Das Ampel-Aus und die Folgen für Anleger und Rentner
Der Bruch der Ampel-Koalition wirkt sich auf Gesetzgebungsverfahren aus, die für die Fondsbranche, für Anleger sowie für Rentensparer von Interesse sind. Das verdeutlicht eine Aufstellung des BVI.
Nach dem Bruch der Ampel-Koalition am 6. November 2024, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) veranlasste, besteht für viele Gesetzgebungsverfahren der bisherigen Koalitionäre keine Chance mehr, dass diese noch abgeschlossen werden. Darauf deutet eine Analyse des Fondsverbands BVI hin. Vom Ampel-Aus betroffen sind insbesondere Gesetzgebungsverfahren, die für die Fondsbranche und institutionelle Investoren von Interesse sind.
Olaf Scholz hat inzwischen angekündigt, die Vertrauensfrage zu stellen. Der Bundestag wird am 16. Dezember 2024 darüber abstimmen. Laut BVI sei davon auszugehen, dass der Bundeskanzler die Vertrauensfrage verliert, der Bundespräsident den Bundestag auflöst und es am 23. Februar 2025 zu Neuwahlen kommt.
Rot-Grün kann keine Gesetzesvorhaben oder Anträge ohne die Zustimmung der Opposition auf die Tagesordnung setzen
Bundeskanzler Scholz habe, so der BVI, mit seiner auf SPD und Grüne gestützten Minderheitsregierung nicht nur die politische Mehrheit verloren. SPD und Grüne hätten auch keine Verfahrensmehrheit mehr im Ältestenrat des Bundestages. Vor diesem Hintergrund könne „Rot-Grün“ zum Beispiel keine Gesetzesvorhaben oder Anträge ohne die Zustimmung der Opposition auf die Tagesordnung setzen. „Die Oppositionsfraktionen haben erklärt, nur dann mit der Minderheitsregierung zu kooperieren, wenn sie die Vorhaben sinnvoll finden. Sie werden nichts mitbeschließen, was nicht zwingend nötig oder dringend ist oder womit sie einer künftigen Regierung Steine in den Weg legt“, so der BVI.
Den Angaben zufolge fallen bei der Neuwahl alle bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht beschlossenen Gesetze unter die sogenannte Diskontinuität des Bundestages. Die Gesetze müssten in den neuen Bundestag erneut eingebracht werden, bevor sie beschlossen werden könnten. Davon nicht betroffen seien Gesetze, die der Bundestag bereits beschlossen hat, und bei denen lediglich die Zustimmung des Bundesrates aussteht, so der Fondsverband. Der Bundesrat sei nicht an Legislaturperioden gebunden und könne solche Gesetzgebungsverfahren noch abschließen.
Die große Mehrheit der Vorhaben hat keine Chance
Für die laufenden Gesetzgebungsverfahren, die für die Fondsbranche von Interesse sind, sieht der BVI nur für das Jahressteuergesetz 2024 eine Chance auf Abschluss. „Das Jahressteuergesetz 2024 ist vom Bundestag beschlossen und liegt dem Bundesrat zur Beratung am 22. November 2024 vor. Wenn dieser wie erwartet zustimmt, wird das JStG 2024 noch vor Jahresende im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.“
Die folgenden Gesetze sind nach Einschätzung des BVI ohne eine Chance auf Abschluss:
Das Fondsmarktstärkungsgesetz liegt dem Bundestag zur Beratung vor. Das Bundeskabinett hat am 9. Oktober 2024 den Regierungsentwurf verabschiedet. Eine Befassung oder Anhörung im Finanzausschuss hat noch nicht stattgefunden. Das Gesetzgebungsverfahren dürfte in dieser Legislaturperiode nicht weiterverfolgt werden, vermutet der Verband.
