Asset Manager
11. November 2015

Deloitte sieht gigantisches Einsparpotenzial im Fondsvertrieb

Europäische Investmentfonds könnten ihre Vertriebskosten um bis zu 70 Prozent reduzieren. Wie das funktionieren soll, zeigt eine neue Deloitte-Studie.

Die europäische Fondsbranche ist mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. Einerseits sorgt das wachsende Angebot kostengünstiger und passiv gemanagter Anlagevehikel für Vertriebsdruck bei den Anbietern aktiver Fonds. Wettbewerb entsteht andererseits durch die zunehmende Sensibilisierung der Anleger, wenn es um die Gestaltung von Verwaltungsgebühren geht.
Laut einer Untersuchung der französischen Kaderschmiede Insead aus dem Jahr 2014 sind die Gebühren für aktiv verwaltete Fonds in der Europäischen Union zwischen 2002 und 2012 um sechs Basispunkte auf 1,48 Prozent gesunken. Bei passiven Fonds war der Rückgang der Managementgebühren um 44 Basispunkte auf im Schnitt 0,61 Prozent noch deutlich größer. Hinzu kommt, dass Investoren durch die Erfahrungen der Finanzkrise heute mehr Transparenz von der Anbieterseite fordern. Last but not least beeinflussen Regulierungsvorhaben wie Mifid II die Fondsbranche. 
Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte beschäftigt sich vor dem Hintergrund dieser komplexen Ausgangssituation in einer aktuellen Studie mit den Vertriebskosten von Investmentfonds. Die Studie „Europe’s fund expenses at a crossroad: The benefits of mutualizing the cost of distribution“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Fondsdistributor „Fundsquare“ ausgearbeitet. Sie basiert auf der Analyse von 400 Fonds mit Domizil in Luxemburg, Irland, Frankreich, Großbritannien, Deutschland beziehungsweise den Vereinigten Staaten. Die Studie analysiert die wichtigsten Kostentreiber und potenzielle Bereiche für Kostenreduktion und zieht Rückschlüsse für europäische Investmentfonds. Den Autoren zufolge verschenken die Fonds jährlich eine Milliarde Euro. 
Administrative Kosten senken 
Hans-Jürgen Walter, Partner und Leiter Financial Services Industry bei Deloitte, erörtert in einer der Studie vorangeschickten Pressemitteilung die aktuelle Situation, mit der die Fondsanbieter konfrontiert sind. „Die europäische Fondsbranche wächst weiter und wird 2015 erstmals die Zehn-Billionen-Euro-Marke knacken.“ Um von dieser Dynamik zu profitieren, sollten deutsche Gesellschaften nach seiner Einschätzung ihre administrativen Kosten weiter senken und zusätzliche Effizienzvorteile durch die Bündelung von Vertriebsaufgaben erschließen. 
Effizienzvorteile ergeben sich nach Auffassung Walters beispielsweise aus einer grenzüberschreitenden Bündelung von Vertriebsaufgaben. Optimieren ließen sich etwa sogenannte Know-your-Customer-Programme, Due-Diligence-Prüfungen sowie das Cashmanagement. Nach Berechnungen der Studienmacher von Deloitte könnte die Branche ihre aktuellen Kosten von rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr auf rund 376 Millionen Euro senken. Besonders deutsche Fonds könnten so ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken, heißt es seitens der Autoren der Untersuchung. 
Zusätzliches Einsparpotenzial sehen die Autoren der Studie auch in der Auftrags- und Fondsabwicklung. Möglich würden die Einsparungen durch einen Übergang von sogenannten Many-to-many-Abwicklungsmodellen hin zu zentralisierten Verfahren. Hier biete es sich an, eine Schnittstelle zwischen Vermittler und Anbieter für Know-your-Client- sowie Due-Diligence-Fragen zu schaffen. So ließen sich Prüfungen systematisieren und harmonisieren. Das führe zu mehr Effizienz. 
Deloitte-Partner Walter sieht in einer effizienteren Abwicklung den Schlüssel zum Erfolg: „Besserer Anlegerschutz, die älter werdende Bevölkerung und der Erfolg internationaler Fonds stellen die deutsche Fondsbranche vor große Aufgaben. Baut sie Vertriebswege um und führt Systeme und Verfahren zusammen, kann sie flexibler werden und veränderte Bedürfnisse besser adressieren.“ 
portfolio institutionell newsflash 11.11.2015/Tobias Bürger
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