Der Elefant im Raum der Klimaschutzdebatte
Wind- und Photovoltaikanlagen sind sauberer als Kohle- und Atomenergie. Die sauberste Energie aber ist die Energie, welche nicht verbraucht wird. Investitionen in Energieeffizienz haben ein riesiges Zukunftspotenzial – wenn gewisse Probleme gelöst werden können.
Heterogenität der Projekte
Trotz dieses großen Potenzials sind Investitionen in einem Maßstab, wie es institutionelle Investoren sich wünschen, bisher noch recht schwierig umzusetzen. Denn bei den finanzierten Projekten handelt es sich oft um stark granulare, an die jeweilige Infrastruktur angepasste Prozesse. Das macht Aggregation schwierig und erhöht die Kosten. Das Zauberwort ist hier Standardisierung, welche durch verschiedene Projekte vorangetrieben wird. Durch einheitliche Standards lassen sich viele kleine Projekte bündeln, Risiken bleiben so mess- und kontrollierbar, so die Hoffnung.
Die von der EU und den UN ins Leben gerufene Energy Efficiency Financial Institutions Group (EEFIG) unterstützt diese Bemühungen und hat ein „historisches Niveau der öffentlich-privaten Zusammenarbeit“ gefordert, um die Finanzierungslücke für Energiesparprojekte zu schließen. Wichtiges Element ist dabei der Aufbau der De-risking Energy Efficiency Platform (Deep), welche eine solide Datenbasis und Transparenz bei der Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen schaffen will. Dies wird ergänzt durch die Smart Finance for Smart Buildings Initiative der Europäischen Investitionsbank EIB, welche bis 2020 über Garantien zusätzliche öffentliche und private Investitionen im Umfang von zehn Milliarden Euro mobilisieren will. Das von der EU finanzierte „Investor Confidence Project“ folge dem Ansatz der Zertifizierung, so Frédéric Brodach von Serimus: „Bisher haben wir die Situation, dass die Projektentwickler sagen, ich mache Druckluft im Industriesektor, das kann man nicht vergleichen mit Druckluft im Gebäudesektor. Das mag prinzipiell stimmen, aber wir müssen zu dem Punkt kommen, dass wir die heterogensten Projekte auf einem höheren Abstraktionsniveau anhand standardisiert erhobener Kennzahlen vergleichen, bewerten und gegebenenfalls bündeln können. Über unser Zertifikat Investor Ready Energy Efficiency ist dies möglich. Es schafft Vertrauen und senkt die Kosten für den Investor.“
Pioniere auf dem Vormarsch
Um institutionelle Investments zu ermöglichen, musste auf Asset-Management-Seite viel Pionierarbeit geleistet werden. Die Susi Partners AG mit Sitz in der Schweiz war ein solcher Vorreiter und hat 2014 den ersten Fonds für Energieeffizienz aufgelegt. Kein einfaches Unterfangen, wie Alexander Hunzinger beschreibt. „Als wir 2014 gestartet sind, haben wir mit zehn bis 15 größeren Finanzierungen über zehn bis 20 Millionen Euro gerechnet. Tatsächlich stellte es sich als schwierig heraus, Projekte in entsprechendem Umfang zu realisieren. Der Durchbruch gelang mit dem Abschluss von Rahmenabkommen mit Energiedienstleistern, um eine Standardisierung der Projekte zu ermöglichen. Wir sind nun in der Lage, relativ schnell zu prüfen, ob eine Finanzierung unseren Kriterien entspricht. Zudem sind inzwischen knapp die Hälfte unserer Projekte Follow-up-Projekte. Das erleichtert das Vorgehen.“ Für den ersten Fonds hat Susi inzwischen 230 Millionen Euro in 44 Projekte mit über 750 Einzelmaßnahmen investiert.
Nun folgt ein zweiter Fonds über 300 Millionen Euro, rund fünf Prozent Rendite werden dabei anvisiert. Für das gesamte Portfolio wird nach Aussage von Alexander Hunzinger Investment Grade angestrebt. „Wir erreichen dies durch eine sorgfältige Auswahl unserer Projektpartner und eine starkes Alignment der Interessen mit dem Energiedienstleister. So behält in der Regel unser Projektpartner zehn bis 30 Prozent der Forderungen an den Endkunden und verpflichtet sich zudem, einen Teil der ersten Verluste zu tragen. Wir hatten so bisher keine Ausfälle zu verkraften.“ Zu den Kerninvestoren zählt Susi kleine bis mittelgroße deutsche Pensionskassen.
