Das 20-Billionen-Sparschwein
Schwarzer Schwan im Schweinsgewand
Auf Schweinefleisch „Chop Suey“ oder Schweinefleisch „süß-sauer“ hat Paul Donovan derzeit wohl wenig Appetit. Der weltweit geschätzte UBS-Chefvolkswirt hatte sich zu den Auswirkungen einer in China grassierenden Krankheit bei Schweinen auf die Verbraucherpreise geäußert. In einem volkswirtschaftlichen Kommentar sagte er, dass die Seuche nur von Bedeutung sei, “if you are a Chinese pig. It matters if you like eating pork in China.”
Im ehrpusseligen China wurde “Chinese pig” als Beleidigung für das chinesische Volk eingestuft und sorgte für schäumende Empörung. Die Zeitung „People’s Daily“, Organ der regierenden Kommunistischen Partei, mobbte den Ökonomen in einem sehr selbstbewussten Kommentar: „Ob Donovan entlassen wurde oder nicht, ist weiter unbekannt. Doch diejenigen, die das chinesische Volk beleidigen, müssen dafür zahlen. Ansonsten sind Rückfälle unvermeidlich, und Nachahmungstäter werden dazu verleitet, dasselbe zu tun.“ China hat anscheinend etwas Ablenkung von den Berichten zu den Demonstrationen in Hongkong nötig. Nochmal Schwein gehabt hat Donovan aber in der Hinsicht, dass Peking nicht seine Auslieferung fordert.
Wie souverän fiel dagegen doch zu Finanzkrisen-Zeiten die Reaktion von Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien auf das wenig schmeichelhafte Akronym PIIGS aus. Frei nach dem Motto: Was störts die stolze Eiche, wenn sich …
Paul Donovan zahlt für seinen Kommentar zumindest Lehrgeld – und zwar auch hinsichtlich der Reaktion seines Arbeitgebers. Die Kameradenschweine der UBS stellten sich nämlich nicht vor ihren verdienten Mitarbeiter, sondern beurlaubten ihn. Taucht hier also ein Schwarzer Schwan im Schweinsgewand auf?
Mitnichten. Überraschend können die Reaktionen des Staats und der Bank nicht sein, wenn man sich an Daimlers Dalai-Lama-Kontroverse erinnert. Der Mobilitätskonzern bewarb einen Mercedes mit dem Dalai-Lama-Zitat „Betrachte Situationen von allen Seiten, und Du wirst offener“. China ließ Daimler daraufhin seinen Zorn spüren und Daimler machte daraufhin den Kotau: Man werde „sofort Maßnahmen ergreifen, um das Verständnis der chinesischen Kultur und Werte zu vertiefen“. Tja. Um Daimler mit einem Zitat des Dalai Lama zu antworten: „Denk daran, dass Schweigen manchmal die beste Antwort ist.“ Das passende Dalai-Lama-Zitat Richtung China: „In der Wut verliert der Mensch seine Intelligenz.“
Verständlich wird die Abwägung der UBS zwischen Mitarbeiterschutz und Renditezielen aber wenn man weiß, dass Pekings Zorn ein Schweinegeld kosten könnte. Im Sparschwein der Onshore-Chinesen befinden sich nämlich laut Bloomberg 20 Billionen Dollar, die als der Heilige Gral des Private-Wealth-Managements gelten.
Ein schweigsames Wochenende wünscht Ihnen Ihre Redaktion von portfolio institutionell!
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