Der Zeit voraus
Australier sind Pioniere, wenn es um Infrastrukturinvestments geht. Bereits vor 20 Jahren taten sich 30 Pensionsfonds zusammen, um ihre Kräfte in einer Co-Investment-Plattform zu bündeln. Doch Vorsicht: Co-Investments sind nicht immer der Heilsbringer.
In Deutschland war es gerade 14 Uhr, als in Down Under bereits auf das neue Jahr 2016 angestoßen wurde. Aufgrund seiner geografischen Lage ist Australien dem alten Kontinent zwischen sieben und elf Stunden voraus. Ist das die Erklärung, warum australische Pensionsfonds ihren europäischen Pendants ein ganzes Stück voraus sind, zumindest in Sachen Infrastrukturinvestments? Bereits seit den frühen 90er Jahren, als der australische Staat begann, Teile der Infrastruktur zu privatisieren, investieren sie gezielt in dieses Segment. Inzwischen machen Infrastrukturinvestments in der Asset Allocation von Australiens Großanlegern im Schnitt 7,8 Prozent aus, wie der Datenbank von Preqin zu entnehmen ist. Bei den Pionieren auf diesem Gebiet ist die Quote zumeist noch ein Stück höher. Ein Beispiel ist der Pensionsfonds „Australian Super“ mit einer Infrastrukturquote von 10,5 Prozent. Die Zielallokation von elf Prozent ist fast erreicht.
Anders als Australian Super zählt der größte institutionelle Anleger in Down Under, der Future Fund, nicht zu den „early movern“ in Infrastrukturinvestments. Das mag auf den ersten Blick verwundern, hat aber einen einfachen Grund. In den 90er Jahren gab es den Future Fund noch nicht; er wurde erst 2006 ins Leben gerufen und verfügt inzwischen trotz seines noch jugendlichen Alters über ein Vermögen von fast 85 Milliarden US-Dollar. Pünktlich zu seinem zehnten Geburtstag, der im Mai dieses Jahres gefeiert wird, hat der Staatsfond seinem Investmentteam eine neue Struktur verpasst. Seit 2015 gibt es nicht mehr nur einen Chief Investment Officer (CIO), sondern eine Doppelspitze. Raphael Arndt kümmert sich um die Führung des Investmentteams in puncto Research, Due Diligence sowie Auswahl und Überwachung von Prozessen bei Assets und Investmentmanagern, während Stephan Gilmore das Management und Monitoring des gesamten Portfoliorisikos verantwortet und sich auf das Portfoliodesign und Marktumfeld fokussiert.
Einer der wesentlichen Grundsätze, auf dem Investmententscheidungen beim Future Fund basieren, lautet: „Das Portfolio wird am effizientesten als Ganzes gemanagt und nicht als Sammlung von individuellen Sub-Portfolios.“ Daran hat sich auch durch die neue Struktur im Team nichts geändert, wie die CIO-Doppelspitze im Interview mit dem Online-Magazin „top1000funds.com“ erklärte. „Die neue Struktur reflektiert nur die Tatsache, dass die Jobs komplizierter geworden sind“, so Gilmore. Früher habe der Fokus auf CVAR oder Extremverlusten gelegen. „Heute schauen wir auf das Markt-Exposure, Liquidität sowie verfeinerte Metriken und Faktor-Exposures“, fügt er hinzu. Auch Arndt weiß, dass sich die Welt weiterentwickelt hat: „Die Assets sind teuer. Es gibt heutzutage viel mehr Wettbewerb um Assets.“ Das 50 Leute umfassende Investmentteam des Future Fund versucht, flexibel zu agieren, Ideen schnell zu implementieren und den Einfluss eines negativen Umfelds auf das Portfolio so gering wie möglich zu halten. Bislang hat das gut funktioniert: Im vergangenen Geschäftsjahr, das Ende Juni 2015 endete, erzielte der Future Fund eine Rendite von 15,4 Prozent. Seit der Gründung sind es acht Prozent.
Der Future Fund ist in der australischen Investorengemeinde bekannt für seine Beziehungen zu Fondsmanagern. „Wir nutzen Manager, weil wir glauben, dass es besser ist, unsere Zeit für die Asset Allocation zu verwenden als auf das Managen von Assets“, kommentiert Arndt. Diese Denke dürfte jedoch nicht zuletzt auch dem Umstand geschuldet sein, dass er ohnehin nicht anders kann. Dem Future Funds ist es rein rechtlich nicht erlaubt, Gelder direkt zu investieren. Allerdings werden in zunehmendem Maße Investments an der Seite von Partnern durchgeführt. „Wir tätigen ziemlich viele Co-Investments“, so Arndt. Inzwischen verfüge man über rund ein Dutzend Co-Investments im Bereich Private Equity und im Debt-Portfolio. Was zu dieser Entscheidung geführt hat, verriet der Co-CIO des Staatsfonds nicht. Es steht zu vermuten, dass die geringeren Gebühren im Vergleich zu klassischen Fondsinvestments und die damit verbundene Hoffnung auf eine bessere Rendite die Triebfeder dahinter waren. Doch diese Hoffnung könnte sich als eine falsche entpuppen.
