„Change“ in der Kammer
Ein Vierteljahrhundert stand Daniel Just in Diensten der Bayerischen Versorgungskammer und hat in diesem Zeitraum nicht nur in der Kapitalanlage für Change gesorgt. In der vergangenen Dekade kamen mit den Themen Nachhaltigkeit und Personalwesen noch immer wichtiger gewordene Aufgaben hinzu. Just hinterlässt ein gut bestelltes Haus, die Arbeit wird aber auch für seinen Nachfolger Axel Uttenreuther nicht ausgehen – und auch für Daniel Just blieb noch etwas zu tun: ein Abschiedsinterview mit portfolio institutionell.
Herr Just, zunächst zur Gegenwart: Wie hat sich der Zinsanstieg auf die Versorgungskammer ausgewirkt?
Viele der jungen – aber selbst die nicht mehr ganz so jungen – Kollegen, wussten noch gar nicht, dass es auch bei guten Bonitäten positive Zinsen geben kann. Wir erleben eine back-to-the-normal-Entwicklung und sind grundsätzlich froh, dass es wieder Zinsen gibt. Die Anpassung ist aber schmerzhaft. Institutionelle Anleger wie wir, die mit der Kapitalanlage real Geld verdienen wollen, haben es nun nicht leicht. Diese Phase wird auch noch länger andauern. Darum bleiben Substanzwerte wie Alternatives und Aktien interessant. Dafür haben wir auch die nötige Risikotragfähigkeit. Wir hatten ein fantastisches Jahr 2021, konnten selbst in 2022 unsere Ziele erreichen und werden auch in diesem Jahr wieder die Mindestverzinsungen für unsere Versorgungseinrichtungen erzielen.
Aufgrund der veränderten Marktlage haben wir eine neue strategische Anlageplanung gemacht, wobei die Änderungen nicht dramatisch sind. In der Kapitalanlage kaufen wir erstmals seit Jahren wieder festverzinsliche Wertpapiere. Bezüglich der Asset-Klasse Immobilien, in der wir nun auf eine sehr hohe Quote kommen, ist unsere Haltung jetzt eher abwartend. Momentan laufen auch nicht viele Deals. Falls es aber Opportunitäten gibt, sind Zukäufe möglich. Auch bei den Alternatives, wo wir auch bereits viel allokiert haben, wird sich erst einmal weniger tun.
Wie bewertet die Kammer ihre Anleihen?
Die Fonds werden laufend bewertet. Im Direktbestand fahren wir eine klassische Buy-and-hold-Strategie und somit ändert sich für uns in dessen Management nichts.
Besteht für Alternatives und Immobilien nun faktisch ein Allokationsstopp?
Nein. Unser Anlagevolumen wächst weiter und wir wollen unsere Quoten für die einzelnen Asset-Klassen in etwa halten. Unsere jährlichen Beiträge und Umlagen belaufen sich auf rund 5,5 Milliarden Euro, die Aufwendungen für Versicherungsfälle auf etwa 4,1 Milliarden Euro. Unser Cashflow wird auch noch sehr lange sehr positiv bleiben. Das hilft uns.
Immobilien sind mit 25 Prozent das Fundament der BVK-Allokation. Wie sehen Sie heute den Immobilienmarkt?
Unsere Sturm- und Drangzeiten sind vorbei, was auch daran liegt, dass wir am oberen Rand der Quoten stehen. Gleichwohl haben wir eine Reihe von Commitments abgegeben, die noch abgerufen werden können. Wie geplant fließen also noch weitere Gelder in die Immobilienseite. Weitere Zusagen machen wir derzeit aber eher nicht. Wir haben die Ruhe und die Zeit abzuwarten, wie sich der Markt entwickelt.