Das Gesetz über die Digitalisierung des Finanzmarktes könnte laut BVI theoretisch noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden. Die Beschlussempfehlung der Ausschüsse im Bundestag liege vor, „das Gesetz ist also fertig beraten. Die Ampel-Koalition konnte sich bisher nicht darauf verständigen, den Entwurf für die 2. und 3. Lesung auf die Tagesordnung zu setzen. Auch der Bundesrat müsste noch zustimmen. Eine kurzfristige Verständigung zum Abschluss des Gesetzes in dieser Legislaturperiode erscheint daher unwahrscheinlich.“
Für das Zukunftsfinanzierungsgesetz II liege noch kein Regierungsentwurf vor. „Der Beschluss darüber wurde zuletzt verschoben. Auch die Maßnahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens werden erst in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgegriffen.“
Das Gesetz zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge befinde sich ebenfalls in einem sehr frühen Stadium der Beratung. „Bisher liegt kein Regierungsentwurf vor, so dass der Bundestag noch nicht mit dem Vorhaben befasst ist. Dieses Vorhaben wird in der nächsten Legislaturperiode wieder auf die Tagesordnung gesetzt.“ Am 21. Oktober hatte die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Aba) eine Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz) veröffentlicht.
Für das Rentenpaket II (Absicherung des Rentenniveaus und Aufbau eines Generationenkapitals) liege ein Regierungsentwurf zur Beratung im Bundestag vor. „Im federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales hat dazu bereits eine Sachverständigenanhörung stattgefunden. Schon vor dem Bruch der Ampel-Koalition hatte die FDP weiteren Beratungsbedarf angemeldet. Das Gesetzgebungsvorhaben dürfte in dieser Legislaturperiode nicht mehr geeint werden können.“ Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat die geplante Rentenreform für gescheitert erklärt. Im Bundestag räumte der SPD-Politiker am 14. November laut einem Bericht im MDR ein, dass das Gesetzesvorhaben nicht abgeschlossen werden könne.
Geplante Infrastrukturquote für Pensionskassen ebenfalls betroffen
Das Zweite Gesetz zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz, BRSG II) liege ebenfalls im federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales, ist aber noch nicht beraten worden, so der BVI. „Dieses Vorhaben läuft in die Diskontinuität.“
Im Rahmen der geplanten Reform der Betriebsrente war auch eine separate Infrastrukturquote für Pensionskassen im Gespräch. Zudem gab es laut Aba viele Änderungen im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), in der Anlageverordnung, in der Pensionsfonds-Aufsichts-Verordnung, dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und im Einführungsgesetz zum VVG, die die Anlagevorschriften erweitern und die Bedeckungsvorschriften flexibilisieren sollten. „Der große Wurf ist das BRSG II nicht“, sagte Reiner Stöhr von Rentenzuschusskasse der N-ERGIE AG im Interview mit portfolio institutionell. „Wir begrüßen jedoch eine neue Anlageverordnung, haben uns jedoch noch größere Spielräume gewünscht.“
Das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)) war bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht umzusetzen, wie der BVI erläutert. Das Gesetz liege allerdings noch in den zuständigen Ausschüssen zur Beratung im Bundestag. „Da diese noch nicht abgeschlossen sind, ist eine Einigung unwahrscheinlich.“ Nachtrag vom 18. November, 14 Uhr: Die Europäische Kommission leitete am 26. September 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, weil Deutschland die Corporate Sustainability Reporting Directive (Richtlinie (EU) 2022/2464) nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzt hat. Darauf weist die Wirtschaftskanzlei Noerr hin. Von dort heißt es, die ausstehende Umsetzung der CSRD werfe für diejenigen Unternehmen, die nach der CSRD bereits für das Geschäftsjahr 2024 zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet seien, die Frage auf, „welche Berichtspflichten für sie gelten, sollte die CSRD nicht bis Ende des Jahres umgesetzt werden“.
Für das Gesetz zur Stärkung der Finanzbildung existiere nur der Referentenentwurf, der Kabinettstermin sollte am 4. Dezember 2024 folgen. Das Gesetz sei somit noch nicht in den Bundestag eingebracht und könne nicht mehr beraten werden.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Anlageverordnung | Betriebliche Altersversorgung (bAV) | CSRD | Infrastruktur | Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II)
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