Pension Management
26. März 2012

Betriebsrente für Wandervögel

Die Verbreitung von internationalen Pensionsplänen hat 2011 weiter zugenommen. Das zeigt eine Umfrage von ­Towers Watson. Diese Lösungen werden vor allem für Expatriates eingerichtet. In Europa geht derweil die Harmonisierung der betrieblichen Altersversorgung, die einiges erleichtern soll, weiter.

International Pension Plans (IPP), bei denen Unternehmen grenzüberschreitend die Altersvorsorge ihrer Mitarbeiter organisieren, sind weiter auf dem Vormarsch. Das zeigt eine Auswertung von Towers Watson für das zurückliegende Jahr. Das Consulting-Unternehmen untersucht jährlich die Entwicklung der internationalen ­Pensionspläne und erfasste 2011 immerhin 337 solcher Konstrukte, die von 300 ­Unternehmen unterhalten werden. 2010 beschäftigte sich der Towers-Watson-Bericht erst mit 145 International Pension Plans, die von 132 Unternehmen getragen wurden.

Die Bereitschaft der Unternehmen, an dieser Umfrage teilzu­nehmen, und die Zahl neu eingerichteter Pläne spiegeln nach ­Auffassung von Towers Watson das wachsende Interesse an solchen Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung wider. Allein der Report von 2011 berichtet von 36 neu eingerichteten internationalen Pensionsplänen. Dabei kann man davon ausgehen, dass die tatsäch­liche Zahl noch darüber liegt, da sich keineswegs alle Firmen mit ­solchen Versorgungseinrichtungen an der Befragung des Consulting-Unternehmens beteiligten. Allerdings sind es nicht in erster Linie ­konzernumfassende Lösungen, die viele Tochtergesellschaften ­einschließen, sondern eher Versorgungen für Mitarbeiter, die von ­ihren Stammhäusern vorübergehend ins Ausland geschickt werden. Darauf deuten die Mitgliederzahlen hin, die Towers Watson für die untersuchten grenzüberschreitenden Pensionspläne ermittelt hat. Die Bandbreite reicht von weniger als zehn Arbeitnehmern bis zu mehr als 4.000. So gibt es immerhin 30 Pläne, die nur für eine bis neun ­Personen gelten. In fünf Fällen gab es sogar nur einen einzigen ­aktiven Arbeitnehmer. Alles in allem zeigt die Tendenz in Richtung kleinerer und mittlerer Versorgungssysteme, da sich bei 149 solcher
Pläne die Anzahl  der aktiven Mitarbeiter beziehungsweise ­Ver­sorgungs­­empfänger in der Spanne zwischen einer und 499 Personen bewegte, mit einem klaren Übergewicht der Pläne mit maximal bis zu 199 Arbeit­nehmern.

Die International Pension Plans kommen dann zum Einsatz, wenn für international mobile Mitarbeiter eine Versorgung ­eingerichtet werden muss, weil die Betriebsrente aus dem Heimatland nicht ­einfach fortgeführt werden soll oder kann und eine Versorgung über einen Plan des Gastlandes nicht sinnvoll ist. „Letzteres kann zum ­Beispiel der Fall sein, weil der Mitarbeiter nur für kurze Zeit in dem Gastland ist und es zu einer Zerstückelung der Altersversorgung ­kommen würde oder weil die lokalen rechtlichen Anforderungen eine Mitgliedschaft erschweren oder gar unmöglich machen“, schildert Ernst Schmandt, der bei Towers Watson die Studie betreut, einige Gründe. In den vergangenen Jahren wurden International Pension Plans vermehrt auch als „lokaler Pensionsplan“ in den Ländern eingesetzt, die keine guten Rahmenbedingungen für die betriebliche Altersversorgung besitzen, sei es, dass es an Anbietern mangelt, die die ­erforderlichen administrativen Leistungen übernehmen können, oder die Investmentmöglichkeiten beschränkt sind. „In diesen Fällen“, schildert Ernst Schmandt, „fehlt es auch oft an einer steuerlichen ­Förderung, so dass der internationale Plan keine wirklichen steuer­lichen Nachteile gegenüber einer lokalen Lösung hat.“

Die Arbeitnehmer in der jeweiligen ausländischen Unternehmenseinheit, also einschließlich der Expatriates, werden nur in 20 Prozent der untersuchten Pensionspläne mit einer Versorgung ausgestattet. Ein knappes Zehntel wurde zudem lediglich für ­Führungskräfte eingerichtet. Der Anteil der als Führungskräfte ausgewiesenen ­Empfänger von Versorgungszusagen ging im Laufe der vergangenen Jahre allerdings zurück. Towers Watson vermutet, dass die Arbeit­geber und Verwalter der Versorgungssysteme diese der größeren Gruppe der Expatriates zuordnen und keine Unterscheidungen ­vornehmen. 265 Pläne, und damit der weit überwiegende Anteil, ­enthalten Defined-Contribution-Zusagen. Damit setze sich ein Trend fort, so die Autoren der Studie. Defined-Benefit-Zusagen, bei denen ­eine feste Leistung des Arbeitgebers vereinbart wird und die vor allem in der Vergangenheit vorherrschten, existieren zwar noch, aber nur bei einem kleine Teil der International Pension Plans. Sie wurden aber meist nur für Einzelpersonen, vor allem für Führungskräfte vereinbart, weniger für ganze Beschäftigtengruppen.

