Der Stiftungszweck ist oberstes Gebot
Dieter Lehmann, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Volkswagen-Stiftung, erörtert im Gespräch mit Kerstin Bendix die Facetten des Impact Investing.
Das Thema Mission Investing beziehungsweise Impact Investing gewinnt sukzessive in der deutschen Stiftungslandschaft an Bedeutung. Haben Sie sich mit dem Thema bereits befasst?
Wir haben uns mit diesem Thema natürlich schon sehr intensiv auseinandergesetzt. Man muss sich zunächst erst einmal klarmachen, was damit überhaupt gemeint ist – gerade als Stiftung. Impact Investing und Mission Investing werden gerne in einen Topf geworfen, es sind von der Herkunft her aber zwei unterschiedliche Themen. Impact Investing heißt, mit seiner Vermögensanlage einen bestimmten Einfluss zum Beispiel auf Unternehmen, bestimmte Vorgänge oder auf die Gesellschaft auszuüben. Mission Investing ist hingegen stark aus dem Stiftungsbereich heraus getrieben und meint Investitionen im Sinne des jeweiligen Stiftungszwecks. Das kann natürlich auch Elemente des Impact Investings in sich tragen, weil man damit im gesellschaftlichen Sinne gewisse Wirkungen auslösen kann.
Wenn man diesen Gedanken fortführt, muss man aber Folgendes bedenken: Eine Stiftung ist in erster Linie ihrem Stiftungszweck verpflichtet, den sich der Stifter aus guten Gründen überlegt hat, als er die Stiftung gegründet hat. Der in der Satzung verankerte Stiftungszweck bleibt oberstes Gebot. Wenn man Mission Investing betreiben möchte, darf dabei die Verwirklichung des eigentlichen Stiftungszwecks nicht behindert werden. Es darf auch nicht passieren, dass der Stiftungszweck auf diesem Weg einfach angepasst oder verändert wird. Wenn sich beides jedoch miteinander verbinden lässt, ist Mission Investing eine wunderbare Idee.
Das ist für Ihre Stiftung schwierig, oder?
Unser Stiftungszweck ist die Förderung von Wissenschaft und Technik in Forschung und Lehre. Es ist nicht einfach, hierfür passende Mission Investments zu finden und gleichzeitig unseren Auftrag, das Stiftungsvermögen möglichst ertragreich anzulegen, erfolgreich umzusetzen. Was wir stattdessen machen: Wir richten unsere Vermögensanlage nachhaltig aus. Wir bilden zum Beispiel unseren hausinternen Aktienbestand auf der Grundlage eines Nachhaltigkeitsindex und sind in vielen Anlagen, die wir ethisch, moralisch und ökologisch für problematisch halten, nicht investiert. Damit übt man indirekt auch einen gewissen Einfluss auf die Umwelt und Gesellschaft aus oder setzt zumindest ein Zeichen in diese Richtung. Somit bewegen wir uns eher in der Sphäre des Impact Investings. Wir versuchen, die Möglichkeiten, die zu uns und zu unserer Vermögensanlage passen, zu nutzen.
Wir üben aber beispielsweise keine Stimmrechte aus, um über diesen Weg Einfluss auf die entsprechenden Unternehmen zu nehmen. Das tun einige Stiftungen, das weiß ich. Aber als Stiftung muss man aufpassen, nicht in eine unternehmerische Einflussnahme hineinzugeraten, was eine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Das kann dazu führen, dass die Stiftung Probleme mit ihrem Status der Gemeinnützigkeit bekommt.
Wie stehen Sie zu Mikrofinanzierungen, die oftmals in einem Atemzug mit Mission oder Impact Investing genannt werden? Sind Sie hier aktiv?
Ich habe mich auch mit diesem Thema bereits beschäftigt. Die Idee dahinter finde ich gut, dennoch tätigen wir keine Mikrofinanzierungen.
Warum, wenn Sie die Idee doch gut finden?
Genau das ist das Problem. Es ist eine gute Idee, die viele Investoren anlockt. Das durchschnittliche Anlagevolumen ist so stark angewachsen, dass es sich nicht mehr so einfach und schnell in der Form und Größenordnung klassischer Mikrokredite platzieren lässt. In der Folge ist das durchschnittlich gewährte Kreditvolumen in diesem Bereich in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dadurch hat man sich von der Ursprungsidee entfernt. Ein weiterer Punkt ist, dass insbesondere die Probleme in Indien, wo Mikrokredite mit Lebensversicherungen verknüpft wurden, schwere Schatten hinterlassen haben. Mit so etwas wollen wir nicht in Verbindung gebracht werden, auch wenn das nur punktuell Indien und nicht die Mikrofinanzierung insgesamt betrifft.
Des Weiteren muss man bedenken, dass der asiatische Markt inzwischen relativ ausgetrocknet ist. Vor allem chinesische Geschäftsbanken haben die dort ansässigen Mikrofinanzinstitute übernommen. Das ist ihnen insbesondere deshalb gelungen, weil sie Kredite in Lokalwährung anboten, was für die Menschen dort einfacher zurückzuzahlen ist als Dollar-Kredite, die bis dahin vor allem begeben wurden. Und weil Afrika in dem Bereich noch immer ein weißer Fleck auf der Landkarte ist, bleiben als Regionen für Mikrokredite derzeit nur Süd- und Mittelamerika sowie die Kaukasusregion übrig. Das bedeutet, dass die Platzierung des Geldes noch schwieriger geworden ist. Zusammenfassend sind Mikrofinanzinvestments für uns also leider zunehmend uninteressant geworden.
Stiftungen sind zum realen Kapitalerhalt verpflichtet. Das ist ebenfalls ein Aspekt, den es bei Mission und Impact Investing zu bedenken gilt, oder?
Die Erfüllung des Stiftungszwecks und die reale Kapitalerhaltung stehen an oberster Stelle in der Vermögensanlage. Das muss Mission und Impact Investing allerdings nicht ausschließen.
portfolio institutionell, Ausgabe 8/2015
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