Strategien
28. März 2017

Blockchain macht Intermediäre überflüssig

Die Blockchain-Technologie wird in den kommenden Jahren Einzug in die Finanzbranche halten und die digitale Transformation der Geschäftsmodelle zusätzlich verstärken. Davon ist Roland Berger überzeugt und untermauert die Gedanken anhand einer neuen Studie.

Zunächst eine gute Nachricht: Die Blockchain-Technologie gilt als besonders sicher, weil bisherige Transaktionen nachträglich nicht verändert und damit auch nicht manipuliert werden können. Aufgrund ihrer Sicherheitsarchitektur wurde die Blockchain-Technologie noch nicht von Hackern geknackt. Diese Eigenschaft und auch die Aussicht auf enorme Kosteneinsparungen macht sie für viele in der Finanzbranche interessant. Aber: Vieles von dem, was die auch als Distributed-Ledger-Technologie bezeichnete Zukunftsmusik mit sich bringt, ist noch unstimmig, um nicht zu sagen: dissonant! 
Das Beratungshaus Roland Berger geht heute voller Optimismus davon aus, dass durch die Technologie viele Nutzer Transaktionsmöglichkeiten mit Netzwerken erhalten, in denen sie Informationen austauschen und Geschäfte abwickeln können. Das betrifft beispielsweise Finanztransaktionen, die bislang über Intermediäre liefen. Diese können künftig direkt zwischen den Beteiligten abgewickelt werden, heißt es optimistisch bei Roland Berger. An anderer Stelle, beim World Economic Forum, hält man es für möglich, dass bis 2025 insgesamt zehn Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts mithilfe dieser Technologie abgewickelt wird.
„Blockchain wird die Art, wie weltweit Geschäfte gemacht werden, verändern“, prognostiziert Wolfgang Hach, Partner von Roland Berger. „Die Technologie und ihre breiten Einsatzmöglichkeiten erlauben es, etwa bei Handelstransaktionen oder Vertragsabschlüssen auf vermittelnde Institutionen oder Treuhänder zu verzichten. Dadurch können Finanzinstitute Kosten sparen und neue Geschäftsmodelle entwickeln.“ In der neuen Studie „Enabling decentralized, digital and trusted transactions – Why blockchain will transform the financial services industry“ analysieren die Berater von Roland Berger Chancen und Risiken der Blockchain-Technologie. 
Blockchain: dezentrale Transaktionen und Kosteneinsparungen 
Die Blockchain-Technologie nutzt eine Vielzahl vernetzter Teilnehmer, um den Verlauf von Transaktionen lückenlos, sicher und rückverfolgbar dezentral abzuspeichern. Außerdem ist die Anwendung automatisierter Vertragsabwicklungen (Smart Contracts) möglich, heißt es bei Roland Berger. „Gerade in der Finanzbranche mit ihren großen Datenmengen, zahlreichen Intermediären und Dienstleistungen, die abgesichert und verifiziert werden müssen, ergeben sich für Blockchain viele Anwendungsmöglichkeiten“, erklärt Roland-Berger-Partner Sebastian Steger. Durch den Einsatz dieser Technologie könne die Finanzindustrie zudem erheblich Kosten sparen – nicht nur durch den Verzicht auf verschiedene Intermediäre, sondern auch durch die hohe Automatisierung der Prozesse. 
Breite Marktreife beginnt in drei bis fünf Jahren 
Allerdings stehen der neuen Technologie Hürden im Weg, die noch zu überwinden sind. Dazu zählen laut Roland Berger einheitliche Standards als Voraussetzung für die Kooperation über Länder-, Branchen- und Unternehmensgrenzen hinweg. Zudem seien auch rechtliche Grundlagen und Sicherheitsaspekte wesentliche Faktoren, damit sich die Blockchain etablieren kann.
„Sowohl Politik, Regulatoren und Blockchain-Aktivisten als auch die Industrie arbeiten an diesen Aspekten, und weitere Lösungen werden bald bereitstehen“, ist sich Sebastian Steger sicher. „Momentan befindet sich die Blockchain-Technologie in der Finanzbranche noch in einer Testphase; marktfähige Anwendungen zeichnen sich aber jetzt schon ab.“ Mit einer breiteren Nutzung der Technologie rechnet man bei Roland Berger in drei bis fünf Jahren. Entsprechend sollten sich Finanzdienstleister jetzt schon vorbereiten, um sich frühzeitig Wettbewerbsvorteile zu sichern, raten die Münchner. 
Blockchain tritt in Konkurrenz
In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt wies Bundesbankvorstandsmitglied Dr. Andreas Dombret schon im April 2016 darauf hin, dass neue Technologien nicht nur IT-Infrastrukturen revolutionieren, sondern auch den Börsenhandel oder bestimmte Finanzkontrakte. „Der Verwaltungs- und Abstimmungsaufwand würde dadurch enorm sinken. Nicht selten werden daher für den Einsatz der Blockchain allein im Bankensektor Einsparungen im zweistelligen Milliardenbereich prophezeit“, schreibt Dombret.
Außerdem weist der Bundesbankvorstand darauf hin, dass die Blockchain mit bestehenden Systemen von Kreditinstituten und Marktinfrastrukturen in Konkurrenz treten könnte. „Das Vertrauen in einwandfrei abgewickelte Transaktionen und eine korrekte Verwaltung vertraglicher Beziehungen wird derzeit noch durch eine Vielzahl von Instanzen in und außerhalb von Kreditinstituten sichergestellt“, weiß Dombret.  
Das Ergebnis einer Recherche von portfolio institutionell zum Thema Blockchainfinden Sie hier. Darin kommen sowohl Befürworter als auch Kritiker der Blockchain zu Wort. Der Leser erfährt auch, was einer weitgehenden Verbreitung dieser Technologie derzeit im Wege steht. 
portfolio institutionell newsflash 28.03.2017/Tobias Bürger  
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