Versicherungen
13. Juni 2018
Damoklesschwert Orsa
Solvency II sieht für Staatsanleihen zwar keine Unterlegung mit Eigenmitteln vor. Das Regelwerk schützt aber trotzdem nicht vor politischen Risiken.
Diese flackerten jüngst wieder in Italien durch die chaotische Regierungsbildung sowie die Aussicht auf eine populistische Regierung auf und führten zu einer Ausweitung der Renditen der zehnjährigen italienischen Staatsanleihen auf über drei Prozent. Wenig amüsiert dürften darüber beispielsweise die Munich Re oder die Gothaer sein, die zum Jahresende zu 2,3 beziehungsweise 2,4 Prozent in italienischen Staatsanleihen investiert waren.
Italienische Bonds: Downgrade kritischer als Renditeanstieg
Grundsätzlich ist allerdings der Renditeanstieg für investierte Versicherer kein größeres Problem. „Die deutsche Lebensversicherungswirtschaft wird durchschnittlich im niedrigen einstelligen Prozentbereich in den Euro-Peripherie-Ländern allokiert sein“, sagt Verena Pickhardt, Leiterin Institutioneller Versicherungsvertrieb Deutschland der DWS. „Wir erwarten daher bei der deutschen Lebensversicherungswirtschaft keine bilanzielle Überschuldung durch die Ausweitung der zehnjährigen italienischen Renditen auf in der Spitze über 3,1 Prozent. Durch die Langfristigkeit der Anlagen werden Versicherungen ihre Bestände in dem sogenannten Buy&Maintain-Ansatz belassen und die Marktwertschwankungen aushalten.“ Lediglich in der Marktwertbilanz sei der Marktwertrückgang der Portfoliobestände spürbar und mit negativem Einfluss behaftet.
3,1 Prozent Rendite sind aber auch für neue Engagements eine Versuchung. Schließlich liegt die gewichtete durchschnittliche Garantiezinsanforderung im Bestand 2017 laut Assekurata bei 2,83 Prozent. Im Buy&Maintain wären auch weitere Renditeanstiege zwar ärgerlich aber verkraftbar. Kritischer wäre die Situation aber zu bewerten, wenn die Rating-Agenturen Italien in den Non-Investment-Grade abstufen würden. Aktuell steht Italien bei BBB und Baa2. „Ein wenig anders wäre die Situation zu bewerten, wenn es zu Herabstufungen der Kreditwürdigkeit Italiens durch die Rating-Agenturen kommen würde“, so Verena Pickhardt.
Grund für die Neubewertung kann das Own Risk and Solvency Assessment, Orsa, sein, in dessen Rahmen das Versicherungsunternehmen sein individuelles Risikoprofil und den daraus resultierenden Risikokapitalbedarf analysieren muss. Dies geschieht laut der Bafin nach Paragraf 27 VAG losgelöst von den Solvenzkapitalanforderungen, die der Standardformel zugrunde liegen. Die Versicherer haben hierbei auch Risiken zu berücksichtigen, die gar nicht oder nicht ausreichend in die Standardformel einbezogen sind. Für diese Risiken müssen sie angemessene Bewertungsverfahren entwickeln. Die Bafin erwartet auch, dass Versicherer mit einem hohen Staaten-Exposure diesem Engagement bei ihren Stresstests besondere Bedeutung beimessen werden. Die Unternehmen sind gehalten, unterschiedliche Szenarien zu simulieren, beispielsweise den Ausfall eines oder mehrerer Staaten.
Unter Verkaufsdruck können mit einer Herabstufung Italiens unterhalb von BBB- Pensionskassen und Versorgungswerke kommen. Schließlich dürfen diese gemäß der Quotenregelung der Anlageverordnung nur fünf Prozent in High Yields investieren.
portfolio institutionell 13.06.2018/Patrick Eisele
Autoren:
portfolio institutionell
In Verbindung stehende Artikel:
Schreiben Sie einen Kommentar