Corporate Treasurer sind auf der Hut – Teil III
„Wer viel Liquidität hat, kann auch viel verlieren!“
Auch bei der Rational AG wirft das Corporate Treasury vor dem Abschluss von Geldanlagen oder Finanzkontrakten einen Blick auf die Urteile der namhaften Rating-Agenturen, wobei das Bonitätsurteil mindestens einmal im Quartal überprüft werde. „Bei uns qualifizieren sich nur Kreditinstitute mit einem Langfrist-Rating nach Standard & Poor’s von mindestens A“, erklärt Vorstandschef Blaschke. In unregelmäßigen Abständen betrachtet das Unternehmen außerdem die Entwicklung der Credit Default Swaps (CDS) der Banken. Zur Risikostreuung würden alle Tages- und Termingelder sowie Kontrakte immer über mehrere Banken verteilt.
Beim Rational-Konzern greift man in diesem Zusammenhang insbesondere auf Kennzahlen zurück, um Transparenz zu schaffen. Neben Bilanz und GuV der Banken werden auch die Informationen anderer Geschäftspartner ausgewertet. Bei den größeren Konzernen mit Umsätzen in Milliardenhöhe kommen derweil Methoden zum Einsatz, die das Kontrahentenrisiko tagesaktuell bemessen sollen.
Christian Langkamp, aktuell als Senior Specialist Bank Risk Management bei der BASF SE im Group Treasury tätig, hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit Counterparty-Risiken auseinandergesetzt. Im Rahmen seiner Promotion am Lehrstuhl für Energiehandel und Finanzdienstleistungen bei Professor Rüdiger Kiesel an der Universität Duisburg-Essen führte der Diplom-Wirtschaftsmathematiker Interviews mit anderen Finanzfachleuten aus großen deutschen Unternehmen zu den Adressausfallrisiken von Kontrahenten und Kunden. Gegenüber portfolio institutionell bringt er die aktuelle Stimmung in den Konzernen auf den Punkt: „Wer viel Liquidität hat, kann auch viel verlieren!“ Wie Langkamp beobachtet hat, kam es bereits in den vergangenen sechs bis sieben Jahren zu einem Umdenken bei den Gesellschaften, was das Thema Hausbanken betrifft. Denn die Konzerne mit grenzüberschreitender Präsenz sind dazu übergegangen, das Geschäft nicht nur auf eine Hausbank zu konzentrieren, sondern zu einer Mehrzahl der globalen Großbanken intensive Geschäftsbeziehungen zu unterhalten. Zudem werden Aufgaben aus der Zentrale auf regionale Treasury-Abteilungen verlagert, die sich mit lokalen Märkten besser auskennen und oft auch mit den regionalen Hauptakteuren zusammenarbeiten. Somit ergibt sich die Notwendigkeit, eine ganze Reihe von größeren Banken aktiv und kurzfristig zu monitoren.
_ Unternehmen kaufen Rating-Analysen
Die eigentliche Risikoanalyse basiert in erster Linie auf Marktdaten von Bloomberg oder Reuters sowie auf Zahlen von Rating-Agenturen, CDS-Datenlieferanten und dem eigenen Treasury-System, das die jeweiligen Exposures bei den Banken auflistet. Ein gängiger Ansatz ist es zum Beispiel, die Daten auf einem Excel-Sheet zu sammeln und ihre Entwicklung regelmäßig zu verfolgen, wie Langkamp erklärt. Sollte es zu einer negativen Entwicklung der Credit Default Swaps einzelner Banken kommen, kann der Finanzverantwortliche kurzerhand die Höhe der Limits kürzen, die für das Institut vorgesehen sind. Das betrifft das gesamte Exposure gegenüber der Bank, also die Liquiditätsbestände sowie die positiven Marktwerte der Derivate. „Meistens ist die Arbeit so, dass man Ratings für Basislimite nimmt und dann die CDS nutzt, um Limite temporär auszusetzen“, sagt Langkamp. Wie der Finanzexperte beobachtet hat, unterstellen die Treasurer im Zweifelsfall dabei einen Komplettausfall der Gelder, also einen Loss Given Default (LGD) von 100 Prozent. Langkamp zufolge kaufen große Unternehmen in zunehmendem Maße professionelle Datenpakete von Rating-Agenturen ein, statt nur auf das Material von Bloomberg oder Reuters zu vertrauen. Um die Transparenz noch zu steigern, greifen sie auch auf die Dienste von CDS-Providern wie CMA oder Markit zurück, die über einen besseren Überblick über die Entwicklungen am CDS-Markt verfügen sollen, weil sie Einblick in die Handelsgeschäfte der Banken haben. Auch proprietäre Modelle wie das Moody’s KMV oder das Fitch Bank Credit Model werden zwecks zusätzlicher Informationen zurate gezogen. „Insgesamt ist eine stetige Professionalisierung zu erkennen, die in den kommenden Jahren anhalten wird“, ist sich Langkamp sicher.
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portfolio institutionell 16.03.2012
Autoren: Tobias Bürger In Verbindung stehende Artikel:
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