Auch die britische Fondsgesellschaft SDCL hat einen Fonds aufgelegt, der seit Dezember 2018 an der Londoner Börse gelistet ist und anvisierte 150 Millionen Pfund einbringen soll. Der SDCL Energy Efficiency Income Trust (SEEIT) hat bereits ein Portfolio von Projekten in Großbritannien, Irland und Singapur im Visier, welches von der Bürobeleuchtung der Bank Santander bis zur Erneuerung von Heiz- und Kühlenergiesystemen in einem Krankenhaus reicht. In Private Equity lässt sich beispielsweise über den Spanisch-Britischen Asset Manager SI Capital investieren. Deren Portfolio umfasst neben Unternehmen, die Energieeffizienzmaßnahmen durchführen, auch Unternehmen im Bereich Erneuerbare Energien.
Auch Hypothekenbanken engagieren sich – ganz überwiegend im Neubau – im Bereich Energieeffizienz. Die Münchner Hypothekenbank eG hat kürzlich einen ESG-Pfandbrief aufgelegt. Die Deckungsmasse über 500 Millionen Euro mit einem Kupon von 0,25 Prozent stammt aus grünen Darlehen, welche die Bank seit November 2015 zu einem um 0,03 Prozent verminderten Zinssatz vergibt. Anforderung für die Gewährung eines grünen Darlehens für Retail-Kunden ist ein maximal 70 kWh/m² jährlicher Energieverbrauch. Gewerbeimmobilien können auch beliehen werden, sofern über Nachhaltigkeitszertifikate sehr gute Qualität belegt werden kann. Prinzipiell können darüber zwar auch Sanierungen finanziert werden, de facto werden jedoch vor allem energieeffiziente Neubauten refinanziert. „Wir fördern damit gezielt die effizientesten zehn Prozent des deutschen Wohnungs- und Häusermarktes. Die Nachfrage nach diesem Pfandbrief war groß, auch international. Wir haben über 500 Millionen Euro zusätzliches Potenzial“, sagt Claudia Bärdges-Koch, Head of Debt Investor Relations and Client Acquisition bei der Münchner Hypothekenbank. „Unsere Investoren fanden unsere granulare Deckungsmasse aus über 1.600 Einzeldarlehen überzeugend und auch, dass wir als genossenschaftliches Unternehmen auch als Emittent nachhaltige Standards erfüllen.“
PKA mit eigenem Fonds
Einen ganz anderen Weg als Investor geht der dänische Pensionsfonds PKA. Dieser hat kurzerhand einen eigenen Fonds ins Leben gerufen, der von Sustainsolutions verwaltet wird. Der mit 300 Millionen DKK (rund 40 Millionen Euro) ausgestattete Fonds finanziert Maßnahmen in den Bereichen Belüftung, Wärme, Beleuchtung und Solarzellen. Die nötige Expertise dafür aufzubauen, war gleichwohl mit erheblichen Anstrengungen verbunden, so Jesper Hem, CFO bei Sustainsolutions. Sustainsolutions tat sich anfangs schwer, aus sehr kleinteiligen Projekten eine kritische Masse zu bilden: „Wir haben zweieinhalb Jahre gebraucht, um eine Deal-Pipeline aufzubauen und zu testen, welche Kunden und Produkte am interessantesten sind und einen zufriedenstellenden Ertrag abwerfen. In den letzten zwölf Monaten konnten wir eine deutliche Steigerung bei gesourcten und ausgeführten Deals verzeichnen.“ Das bisherige Fazit fällt insgesamt – trotz der Anstrengungen – positiv aus: „Das Sustainsolutions-Modell funktioniert und es gibt viel Potenzial, Energie zu sparen und CO₂ im Gebäudebestand zu reduzieren.“
Investitionen in Energieeffizienz haben also großes Potenzial – auch wenn es derzeit noch viel Aufwand und Kosten bedeutet, dieses zu heben. Aber um die Klimaziele zu erreichen, wird es nicht ohne größere Anstrengungen in diesem Bereich gehen. Auf diesem Weg werden sich einige Möglichkeiten auftun. Die Unterlassung von Energieeffizienzmaßnahmen hingegen könnte teuer werden – für das Klima wie auch für die Eigentümer. So schätzt die internationale Organisation für erneuerbare Energien Irena, dass bei Untätigkeit allein in Deutschland Gebäude im Wert von 1,3 Billionen Dollar zu gestrandeten Vermögenswerten werden könnten. Ein Anreiz, sich in den kommenden Jahren mit diesem Thema zu beschäftigen.
Autoren: Tim BüttnerSchlagworte: Erneuerbare Energien / Renewables | Klimawandel | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren | Politik/Regulierung
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