Coface sieht höhere Länderrisiken
Kreditversicherer stuft acht Länder, darunter Italien, ab. In Deutschland sind mehr Insolvenzen zu erwarten.
Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch auf die Bonitäten von Staaten aus. In seinem vierteljährlichen Risiko-Barometer hat der Kreditversicherer Coface acht Länder herabgestuft. Erneut sind überwiegend europäische Länder betroffen, darunter Italien, Dänemark und die Schweiz. Die Bewertung von Deutschland bleibt unverändert, Coface rechnet für das Jahr 2022 jedoch wieder mit mehr Insolvenzen.
Nachdem Coface im Juni insgesamt 16 europäische Staaten schlechter bewertete, hat die Versicherung ihre Länderrisiko-Bewertung für sechs weitere Länder in Europa abwärtsrevidiert. Das Länderrisiko spiegelt die Wahrscheinlichkeit von erhöhten Zahlungsausfällen bei Exportkrediten in einem Land in den kommenden sechs Monaten wider. Dänemark, Luxemburg und die Schweiz konnten die Höchstnote A1 nicht halten und sind neu in Risikoklasse A2. Diese steht für ein „geringes Ausfallrisiko“. In allen drei Ländern macht sich die beschleunigte Inflation bemerkbar, getrieben von steigenden Energiepreisen.
„Durch die starke Integration des europäischen Gasmarktes hat sich das Angebot für alle verknappt und bringt durch die innereuropäischen Solidaritätsabsprachen für die Gasversorgung im Winter letztlich auch Nationen wie Dänemark, Luxemburg und die Schweiz unter Druck“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. Als einziges Land verbleibt Norwegen in A1. Bei der Bewertung wird die ebenfalls stark ausgeprägte Inflation über hohe Gewinne der Öl- und Gasindustrie sowie Rekordergebnisse bei der Leistungsbilanz wettgemacht.
„Ziemlich hohes Risiko“ in Italien und Zypern
Ebenfalls herabgestuft wurden der Inselstaat Malta – von A2 in A3 („zufriedenstellendes Ausfallrisiko“) – sowie Zypern und Italien. Letztere beide verabschieden sich nun aus dem A-Segment kommen nun mit B auf ein „ziemlich hohes Aufallrisiko“. Italien erhielt bereits vor Ausbruch des Krieges eine Zurückstufung auf A4. „Die Kombination aus sehr hohen Konsumentenpreisen, einem schwachen Konjunkturausblick und dem Anstieg des politischen Risikos durch den Wahlsieg eines womöglich instabilen Rechtsbündnisses hat allerdings den Abstieg ins B-Segment besiegelt“, sagt Christiane von Berg. Als einzige nicht-europäische Länder wurden Ägypten und Chile herabgestuft.
Weniger Wachstum, mehr Insolvenzen in Deutschland
Deutschland wird weiterhin mit A3 bewertet. Diese Einschätzung spiegelt den schlechten Konjunkturausblick wider. Derzeit erwartet Coface, dass die Wirtschaftsaktivität im Winter zurückgeht. Nach einem BIP-Wachstum von 1,5 Prozent zum Vorjahr für das Jahr 2022 sollte sich daher im Jahr 2023 ein Minus von 0,5 Prozent einstellen. Diese Entwicklung wird getrieben von der starken Inflation, die in diesem Jahr mit 8,0 Prozent ihren Höhepunkt erreicht haben sollte. Zwar erwartet Coface, dass die Verbraucherpreise auch 2023 steigen, allerdings wird die Dynamik wohl abnehmen, was zu einer Inflationsrate um die 6,7 Prozent im kommenden Jahr führen dürfte.
Diese Entwicklung sollte auch deutsche Unternehmen spürbar treffen und dem Abwärtstrend bei den Unternehmensinsolvenzen ein Ende setzen. Aufgrund staatlicher Hilfsmaßnahmen während der Pandemie war die Zahl der Firmenpleiten in den vergangenen Jahren trotz Rezession um 16 Prozent (2020) beziehungsweise zwölf Prozent (2021) im Vergleich zum Vorjahr gesunken und hatte einen Tiefststand erreicht. „Wir erwarten nach einem leichten Rückgang der Insolvenzen in der ersten Jahreshälfte 2022 einen moderaten Anstieg zum Jahresende hin. Damit lägen die Unternehmensinsolvenzen 2022 im Durchschnitt immerhin wieder ein Prozent über dem Vorjahr“, sagt Christiane von Berg. Es wäre das erste Mal seit 2009, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr wieder zunehmen würde.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Kreditmärkte | Ratingagentur
In Verbindung stehende Artikel:
Schreiben Sie einen Kommentar