Pension Management
26. Oktober 2016

Deutschlands Altersvorsorgesystem ist mittelmäßig

Beim Vergleich der Rentensysteme in 27 Ländern landet Deutschland auf dem zwölften Platz – vor Frankreich und hinter Großbritannien. Es besteht dringender Reformbedarf.

Das deutsche Altersvorsorgesystem ist nur Mittelmaß. Es bedarf dringender Reformen. Das geht aus dem neuen Melbourne Mercer Global Pension Index 2016 hervor, der die Altersvorsorgesysteme aus 27 ausgesuchten Ländern vergleicht.  Spitzenreiter ist zum fünften Mal in Folge Dänemark. Mit einem Indexwert von 80,5 von 100 möglichen Punkten erhält das skandinavische System die Bestnote A. Es hat die Studienmacher, Mercer und das Australian Centre for Financial Studies, unter anderem mit seiner soliden Finanzierung, einem hohen Vermögens- und Beitragsniveau überzeugt. Doch die Niederlande sind den Dänen als Zweitplatzierte dicht auf den Fersen – mit 80,1 Punkten.
Auch das deutsche Rentensystem hat seine Platzierung als Zwölfter gegenüber dem Vorjahres-Ranking gehalten. Der Indexwert hat sich jedoch deutlich verschlechtert. Dieser fiel um knapp drei Punkte auf 59,0 Punkte und damit von der Note C+ auf C. Als Ursache für die Verschlechterung nennen die Studienmacher vor allem den Rückgang der Nettoersatzrate, sprich, die Nettorente im Verhältnis zum Lebenseinkommen. Im Bereich „Nachhaltigkeit“, der sich direkt auf die Zukunftsfähigkeit beispielsweise in Bezug auf die Finanzierung des Rentensystems bezieht, gab es deutliche Punktabzüge.
Für Mercer steht angesichts der Ergebnisse der Studie fest, dass in Deutschland umfassende Reformen nötig sind, um den finanziellen Druck zu senken und den demografischen Herausforderungen besser gerecht zu werden. „Wir werden nicht umhinkommen, das Renteneintrittsalter in gewisser Weise auch an die Lebenserwartung beziehungsweise deren Steigerung zu koppeln“, merkt Udo Müller, Rentenexperte bei Mercer in Deutschland, an. Dafür sei es jedoch notwendig, die entsprechenden Anreize und Voraussetzungen zu schaffen. Denn eine bloße Erhöhung des Rentenalters käme einer versteckten Rentenkürzung gleich. „Darüber hinaus ist es notwendig, den eingeschlagenen Weg zur Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung – vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen – nun auch konsequent weiter zu verfolgen“, so Müller.
Die Studie bewertet nicht nur, sondern enthält auch Vorschläge zur Verbesserung. Für Deutschland sind dies folgende Maßnahmen:

  • Anhebung der Mindestrenten für Niedriglohn-Rentner
  • Weitere Erhöhung der Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer
  • Verbesserung der Kommunikation an die Leistungsempfänger
  • Erhöhung der Teilnahmequote in der bAV

Altersquotient lässt Alarmglocken läuten
Die diesjährige Studie zu den verschiedenen Pensionssystemen weltweit enthält außerdem eine Projektion für den Altersquotienten. Dieser dürfte in zahlreichen Regionen die Alarmglocken läuten lassen, davon ist David Knox, Verfasser der Studie und Senior Partner bei Mercer, überzeugt. Das gilt zum Beispiel für Japan, wo das Verhältnis zwischen Rentnern und Menschen im erwerbsfähigen Alter im Jahr 2040 voraussichtlich bei 1:1,44 liegen werde. Mit einem Indexwert von 43,2 Punkten landet das asiatische Land auf dem vorletzten Platz und damit hinter Ländern wie Südkorea, China oder Indien. Nur Argentinien steht schlechter da.
Doch sehr viel besser steht auch Deutschland in puncto Altersquotient nicht da. Die Prognose lautet: 2040 könnten auf einen Rentner weniger als zwei Menschen im erwerbsfähigen Alter kommen. Laut Knox sind diese Indikatoren zwar nicht vollständig zuverlässig, geben aber Hinweise auf die Entwicklung, die sich auf die Nachhaltigkeit und das Vertrauen der Menschen in die künftigen Rentenleistungen auswirken. Ein interessantes Beispiel sei in diesem Zusammenhang Indonesien. Das Land liegt mit 48,3 Punkten knapp hinter Italien auf dem 21. Platz. „Der relativ geringe Altersquotient wird in Indonesien durch eine vergleichsweise hohe Zahl älterer Erwerbstätiger und eine deutliche Anhebung des Renteneintrittsalter kompensiert“, erklärt Knox. Auch wenn er keine Glaskugel hat,  um die Welt in 40 Jahren exakt vorhersagen zu können, stehe außer Zweifel, dass die Menschen nach dem Renteneintritt immer länger leben. Allein in den vergangenen 40 Jahren ist laut Mercer die Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt in den meisten Ländern um sieben bis 14 Jahre gestiegen. Wenn sich am tatsächlichen und gesetzlichen Renteneintrittsalter nichts ändert, steige der Druck auf die globalen Rentensysteme, und dies verringere die finanzielle Absicherung der älteren Mitbürger. „Es ist ein dringendes politisches Gebot, dass alle Länder – ganz gleich, wie groß sie sind und wie sie derzeit eingestuft werden – die erforderlichen Änderungen umsetzen, damit sie den durch die weltweite Alterung der Bevölkerung entstehenden Herausforderungen standhalten können“, mahnt Knox.
Der Melbourne Mercer Global Pension Index untersucht und bewertet die Altersvorsorge verschiedener Länder hinsichtlich ihrer Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität. Neben den staatlichen Rentensystemen werden auch die betriebliche Altersvorsorge und private Vorsorge berücksichtigt. In diesem Jahr wurden 27 Länder unter die Lupe genommen und ein besonderes Augenmerk auf die rasche Alterung der Bevölkerung und deren Auswirkung auf die Rentensysteme gelegt.
Die vollständige Studie finden Siehier.
portfolio institutionell newsflash 24.10.2016/Kerstin Bendix

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