Immobilien, die nachhaltig und flexibel nutzbar sind, sowie einen guten Standort wie München haben, werden die Mieten mindestens konstant halten. Schwieriger wird es bei in die Jahre gekommenen Immobilien werden. Hier ist aktives Portfoliomanagement vonnöten. Um Wohnungen mache ich mir in Ballungszentren wenig Sorgen. Die Nachfrage nach Wohnraum bleibt hoch und die Neubauziele der Bundesregierung werden noch lange nicht erreicht. Allerdings ist im Bestand die energetische Sanierung – auch für uns – eine Herausforderung. Bei Büros muss man stärker differenzieren.
Unser eigenes Büroprojekt ziehen wir durch: Gemeinsam mit der Strabag bauen wir ein modernes Gebäude in unserer Nachbarschaft, von dem wir knapp die Hälfte als neue Firmenzentrale nutzen werden. Der Rest wird vermietet. Diese Eigenentwicklung kommt auf ein Volumen von annähernd einer Milliarde Euro. Das ist auch für die Kammer eine beachtliche Größe. Dagegen werden viele andere Entwicklungsprojekte aufgrund der höheren Bau- und Energiekosten eingestellt. Vorstellen kann ich mir darum, dass wir mit unserer Entwicklung recht antizyklisch auf den Markt kommen und dann gute Vermietungsmöglichkeiten haben.
Oder dann auch eine gute Möglichkeit haben, antizyklisch zuzukaufen?
Noch ist die Zeit dafür nicht reif. Erst müssen Käufer und Verkäufer wieder zueinander finden. Man sieht aber schon die ersten Preisabschläge.
Inwiefern sind die gestiegenen Finanzierungskosten für die BVK eine Herausforderung?
Im Eigenbestand arbeiten wir traditionell nur mit Eigenkapital. Bei den Fonds ist nun der Leverage-Vorteil weg. Wird jetzt eine Anschlussfinanzierung fällig, dann nehmen wir vermehrt Eigenkapital in die Hand. Das hat den Vorteil, dass wir unser Geld leichter unterbekommen. Bei den Fonds findet also eine gewisse Verschiebung von Fremd- zu Eigenkapital statt.
Blicken wir zurück. Sie kamen im Jahr 1998 von der Hypo-Vereinsbank zur Kammer. Wie war es vor einem Vierteljahrhundert um die Kapitalanlage, Mitarbeiter und Strukturen bestellt?
Die Veränderungen sind enorm. Umgerechnet lag der Buchwert der Kapitalanlagen 1998 bei rund 21 Milliarden Euro. Zu 95 Prozent bestand die Kapitalanlage aus zehnjährigen Anleihen, die man bis zur Fälligkeit hielt. Dann kam das Geld sicher zurück und wurde wieder für zehn Jahre angelegt. Der Bereich Finanzwesen, in dem ich als Leiter begann, zählte ohne die Immobilienverwalter 30 Köpfe. Heute beläuft sich das Portfolio nach Marktwerten auf rund 107 Milliarden Euro und ist viel, viel breiter gestreut. Es ist viel internationaler und hat deutlich mehr Asset-Klassen, darunter zum Beispiel Private Equity, Infrastruktur oder Timber. Dadurch wurden wir viel krisenresistenter und stabiler.
Mit diesem gewaltigen Wachstum der Kapitalanlage haben sich auch Mitarbeiter – deren Zahl sich heute inklusive Immobilienmanagement, Kapitalanlagencontrolling und ESG auf rund 290 beläuft – und Anforderungen geändert. Reportings und Asset-Liability-Management wurden beispielsweise immer detaillierter und komplexer. Das Thema Nachhaltigkeit, das es am Anfang noch gar nicht gab, kommt immer stärker in den Fokus. Die Welt ist viel komplexer geworden. Damals wusste man über fast alle Projekte Bescheid. Heute kennt man diejenigen, die Bescheid wissen. Was mich freut: Einige Kollegen sind seit damals dabei und haben eine gute Karriere gemacht. Zu diesem Kreis der Pioniere zählen beispielsweise Anselm Wagner, der Bereichsleiter Wertpapiermanagement ist, oder Norman Fackelmann, der die Immobilien verantwortet.
Gab es anno 1998 schon Fonds?
Fonds gab es auch damals schon. Das waren Mischfonds, die immer ihre eigene Depotbank hatten und die war blau, gelb oder rot. Jede Versorgungseinrichtung hatte zudem ihre eigenen Fonds, was sehr ineffektiv war. Unser erstes großes Projekt war darum die Einführung des Masterfonds-Konzepts mit der Universal Investment, mit dem wir dann mit viel weniger, aber spezialisierteren Fonds breit diversifizieren konnten. Wie die Universal, mit der wir sehr zufrieden sind, sind seit Beginn des Masterfonds-Konzepts auch einige wenige Asset Manager bis heute Teil unserer Kapitalanlage. Heute haben wir über 100 Asset Manager mandatiert.
Bei den alternativen Anlagen ist ein administrativer Aspekt, ob man Dach- oder Zielfonds allokiert.
Wir haben noch Dachfonds, deren Zahl nimmt aber ab. Unsere Mannschaft ist gewachsen und wir kennen uns besser aus. Zudem wollen wir auch das Thema Gebühren weiter optimieren. Wir gehen somit mehr in die Spezialisierung und wollen bei den Asset Managern, von denen wir überzeugt sind, mehr Volumen platzieren. Wir sollten uns nicht überdiversifizieren und deshalb machen neue Asset Manager nicht mehr so viel Sinn.
Wie hat sich mit dem eigenen Wachstum der Consultant-Bedarf entwickelt?
Für die Erschließung neuer Asset-Klassen haben wir früher immer eng mit verschiedenen Consultants zusammengearbeitet. Heute nutzen wir kaum noch externe Beratung. Wir haben nun ausreichende interne Ressourcen an Managern, Know-how und Datenbanken, so dass wir Projekte selbst abarbeiten können. Außerdem haben wir bei der letzten strategischen Anlageplanung auch nicht die Notwendigkeit gesehen, uns einer neuen Asset-Klasse zu öffnen.
Nächster Internalisierungsschritt wäre theoretisch, analog zu angelsächsischen Pensionsfonds, direkt in Unternehmen und Infrastruktur-Assets zu investieren.
Das ist nicht unser Fokus. Mit unserer jetzigen Aufstellung sind wir gut unterwegs. Was wir aber schon machen und was auch in Zukunft der Fall sein wird: mit Partnern wie zum Beispiel der Allianz Immobilienthemen umzusetzen.
Anders als früher hat das Thema Nachhaltigkeit heute eine sehr große Bedeutung. Gab es hier ein Erweckungserlebnis?
In der Finanzmarktkrise wurde für uns offensichtlich, wie Investmentbanken mit schnell geschneiderten und intelligent aussehenden Produkten auf schnelle Vertriebserfolge abzielten, die zum Schaden der Investoren waren. Selbst hatten wir kein Exposure, waren also nicht von der Subprime-Krise betroffen. Mit meinem Vorstandskollegen und Leiter des Vorstandsressorts Kapitalanlagen André Heimrich war ich mir einig, dass sich Investoren mehr einbringen können müssen, um bestimmte Sachen ablehnen zu können.
Das war unser Nachhaltigkeits-Startpunkt. Seit damals hat sich das Thema immer weiterentwickelt. Als erster Altersversorger in Deutschland haben wir 2011 die PRI (die UN-Prinzipien für verantwortungsvolles Investieren) unterzeichnet und sind 2021 der Net-Zero Asset Owner Alliance beigetreten. Dies führte zu der interessanten Frage, wie wir unseren Klimapfad organisieren, welche Maßnahmen wir für das Portfolio treffen.
Wir schreiben jährlich alle Asset Manager an, um deren Vorstellungen für den Weg zu net-Zero zu erfahren, und tracken deren Antworten. Manche sind hier schon sehr weit, andere sind aber in Richtung einer Acht-Grad-Erwärmung unterwegs. Mit letzteren gehen wir in einen Dialog und üben Druck aus. Denn schließlich hat die Bayerische Versorgungskammer einen langfristigen Auftrag zu erfüllen. Darum wollen wir die Gelder so anlegen, dass wir langfristig Erfolg haben, und darum wollen wir auch bei der Transmission vorne dabei sein. Sie sehen, wir nehmen das Thema sehr ernst.
Ist in der Klima-Feedback-Runde bei den Asset Managern eine gewisse Einheitlichkeit je nach Anlageklasse erkennbar?
Ja. Mit den Infrastruktur-Managern sind wir beispielsweise sehr zufrieden. Da haben wir gute Ratings. Am zweitbesten ist die Aktienseite, die eben auch relativ transparent ist. Mit der Immobilienseite sind wir ebenfalls eher zufrieden.
Interessanterweise besteht bei Fixed Income und bei Private Equity Verbesserungsbedarf. Grund ist, dass diese Manager ihre Vermögenswerte sehr lange halten, beziehungsweise langfristige Commitments eingehen. Es dauert, bis diese Assets rauswachsen und man im Scoring weiter nach oben kommt.
Machten Stakeholder Druck, mehr auf Nachhaltigkeit zu achten?
Viele Gremienmitglieder haben uns entsprechende Fragen gestellt. Der große Schub kam aber eher intern vom Management. Wir haben frühzeitig die Gefahr erkannt, auf nicht-nachhaltigen Assets sitzen zu bleiben. Vielmehr wollen wir, wegen der Langfristigkeit unserer Kapitalanlage, frühzeitig die Transmission schaffen.
Ist Infrastruktur vorn, weil Renewables eben sehr grüne Assets sind – oder weil sich vor allem Infrastruktur-Manager mit Transitions beschäftigen? Allerdings sind Transitions zunächst einmal eine Belastung für ESG-Scorings.
Wir haben Solar- und Windparks, und die helfen natürlich beim Scoring. Ebenfalls haben wir Infrastruktur- und Immobilienfonds, die Transitions machen. Unser Interesse ist aber eher, bereits grüne Anlagen einzukaufen als schmutzige Assets nachhaltiger zu machen. Bei letzterem Ansatz muss man auch erst feststellen, welche Asset Manager hierfür die richtigen sind.
Wo gab es Wachstumsschmerzen? Bei der IT, der Administration oder im Personalwesen?
Mein Wechsel von der Kapitalanlage zum Vorstandsvorsitz war für mich sehr spannend. In der Kapitalanlage hießen Diversifizierung, Internationalisierung, Professionalisierung des Reportings oder des ALM die großen Projekte. Als Vorsitzender vergrößerte sich mein Aufgabenbereich vor allem um das Personalwesen, und hier insbesondere bezüglich Rekrutierung und der Positionierung der BVK als Arbeitgeber.
Die Human Resources betraf aber auch, Eigenverantwortlichkeiten durch Unternehmensleitlinien zu begleiten. Dass wir hervorragend durch die Pandemie gekommen sind, lag auch daran, dass wir in kürzester Zeit ohne administrative Probleme vom Normalbetrieb ins Homeoffice wechseln konnten. Wir konnten unsere vielen Projekte auch in der Pandemie umsetzen – und das geht nur, wenn man ein gutes Team hat, das vertrauensvoll zusammenarbeitet. Die Organisation in der Pandemie war für uns weniger Krise als Treiber, sich weiter zu verändern.
Also die Wandlung einer Behörde zu einem Unternehmen?
