Pensionsfonds
8. Januar 2015

Cern-Pensionsfonds versucht sich im Timing

Theodore Economou vom Schweizer Cern-Pensionsfonds spricht mit Chris Panteli, portfolio institutional, über die Jagd auf Faktorprämien und damit auf risikoadjustierte Renditen. Dafür versucht sich Cern im Timing.

Wie würden Sie das Cern-Anlagemodell beschreiben?­
Dieses beruht auf der Entwicklung von zwei Elementen: Eines ist das Investment-Governance-Modell, das andere das Risikomanagementmodell. Zuvor­ führte eine sehr strenge Kontrolle zu einem sehr statischen Anlagemodell, welches ein Hindernis für einen risikobasierten Ansatz war. Der Markt verändert sich aber jeden Tag, und es braucht Flexibilität, um das Risiko zu managen und diejenigen Opportunitäten ausfindig zu machen, die am meisten Rendite­ für das gewählte Risiko bieten. Innerhalb der Risikovorgaben ist das Anlageteam nun völlig­ frei beim Management der Assets.
Praktisch ist der Chief Investment Officer­ nun von der Asset-Allocation-Zwangsjacke befreit. Diese haben wir aus dem Fenster ­geworfen. Trotzdem erarbeiten wir uns einmal im Jahr, basierend auf unserem heutigen Wissen, die optimale Asset Allocation. Diese stellt für uns dann eine­ Empfehlung dar, ist aber nicht bindend.

Was hat sich nun im Detail verändert?
Da wir nun unsere Exposures variieren können, können wir von Markttrends profitieren, sind dabei aber nicht durch markt­kapitalisierte Indizes eingeschränkt, sondern können prüfen, wie wir unsere Renditen ­maximieren können. Dies führt uns zu einer factorbasierten Portfoliokonstruktion. Dort sind wir noch nicht ganz angelangt, aber dort liegt aus unserer Sicht die Zukunft. Factor-based Investing führt sowohl zu un­korrelierten als auch zu signifikanten Renditen,­ weil diese auf Marktineffizienzen basieren. Hier öffnet sich auch die Tür zu mehr idiosynkratischen Investments, zu alter­nativen Strategien mit einer großen Performance, die versucht, aus behavioural oder non-economic Risk Premiums Kapital zu schlagen.

Hat Ihr Beispiel Schule gemacht?

Es ist erkennbar, dass sich institutionelle Investoren einem sehr ähnlichen Ansatz ­nähern. Das für mich vielleicht deutlichste Beispiel für die Entwicklung hin zu Risk-­driven Solutions aus der Industrie ist ­Lombard Odier, ein hier in der Schweiz ­ansässiger, weltweit aktiver Asset Manager. Sie hatten 2009 einen risikobasierten Ansatz eingeführt, der effektiv gesehen das Cern-Modell nutzt, um Risiken zu nehmen.
Das war nicht ganz zufällig: Lombard hatte gelesen, was wir gemacht hatten, und lud mich ein, ihr Investment-Komitee zu leiten. Sie hatten nicht nur wie Cern vor etwa fünf Jahren eine strategische Änderung beschlossen, sondern gingen mit der Institutionalisierung eines faktorbasierten Grund­gerüsts für das gesamte Portfolio­ sogar noch weiter.

Passive Ansätze sind also nicht nur taktisch?
Absolut. Passiv bedeutet für mich nicht nur eine Gewichtung nach der Marktkapitalisierung, sondern auch eine faktorbasierte Gewichtung. Sie können „passive“ faktor­basierte Strategien als bessere Bausteine betrachten­ als Strategien, die auf Anlage­klassen basieren.
Wachstum, Größe, Momentum und ­Value sind bessere Bausteine, weil sie ­robuster sind. Sie bieten Risikoprämien und sind in Krisenzeiten robuster. Es ist möglich, dass diese passiven, aber smarteren Strategien­ sehr viel an Boden gewinnen.
Bei Cern definieren wir „aktiv“ nicht als Versuch, einen einzelnen Anlageklassen­index zu schlagen. Aktiv muss eine Rolle spielen, wenn es darum geht, die verschiedenen Bausteine abhängig vom Umfeld und der Risikobereitschaft des Investors zu ­wählen. Es gibt einen sehr fruchtbaren ­Boden für aktive, systematische Strategien auf Level des Portfolios. Dies wird auch immer wichtiger­ werden, da sich das Umfeld und die Risiko­profile schnell verändern.­

Das Modell soll also das Beste aus allen Marktlagen machen?
Es kommt auf die Anwendung an. Die erste Antwort lautet: Ja, dies ist ein Modell, das sich bemüht, in jedem Umfeld die höchstmögliche Performance zu erzielen. Es ist in keiner Weise dogmatisch.
Wenn Sie einen sich selbst begrenzenden oder an der Vergangenheit und nicht der ­Gegenwart orientierten Ansatz anwenden, können Sie natürlich underperformen. Eine meiner Überzeugungen ist, dass wir uns ­bezüglich Wachstum, Verschuldung und ­Deflation in den nächsten zehn bis 20 Jahren in einem anderen Zyklus als in den vergangenen 20 Jahren befinden. Wer also das Risiko mit dem Blick in den Rückspiegel festlegt, dürfte für die Zukunft falsch positioniert sein. Jeder Investor muss selbst über seine Idealpositionierung entscheiden. Diese hängt von der eigenen Einschätzung und dem Zeithorizont ab.
Aus meiner Sicht ist die Zeit nun reif für vorausblickende, das aktuelle, langfristige Umfeld berücksichtigende Faktor-Rotations-Modelle. Das Modell führt zwangsläufig zu der Frage, wo es mit Blick auf das eigene ­Risikobudget den meisten Return gibt. Das ist ein großer Unterschied dazu, wenn man nur schaut, wo es dieses Jahr die größten Renditen gibt. Es ist die Suche nach risiko­adjustierten Renditen, die faktorbasierte Portfoliokonstruktionen rechtfertigt.

Wo hat Sie dieser Ansatz nun hingeführt?
Wer meint, dass die Politik der Zentralbanken zu einer Deflation führt und es auch weiterhin nicht schaffen wird, die Wirtschaft zu reinflationieren, dann ist die Konsequenz, dass man Carry Assets wählen sollte. Das ­haben wir gemacht und das hat sich auch als gute Entscheidung herausgestellt.
Von einem Sektorenstandpunkt aus sind wir Übergewichtungen bei Investments eingegangen, die in einem deflationären Umfeld­ erfolgreich abschneiden werden: Auto­mation, Wissensmanagement im weitesten Sinne und Investments in den Faktor „Quality“.

portfolio institutionell newsflash 12.01.2105/Chris Panetli

Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert