Strategien
14. Februar 2019

Der Elefant im Raum der Klimaschutzdebatte

Wind- und Photovoltaikanlagen sind sauberer als Kohle- und Atomenergie. Die sauberste Energie aber ist die Energie, welche nicht verbraucht wird. Investitionen in Energieeffizienz haben ein riesiges Zukunftspotenzial – wenn gewisse Probleme gelöst werden können.

Energieeffizienzmaßnahmen sind wichtiger Teil der globalen Bemühungen zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Doch ­während viele Investoren inzwischen die Erzeugung von Erneuerbaren ­Energien weit oben auf der Agenda haben und wegen der Schwankungen der Renewables das Thema Energiespeicherung ­zunehmend Beachtung findet, fristen Investments in ­Energieeffizienz ein relatives Nischendasein. „Energieeffizienz ist der Elefant im Raum der Klimaschutzdebatte“, sagt Frédéric Brodach, Teil der Initiative ­Investor Confidence Project und mit seinem ­Unternehmen Serimus S. A. beratend für institutionelle Investoren tätig. „Hier liegt ein ­riesiges Einspar- und Investitionspotenzial.“

Aus diesem Grund drängt die EU-Kommission seit einigen Jahren auf einen deutlichen Ausbau der privaten Finanzierung von Energie­effizienzmaßnahmen im Rahmen ihrer Klimaschutzbemühungen. Denn 40 Prozent des EU-Primärenergiebedarfs entfällt auf den ­Gebäudesektor, 75 Prozent der Gebäude sind ineffizient – ein gigantisches ­Einsparpotenzial. Die EU hat kürzlich ihre Energieeffizienz­ziele heraufgesetzt. Um diese einzuhalten, will sie in großem Maße privates Kapital an den Bemühungen beteiligen. Die Internationale Energieagentur IEA schätzt, dass zum Erreichen der Klimaziele die Investitionen in Energieeffizienz bis 2035 global auf 550 Milliarden Euro jährlich steigen müssen. Von diesen Investitionen wird ein Großteil in Gebäuden und Verkehrsinfrastruktur anfallen.

Die Finanzmittel dienen dazu, bestehende Infrastruktur und ­Gebäude zu modernisieren und so deren Energieverbrauch und kosten zu ­senken. Die Anwendungsmöglichkeiten sind dabei vielfältig und ­reichen von energetischer Sanierung in Gebäuden, der Erneuerung industrieller Querschnittstechnologien wie Boiler und Druckluft, Wärme- und Kühlsysteme bin hin zur öffentlichen Beleuchtung. Die Sanierung und Erneuerung nach modernen Standards und unter ­Nutzung des technologischen Fortschritts kann zu ­deutlichen ­Einsparungen führen. Alexander Hunzinger, Managing Director bei Susi Partners, spricht beispielsweise beim Austausch der Straßen­beleuchtung mit moderner LED-Technologie von Kosteneinsparungen von bis zu 80 Prozent. „Zu betonen ist, dass der deutlich reduzierte Energieverbrauch der LEDs nur einen Teil der Kostenreduktion ausmacht. Weitere Einsparungen können über die intelligente Steuerung der LED-Leuchtmittel sowie geringere Betriebs- und Wartungskosten erzielt werden.“

Geschäftsmodell Energieeffizienz

Oft angewandt werden dabei sogenannte Energiecontracting-Modelle, welche zwischen einem Energie-Abnehmer – beispielsweise einer ­Kommune und einem mittelständischen Betrieb – und einem Energie­dienstleistungsunternehmen geschlossen werden. Dabei liegt die ­Planung, Ausführung und Finanzierung der Energieeffizienz­maßnahmen beim Energiedienstleister mit der nötigen technischen E­xpertise. Das am häufigsten genutzte Modell ist dabei das ­Energie­liefer-Contracting, bei dem der Energiedienstleister zu vorab ­vereinbarten Preiskonditionen Energie liefert und darüber eine Kompen­sation erhält. Eine Alternative ist das Energiespar-­Contracting, bei welchem Zielwerte für die Energiekosteneinsparung vereinbart werden. Die Maßnahmen finanzieren sich aus Endkundensicht durch die ­verminderten Energiekosten quasi von selbst. Die Deutsche ­Energie-Agentur Dena schätzt für Deutschland, dass das ­Marktvolumen für Energiecontracting von 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf voraussichtlich 6,4 Milliarden Euro im Jahre 2020 ansteigen wird.

Doch was ist das Geschäftsmodell aus Investorensicht? Wichtigster Aspekt ist, dass Energiedienstleister das getätigte Upfront-Investment an Kapitalanleger weiterreichen können – und letztere so an den teils erheblichen Energieeinsparungen partizipieren. Dadurch entsteht ­eine für alle Beteiligten günstige Situation: Das ausführende Energiedienstleistungsunternehmen kann die teils erheblichen Projekt­kosten von der Bilanz nehmen und ­bekommt Zugang zu frischem Kapital. Der Investor profitiert von der technischen Expertise des Energiedienstleisters und gibt das technische Risiko ab. Dies nutzen in den vergangenen Jahren verschiedene Asset ­Manager wie Susi Partners, ­SDCL und BluePath Finance, die Projekte in ganz Europa finanzieren. Das Spektrum der finanzierten ­Projekte reicht dabei von zwei bis 20 Millionen Euro und über Laufzeiten von zwei bis zehn ­Jahren.

Neben der Partizipation an verringerten Energiekosten gibt es weitere, weniger offensichtliche finanzielle Anreize für Energie­effizienz, die über andere ­Finanzierungsmodelle genutzt werden können. So liegt laut ­einer amerikanischen Studie der Wert von mit einem grünen Zertikat ausgestatteten, ­energieeffizienten Gebäuden um neun Prozent höher als der von vergleichbaren, nicht-energieeffizienten Gebäuden, europäische Studien kommen zu ähnlichem Ergebnis.

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