Pension Management
16. März 2015
Dax-Konzerne: Pensionsverpflichtungen und Planvermögen erreichen neues Rekordhoch
Die Pensionsverpflichtungen der deutschen Blue Chips sind im vergangenen Jahr um etwa 23 Prozent auf 371 Milliarden Euro angeschwollen. Die Planvermögen konnte diesen Zuwachs trotz üppiger Renditen im Bereich festverzinslicher Wertpapier nicht auffangen. Das zeigt eine Hochrechnung von Mercer.
Die Zinsentwicklung hat die Bilanzen der größten deutschen börsennotierten Unternehmen im vergangenen Jahr kräftig aufgemischt. Wie das Beratungshaus Mercer in einer aktuellen Mitteilung vorrechnet, sind die Pensionsverpflichtungen der Dax-Unternehmen binnen zwölf Monaten um 70 Milliarden auf 371 Milliarden Euro angeschwollen. Das entspricht einem Plus von 23,2 Prozent. Schuld an dieser brisanten Entwicklung hat unter anderem der weiter rückläufige Rechnungszins. „Das Zinsniveau ist im Laufe des Jahres kontinuierlich und deutlich gesunken“, heißt es bei Mercer anhand einer Hochrechnung. In der Untersuchung wurden die Zahlen jener 19 Unternehmen berücksichtigt, die bis zum 13. März 2015 ihre Geschäftsbericht veröffentlicht haben. Sie repräsentieren über 80 Prozent der Pensionsverpflichtungen der Dax-Konzerne.
Anhand der sogenannten Mercer Yield Curce bestimmt das Beratungshaus den Rechnungszins nach dem internationalen Bilanzierungsstandard IAS 19. Der Zins lag zum 31. Dezember 2014 bei einer Duration von 15 Jahren bei nur noch 2,0 Prozent. Ein Jahr zuvor notierte er noch bei 3,7 Prozent. Weil die Unternehmen allerdings unterschiedliche Verfahren der Zinsermittlung anwenden, kann der genannte Zins nicht pauschal auf alle Unternehmen übertragen werden. Mercer geht davon aus, dass der effektive Rückgang bei den Dax-Firmen mit 1,4 Prozentpunkten etwas niedriger ausfällt. Und dennoch: Durch den Zinsrutsch hat sich bei den Unternehmen ein versicherungsmathematischer Verlust von etwa 61 Milliarden Euro aufgetürmt. Dadurch stiegen die Pensionsrückstellungen, während das Eigenkapital in gleicher Höhe geschmälert wurde.
Renten besser als Aktien
Der rückläufige Zins hat aber nicht nur negative Effekte auf die Firmen; hohen Rentenbeständen auf der Aktivseite der Bilanz sei Dank. Im vergangenen Jahr ist das Planvermögen der Dax-Unternehmen um 28 Milliarden auf 226 Milliarden Euro und damit auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Mercer beziffert die Rendite auf 10,7 Prozent. Sie konnte vor allem „dank der positiven Entwicklung der Rentenmärkte“ erreicht werden, heißt es. Durch den erneut starken Zinsrückgang in der Eurozone im Jahr 2014 seien die Anleihekurse um etwa elf Prozent gestiegen. Interessant: Im Durchschnitt ist mehr als die Hälfte des Planvermögens in festverzinsliche Wertpapiere investiert. Aktien machen in Mittel etwa ein Viertel der Planvermögen im Dax aus. Sie erwirtschafteten eine Rendite von fünf Prozent. Durch die Nutzung alternativer Asset-Klassen und durch aktives Management der Kapitalanlagen sei es den Unternehmen gelungen, die im Vergleich zu Anleihen geringere Rendite der Aktien noch auszugleichen.
Zweistellige Zuwächse mit Festverzinslichen guter Bonität (Investmentgrade) gehören der Vergangenheit an. Mercer rechnet hier für die nächsten Jahre mit einer Rendite von rund einem Prozent per annum. Daher sei ein Trend zur Reduktion der klassischen Rentenanlagen zu beobachten. Im Gegenzug stocken die Investoren bei alternativen Anlagen, Immobilien und Infrastruktur auf – und zwar in Form von Eigen- und auch Fremdfinanzierung. Auch „Private Debt“ spielt nach Einschätzung von Carl-Heinrich Kehr, Investmentexperte bei Mercer in Deutschland, eine größere Rolle. Der Grund: „Banken ziehen sich als Finanzierungsgeber für kleinere Unternehmen mehr und mehr zurück.“ Damit entsteht eine Opportunität für institutionelle Investoren mit langfristigem Anlagehorizont, ist Kehr überzeugt.
Neben der guten Performance haben auch die Dotierungen durch die Unternehmen zum Anstieg der Planvermögen beigetragen. Ein Beispiel: Daimler soll 2014 gut drei Milliarden Euro an Zuwendungen vorgenommen haben. Da allerdings der Anstieg der Pensionsverpflichtungen stärker ausfiel als der Zuwachs der Planvermögen, ist der vielbeachtete Deckungsgrad weiter abgeschmolzen: Das Verhältnis zwischen Planvermögen und Pensionsverpflichtungen schrumpfte binnen Jahresfrist von 65,7 auf etwa 61 Prozent. Mercer sieht in dieser Entwicklung aber noch keinen „akuten“ Handlungsbedarf. Zur Begründung weist Thomas Hagemann, Chefaktuar bei Mercer in Deutschland, darauf hin, dass der verringerte Dotierungsgrad im Wesentlichen aus dem rein rechnerischen Anstieg der Pensionsverpflichtungen resultiert – die Höhe der späteren Versorgungsleistungen habe sich nicht erhöht. „Insbesondere besteht in Deutschland und somit für die Dax-Unternehmen wegen der gesetzlichen Insolvenzsicherung keine Pflicht zur Bildung von Planvermögen und somit für die Dax-Unternehmen auch kein Zwang, den Rückgang des Deckungsgrades durch Nachdotierungen auszugleichen“, erläutert Hagemann und nimmt damit Beobachtern ein wenig die Angst, dass das Niedrigzinsumfeld letztlich doch zum echten Problem werden könnte.
portfolio institutionell newsflash 16.03.2015/Tobias Bürger
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