asset Owner also lieber ihr eigenes Süppchen kochen, konzentrieren sich die weniger sophistizierten auf ihre Kernkompetenzen und kaufen externes Fachwissen ein. In den USA und Kanada ist der Stellenwert der OCIOs wesentlich höher als im Rest der Welt, wie eine andere TAI-Studie gezeigt hat. Demnach halten OCIOs und sogenannte Master Trusts mit Hauptsitz in Nordamerika schon 23 Prozent der Vermögenswerte, die den weltweit 100 größten Asset Ownern zugerechnet werden.

Zurück zum aktuellen Ranking des Thinking Ahead Institute und einem Blick in die Details: Er zeigt, dass die Top-20-Pensionsanleger mit dem ihnen anvertrauten Kapital überwiegend Anleihen gekauft haben. Der Studie zufolge betrug die gewichtete Bond-Quote 2023 im Schnitt 42,2 Prozent, gefolgt von Aktien (40,8 Prozent). Alternative Investments (und Cash) stehen zusammen für 17,0 Prozent der Portfolios.

Eine überdurchschnittliche Rentenquote von 48,1 Prozent weisen die Pension Funds in der Asien-Pazifik-Region aus. Aktien kommen bei ihnen auf einen Anteil von 45,0 Prozent. Demzufolge sind alternative Investments mit 6,9 Prozent (einschließlich Cash) in der Asien-Pazifik-Region von untergeordneter Bedeutung.

Ihre Vermögensallokation unterscheidet sich damit fundamental von der, wie sie die mächtigsten Pensions Funds in Nordamerika aufweisen, wie zum Beispiel der Canada Pension Plan auf Gesamtplatz sechs oder das Teacher Retirement System of Texas auf Platz 19. Die insgesamt acht nordamerikanischen Pension Funds in der zwanzigköpfigen Spitzengruppe besitzen überwiegend Aktien (44,5 Prozent), gefolgt von alternativen Anlagen (32,8 Prozent, inklusive Cash). Die drei europäischen Pensionseinrichtungen an der Spitze des Feldes (Government Pension Fund, ABP und PFZW) weisen den höchsten Anteil an Anleihen (58,2 Prozent) auf. Ihre Aktienquote liegt im Schnitt bei 31,0 Prozent.

Das Wachstum alternativer Anlagen schwächt sich ab

Die Strategische Asset-Allokation der Top-300 dürfte sich künftig weiter ausdifferenzieren, an Vielfalt gewinnen – und natürlich an Umfang weiter zulegen. Laut einer Studie des Private-Markets-Datenanbieters Preqin wird das weltweit verwaltete Vermögen im Bereich der alternativen Investments in diesem Jahrzehnt weiter kräftig wachsen. Die Assets under Management erreichen voraussichtlich im Jahr 2029 den Rekordstand von 29,2 Billionen US-Dollar. Im Vorjahr beliefen sich die alternativen Anlagen in der Kategorisierung von Preqin noch auf einen Gesamtwert von 16,8 Billionen US-Dollar, wie der „Future of Alternatives 2029 Report“ zeigt.

Übrigens erwarten die Managementberater von Bain & Company, dass Großanleger ihre Allokation in alternativen Vermögenswerten von 2022 bis 2032 um durchschnittlich zehn Prozent pro Jahr erhöhen werden. Vor diesem Hintergrund erweitern mächtige Asset-Management-Gesellschaften wie Blackrock und Amundi, deren Kerngeschäft aktiv und passiv verwaltete liquide Assets sind, ihr Privatmarktangebot.

In einem Jahr wird sich zeigen, ob der norwegische Staatsfonds die Spitze der Top-300 übernehmen kann. Der Fonds hält neben Anleihen auch Beteiligungen an rund 9.000 Firmen weltweit. Zum Portfolio gehören außerdem Immobilien und Infrastruktur für Erneuerbare Energien. Gegenüber Private Equity bleiben die Skandinavier aber abstinent. Ein Grund ist für Norwegens Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum die geringere Transparenz. Dick im Geschäft sind die Nordeuropäer aber auch so.

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