Die Kammer ist eine dem bayerischen Innenministerium nachgeordnete, weisungsunabhängige Behörde, die per se ein sehr traditionelles Momentum hat, und das ist auch gut. Man kann Dinge mit einer gewissen Ruhe handhaben. Andererseits ist das eine Herausforderung bezüglich mehr Veränderungsbereitschaft, die zu unserer Philosophie zählt. Change ist einer unserer fünf Werte. Wir wollen Erfahrung und Innovation gleichermaßen nutzen. Man muss die Leute dazu bringen, mal etwas Neues zu machen, Themen einmal anders anzugehen. Beispielsweise stellten wir die IT-Entwicklung organisatorisch so um, dass wir viel schneller zum Output kommen.
Zu einer verstärkten Veränderungsbereitschaft kam es aber auch schon durch unsere Neuzugänge, die andere Charaktere aufweisen, sich beispielsweise sehr viel aktiver und selbstbewusster einbringen und auch Dinge hinterfragen. Insgesamt hat sich sehr viel gewandelt.
Das Angebot an Anlage- und IT-Experten ist knapp. Wie kann die BVK diese gewinnen?
Unser Kulturwandel ist hier sehr wichtig. Unseren IT-Nachwuchskräften ermöglichen wir beispielsweise ein Duales Studium der Wirtschaftsinformatik an der Hochschule München, zudem haben wir eine Kooperation mit dem Lehrstuhl für Finanzmathematik an der TU München. Wir stellen uns hier aber breit in allen Bereichen auf: Bereits vor längerem haben wir einen eigenen Studiengang für das mittlere Management mit der Hochschule Wasserburg gestartet, bei dem Verwaltungswirte für das mittlere Management ausgebildet werden. Ausbildung war in den letzten zehn Jahren für mich ein Schwerpunktthema, was auch viel Spaß macht und einen selbst auch ein bisschen jung hält.
Diese Generation legt Wert auf Gestaltungsfreiheit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Einer der Vorteile der Kammer ist, dass wir auf diesen Feldern sehr viel zu bieten haben. Aus unserem öffentlich-rechtlichen System heraus können wir zwar nicht Spitzengehälter zahlen. Wir können aber mit vielen anderen Themen punkten. Nennen kann man hier beispielsweise die Arbeitsplatzsicherheit oder dass wir ein gesellschaftlich wichtiges, sinnstiftendes Produkt anbieten.
Mit diesen Angeboten kann die BVK nicht nur Mitarbeiter gewinnen, sondern auch halten. Ihr Nachfolger Axel Uttenreuther arbeitet schon seit fast 30 Jahren für die BVK. Die Kammer hält offenbar jung?
Zumindest hält sie einen treu. Die Mitarbeiterzufriedenheit ist auf jeden Fall hoch.
Gibt es Asset-Klassen, in denen es besonders schwerfällt, Mitarbeiter zu gewinnen? Aktuell vielleicht für den wieder aufblühenden Direktbestand?
Ja, Fixed Income ist ein wenig in Vergessenheit geraten, da muss das Arbeitsangebot noch etwas nachwachsen. Grundsätzlich versuchen wir aber Mitarbeiter relativ jung noch in der Ausbildung oder kurz danach für uns zu gewinnen – die jungen Menschen sind noch nicht so fixiert auf eine Aufgabe. Wir wollen, dass sie nicht nur ein Produkt sehen, sondern auch wechseln. So können sie sich neu orientieren und feststellen, was ihnen wirklich gefällt.
Mit unserem Trainee-Programm greifen wir genau diese Anforderungen auf. Und als BVK können wir damit auch besser steuern, die Mitarbeiter dahin zu entwickeln, wo man künftig Kapazitäten braucht.
Was sind die großen Herausforderungen auf den Kapitalmärkten?
Momentan ist es die negative Realverzinsung, die für Versorgungseinrichtungen extrem schwierig ist. Die Zentralbanken müssen einen gewissen Eiertanz vollführen, weil sie die Inflation bekämpfen müssen, dabei aber nicht die Konjunktur abwürgen sollten. Dieser Balanceakt wird noch einige Monate andauern. Konstatieren muss man aber auch einmal, dass die Zentralbanken vor allem mit der Finanzkrise dramatische Phasen einigermaßen gut gemeistert haben. Niemand kann auch wirklich in die Köpfe geopolitischer Entscheider wie Putin schauen. Das zwingt Institutionelle dazu, situativ zu reagieren, um möglichst viel auszubalancieren.
Lassen sich diese Herausforderungen den Anspruchsberechtigten vermitteln?
Im Dialog mit den Gremien der Versorgungseinrichtungen erleben wir immer eine sehr große Eigenverantwortlichkeit. Es ist ja auch das eigene Geld. Die Kapitalanlage-Materie ist für die Vertreter der Berufsstände erst einmal fremd und somit können die Sitzungen hin und wieder viele, intensive Stunden dauern. Teilweise gibt es eben viel Erklärungsbedarf. Wir schulen die Mitglieder aber auch, um auf Augenhöhe zu diskutieren, und erleben hier auf hohem Niveau ein großes Engagement.
Interessant sind die Unterschiede zwischen den Berufsgruppen. Manche wollen sehr stark operativ in die Tiefe schauen, andere sind viel mehr an einem strategischen Überblick interessiert. Mit manchen Berufsständen tagen wir einmal im Jahr, mit anderen viel öfters. Pro Jahr haben wir insgesamt 50 Gremiensitzungen.
Ist die Langlebigkeit ein Problem? Die Lebenserwartung von Akademikern und Bayern liegt über dem deutschen Schnitt.
Langlebigkeit ist ein Thema. Über die Finanzierung können wir das aber ganz gut managen. Wichtig ist, jährlich sukzessive die demographischen Entwicklungen zu prüfen, um dann mehr oder weniger Rückstellungen zu bilden. Die Pandemie hat hier zu keinen Änderungen geführt. Es ist auch eine Herausforderung Aktuare zu finden. Gefunden haben wir übrigens ganz tolle Aktuarinnen.
Wie geht es für die Versorgungskammer und Sie weiter?
In diesen 25 Jahren war es mir nie langweilig und ich bin sehr dankbar, dass ich für eine solch lange Zeit in der Versorgungskammer sein durfte. Das Haus ist gut aufgestellt, es gibt aber immer Felder, wo man noch etwas optimieren kann. Zudem sind wir in einer so schnelllebigen Zeit, so dass es immer etwas anzupassen gilt. Ich selbst bin nun 66 Jahre alt und werde einen klaren Schnitt machen. Ich werde keinen Gremien mehr angehören und gebe alle meine Aufsichtsratsmandate ab. Nach 25 Jahren sollen meine Nachfolger völlig frei und mit frischen Gedanken an die Aufgaben herangehen. Meine Frau und mich zieht es nach Madeira: Dort werde ich ganz anderen Interessen wie beispielsweise der Kunst nachgehen.
Die Bayerische Versorgungskammer (BVK) ist eine Besonderheit unter den Altersvorsorgeeinrichtungen. Die „Kammer“ führt als größte öffentlich-rechtliche Versorgungsgruppe Deutschlands die Geschäfte von gleich zwölf berufsständischen und kommunalen Altersversorgungseinrichtungen. Besonders ist aber nicht nur die Größe, sondern auch das Wachstum. In Zahlen: In 25 Jahren wuchs das Anlagevolumen auf rund 107 Milliarden Euro. Daran mitgewirkt hat in vorderster Linie Daniel Just. Er kam 1998 zur BVK, leitete diese seit 2013 als Vorstandsvorsitzender und erweiterte in diesem Zeitraum umsichtig und strukturiert das Anlagespektrum deutlich. Im Juni wechselt Just in den verdienten Ruhestand. Neuer „Kammerherr“ ist Axel Uttenreuther.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Alternative Anlagen | Immobilien | Infrastruktur | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren | Personalien | Risikomanagement
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