Je heißer, desto schlechter
Entgegen der landläufigen Meinung schneiden Co-Investments an der Seite von Fondsmanagern nicht besser ab als Private-Equity-Fonds. Im Gegenteil, wie Lily Fang, Victoria Ivashine und Josh Lerner in ihrem Research Paper „The disintermediation of financial markets: direct investing in private equity” feststellten. Grundlage der Analyse waren Private-Equity-Programme von sieben großen institutionellen Investoren. Diese beinhalteten insgesamt 391 direkte Investments mit einem Volumen von mehr als 22 Milliarden US-Dollar über einen Zeitraum von 1991 bis 2011. Um wessen Programme es sich konkret handelt, verrieten die Studienautoren nicht, da sich die Investoren Anonymität erbaten. Nichtsdestotrotz ist das Ergebnis der Untersuchung spektakulär. Trotz günstigerer Gebühren lieferten Co-Investments eine schlechtere Performance als entsprechende Fonds. In Bezug auf die IRR lag die Underperformance pro Jahr zwischen fünf und acht Prozent. Die schwache Leistung der Co-Investments korreliert den Studienautoren zufolge stark mit der „hotness“ des Private-Equity-Marktes, die an den insgesamt getätigten Commitments gemessen wurde. Außerdem sei die Performance der Co-Investments über die Zeit verfallen. In den 2000ern war diese deutlich schlechter als in den 90er Jahren.
Mit der Überhitzung des Marktes als alleinige Erklärung für das schlechte Abschneiden von Co-Investments wollten sich Fang, Ivashina und Lerner nicht zufriedengeben und analysierten nochmals 73 Co-Investments, für die sie die Performance-Zahlen eines oder mehrerer verbundener Fonds hatten, die in dieselben Deals investiert waren. Dabei zeigte sich, dass die Deals bei Co-Investments deutlich größer ausfielen als bei den Fonds, und zwar im Median dreimal so groß. „Limited Partners werden zu Co-Investments eingeladen, wenn der General Partner Extrakapital benötigt“, merken die Studienautoren an. Und weil die Performance der 73 Co-Investments mit mehr als acht Prozent deutlich schlechter war als die des gesamten Fondsuniversums, schlossen Fang und ihre Kollegen daraus: „Co-Investments sind von schlechterer Qualität.“ Mit Solotransaktionen wären die Anleger deutlich besser gefahren. Wie aus dem Research Paper hervorgeht, haben die von Investoren allein durchgeführten Private-Equity-Deals sowohl besser als Co-Investments als auch besser als Fonds abgeschnitten. Aber Achtung: Das gilt nur, wenn die Limited Partner über entsprechende Skills verfügen und ihren „Informationsvorsprung ausschöpfen“. Kleinen Investoren raten Fang und ihre Kollegen hingegen davon ab, direkt in Private Equity zu investieren. Ihnen fehlen die Ressourcen der Großen. „Das könnte ihnen noch schlechtere Ergebnisse einbringen.“
Ein noch recht unerforschtes Gebiet
Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnten investorengeführte Co-Investments sein. Ob diese tatsächlich erfolgversprechender sind als Co-Investments mit Fondsmanagern, lässt sich jedoch bislang schwer sagen. Dieses Gebiet ist noch recht unerforscht. Erste Lichtstrahlen in dieses Dunkel versuchen Wissenschaftler der Stanford University mit ihrem 2015 veröffentlichten Paper „Capitalising on institutional Co-Investment Platforms“ zu bringen. Anhand verschiedener Case Studies im Bereich Infrastruktur wurden Vorteile und Schwierigkeiten bei investorengeführten Co-Investmentvehikeln untersucht. Ein abschließendes Fazit trauen sich die Stanford-Wissenschaftler nicht zu ziehen. Dafür befinde sich diese Form des Investierens noch in einem zu frühen Stadium. Eine wichtige Lektion habe man jedoch bereits lernen können: Um erfolgreich zu sein, brauchen investorengeführte Co-Investmentvehikel von Anfang an eine klare Governance-Struktur, inklusive starker Führung und ohne externe Berater, die womöglich die unterliegenden Treiber der Initiative nicht verstehen. Das habe sich auch bei dem Pionier auf diesem Gebiet gezeigt. Das Industry Funds Management (IFM) wurde vor 20 Jahren von 30 australischen Pensionsfonds gegründet, damit diese ihr Kapital für Infrastrukturinvestments bündeln konnten.
Ursprünglich agierte IFM als Fund-of-Funds, der in andere Infrastrukturfonds investierte. Nachdem mit den Jahren eigene Expertise und Marktverständnis entstand, wurden die Fondsmanager nicht mehr benötigt. Seither wird direkt angelegt. Ende September 2015 hatte IFM 21 Milliarden US-Dollar in Infrastruktur investiert. Diese Gelder stammen nicht mehr nur von den 30 Gründungsinvestoren, die nach wie vor Eigentümer von IFM sind, sondern von Investoren weltweit, für die IFM als Fondsmanager aktiv ist. Mehr als 170 institutionelle Anleger nennt IFM auf seiner Webseite; diese haben neben Infrastruktur inzwischen auch die Asset-Klassen „Private Capital“, „listed Equities“ und „Debt Investments“ im Repertoire. Eines hat sich seit der Gründung vor 20 Jahren aber nicht verändert, wie die Stanford-Wissenschaftler in ihrem Paper anmerken: Die Gebührenstruktur war ursprünglich von institutionellen Investoren getrieben und ist auch heute noch signifikant niedriger als bei klassischen Private-Equity-Fonds. Sie liegt zwischen 50 und 60 Basispunkten. Dies hat IFM mit anderen Co-Investmentvehikeln gemeinsam, die von den Stanford-Wissenschaftlern untersucht wurden. Auch die britische Infrastrukturplattform „PIP“ (siehe hierzu die Dezember-Ausgabe 2015) und die beiden kanadischen Co-Investmentvehikel „GSAI“ und „CPPIB Co-Sponsor-Modell“ punkten bei ihren Anlegern mit attraktiven Fee-Strukturen. Mit einem Track Record von 20 Jahren können sie jedoch nicht aufwarten. IFM ist den anderen einige Zeit voraus.
Von Kerstin Bendix
portfolio institutionell, Ausgabe 1/2016
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