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1. März 2023

Der Bausektor ist quasi zum Erliegen gekommen

Immobilienverband ZIA berichtet von einer ungewöhnlich angespannten Lage am Bau. Immobilienanlagen werden für Banken weniger attraktiv. LBBW prognostiziert Preisrutsch bei Büros.

Die Probleme am Bau reißen nicht ab. Wie der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) anlässlich seines „Finance Days“ am Dienstag (28. Februar) berichtete, sei die Lage beim Bauen „angespannt wie seit langem nicht. Finanzierungsfragen stehen unter völlig veränderten Vorzeichen. Unsicherheit bestimmt vielerorts die Stimmung“, so der Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft.

Jochen Schenk, Vizepräsident des ZIA, betonte nach Verbandsangaben in der Eingangsrede der Veranstaltung, dass der Bausektor in den letzten Monaten quasi zum Erliegen gekommen sei, die Baufinanzierung ebenfalls. Ende des Jahres 2022 seien die Neuanträge für Baufinanzierungen um 43 Prozent gegenüber 2021 gesunken. „Das ist ein Negativrekord, den es bisher in dieser Form nicht gegeben hat“, sagte Schenk, der im Hauptberuf als Vorstandschef die Geschäfte des Fonds- und Asset Managers Realis leitet.

Als Hauptproblem nannte der seit mehr als 30 Jahren im Banken-, Finanzierungs- und Immobiliengeschäft tätige Schenk den steilen Anstieg der Zinsen. Aber das sei nicht der alleinige Auslöser für diesen Rückgang. „Kapital allokiert sich dort, wo es den höchsten effizienten Ertrag bringt. Jetzt schnappt die Falle der spürbar erhöhten Kapitalanforderungen an Institutionelle für Immobilieninvestments zu.“

Banken müssen mehr Eigenkapital vorhalten

Auf Nachfrage unserer Redaktion, was er mit diesem Statement ganz konkret meint, beleuchtet Schenk den Sachverhalt im Detail: Kreditinstitute seien als Anleger in Immobiliendirektinvestments und -fonds in den letzten Jahren mehr und mehr mit eigenem Geld aufgetreten. Ähnlich einem Kreditgeschäft oder einer Anlage in Festverzinsliche oder Aktien sind Immobilieninvestments aber regulatorisch und rein rechnerisch mit Eigenkapital zu unterlegen.

Das Problem: Banken müssen für die Anlagen in Immobilien 100 Prozent Eigenkapital vorhalten (zum Vergleich: null Prozent bei Staatsanleihen, zehn Prozent bei Pfandbriefen und 250 Prozent (!) bei Aktien. Und die Eigenkapitalanforderungen an die Banken bei Immobilien steigen sukzessive auf 150 Prozent, so Schenk, bei den „üblichen Landeszwischengesellschaften“ sind es 250 Prozent.

Diese Steigerung habe einerseits erhebliche Auswirkungen auf die Eigenkapitalrendite, indem sie diese schmälert. Andererseits gibt es wieder bemerkenswerte Renditen auf Bundesanleihen und Pfandbriefe. Folge: Es gibt einen für viele Anleger attraktiven Zins für Alternativen auf der Fixed-Income-Seite und gleichzeitig weniger Rendite auf Immobilieninvestments infolge allein der höheren regulatorischen Eigenkapitalanforderungen.

ZIA stehe „voll hinter dem Green Deal und ESG“

Schenk machte laut Verbandsangaben deutlich, dass der ZIA „voll hinter dem Green Deal und ESG steht“. Zugleich fordert der Verband mehr Zielgenauigkeit, „um beim Klimaschutz besser voranzukommen“. Seit Jahren zeige sich, dass ein „Mehr von allem“ nicht unbedingt maximale Wirkung zeige. Schenk: „Vereinfacht: Mehr Dämmung bringt nicht weniger CO2-Ausstoß, zumindest nicht überall und zu unverhältnismäßigen Kosten mit starken unerwünschten Nebenwirkungen.“

Mit Blick auf die Sustainable-Finance-Regulierung monierte Schenk, dass der Blick zu sehr auf den Status quo gelenkt werde und die Frage, welche Immobilie aktuell „dunkelgrün“ sei. „Das Kapital muss aber dahin gelenkt werden, wo das eigentliche Potenzial schlummert: in der Transformation des Bestands“, so Schenk. Daher sollten gebündelte „Manage to Green“-Ansätze stärker in Taxonomie, Offenlegungs-Verordnung sowie bei der Nachhaltigkeitsbewertung nach der Finanzmarktrichtlinie Mifid berücksichtigt werden.

Büropreise unter Druck

Auch die Aussichten am Markt für Büroimmobilien lassen aufhorchen: Nach Ansicht von Martin Güth, Immobilienmarkt-Analyst der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), muss die Branche in den Jahren 2022 bis 2024 mit einer erheblichen Preiskorrektur rechnen. Auslöser seien steigende Zinsen und die anhaltende Konjunkturschwäche, wie die LBBW Mitte Februar berichtete. Aber auch die Anforderungen an die Flächen würden sich mit dem Wandel hin zum ortsungebundenen Arbeiten ändern.

Die Möglichkeit, immer öfter auch ortsungebunden arbeiten zu können, wirke sich nicht nur auf die Flächennachfrage an sich aus, sondern auch auf die Art der Flächen: Die Nutzungsanforderungen an die Büroflächen seien gestiegen beziehungsweise veränderten sich: „Man möchte sie flexibler gestalten und damit schneller an die veränderten Gegebenheiten anpassen können“, sagt Güth. Weiterhin spiele die Energieeffizienz eines Gebäudes eine immer höhere Rolle für den Wert einer Immobilie.

Mehr Büroimmobilien stehen leer

Der gesamte Immobilienmarkt habe eine beeindruckende Boomphase hinter sich. Nun würden verschiedene Faktoren eine – zumindest teilweise – Korrektur andeuten. „Seit 2020 sehen wir wachsende Leerstandsquoten von Büroimmobilien in Deutschland“, sagt Güth.

Das hohe Bewertungsniveau komme unter Druck, während sich die fundamentalen Daten weiter verschlechtern würden. Güth erwartet einen nominalen Preisrückgang von knapp 20 Prozent bis zum mutmaßlichen Tiefpunkt im Jahr 2024. Er schätzt, dass ein Drittel dieses Preisrückgangs im vergangenen Jahr stattgefunden hat.

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