Ernst Schmandt hat mit Blick auf die internationalen ­Pensionspläne noch einen weiteren Trend ausgemacht: „In der Vergangenheit wurde die steuerliche Dimension der International Pension Plans anders eingeschätzt. In vielen dieser Arrangements hat der Arbeitgeber zwar in Fußnoten auf die Pflicht zur steuerlichen Deklaration durch den Arbeitnehmer aufmerksam gemacht, alles Weitere aber dem ­Mit­arbeiter überlassen. Heute achten die Unternehmen viel stärker darauf, dass die Arbeitnehmer ihre steuerlichen Pflichten erfüllen. Schließlich ist der Arbeitgeber zur Abführung der Lohnsteuer verpflichtet.“ Die internationalen Pensionspläne haben nicht den Vorteil, dass der Arbeitnehmer erst im Versorgungsfall Steuern zahlen muss. Der ­Arbeitgeber gewährt lediglich einen zusätzlichen Verdienstbaustein, der für die Versorgung im Rentenalter angelegt wird. Daher ­ver­suchen viele deutsche Unternehmen, ihre Mitarbeiter bei einem Einsatz im Ausland im heimatlichen Versorgungswerk zu behalten.

_Mit Harmonisierung gegen Komplexität

In Europa geht derweil die Harmonisierung auch in der betrieb­lichen Altersversorgung weiter. Dafür gibt es auch ausreichend Grund. So betrachten viele Unternehmen die Aussichten auf die Bewältigung der Komplexität des europäischen Pensionsumsfelds immer noch als beängstigend und sogar abschreckend. Das stellten Thurstan Robinson, Erik Schouten und Heleen Vaandrager aus dem Bereich Global Pensions des niederländischen Versicherers Aegon im Rahmen ihres European Pension Survey fest, wofür sie unter anderem die Beauftragten für die betriebliche Altersversorgung in 15 führenden multinationalen Unternehmen mit Niederlassungen in Europa befragten. Nichtsdestotrotz kamen sie zu der Feststellung, dass der Trend zur Verbesserung und Zentralisierung der Verwaltung der bAV vorherrschend in Europa ist.

Die Europäische Kommission stellte Mitte Februar ihr Weißbuch zur Altersvorsorge vor. In der Öffentlichkeit wurde vor allem die empfohlene Anhebung des Renteneintrittsalters zur Kenntnis genommen. Zugleich wurde im Weißbuch aber auch angeregt, die Richtlinie zu Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (IOPR) zu ­überarbeiten. Damit soll zum einen die Sicherheit der betrieblichen Zusatzversorgungssysteme erhöht werden. Zum anderen sollen die Ruhestandsansprüche mobiler Arbeitskräfte geschützt und EU-weit die Einrichtung von Pensions- und Rentenaufzeichnungsdiensten ­gefördert werden. Viele bAV-Experten befürchten in diesem Zusammenhang eine Wiederbelebung der in den Jahren 2006 und 2007 ­gescheiterten Portabilitätsrichtlinie. Es könnte aber auch eine Chance sein, die Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Versorgungs­systeme generell zu verbessern. Im Sinne der Wirtschaft wäre das auf jeden Fall. Nach einer früheren Untersuchung der Personal­managementberatung Hewitt Associates, die inzwischen mit Aon ­fusioniert ist, plant ein Drittel aller internationalen Unternehmen bis 2015 die Entwicklung und Implementierung einer europaweiten ­Pensionslösung. „Die Europäische Kommission könnte den Weg ­ebnen mit der Schaffung eines koordinierten gesetzlichen Systems und gleichen Bedingungen für die Altersvorsorge“, schreiben die ­Autoren der Aegon-Studie „Global Pensions“. Als Idealzustand stellen sie sich einen 401(k)-Plan nach amerikanischem Muster für Europa vor. Damit könne ein einfaches, aber wirkungsvolles paneuropäisches Sparprodukt geschaffen werden, wozu allerdings Einstimmigkeit der europäischen Mitgliedsstaaten erforderlich wäre. Da dies eher ­unwahrscheinlich ist, wie frühere Auseinandersetzungen um die ­betriebliche Altersversorgung gezeigt haben, sehen Thurstan Robinson und seine Mitstreiter eine Alternative darin, die Umrisse eines solchen Plans in einer neuen „IOPR-Verordnung“ zu beschreiben. Damit hätten die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Wahl, ob sie dieses Modell in ihre eigene Arbeits- und Sozialgesetzgebung aufnehmen. Aber vielleicht muss die Europäische Kommission gar nicht so weit gehen, weil sich mittlerweile in den einzelnen Ländern schon praktikable Lösungen für grenzüberschreitende Pensions­instrumente entwickelt haben. So wurde in den Niederlanden die ­Pension Premium Institution (PPI ) entwickelt. Das Instrument ist für beitragsorientierte Versorgungsleistungen konzipiert, die in ganz ­Europa gemäß der IOPR-Richtlinie angeboten werden können. Die PPI ist von der niederländischen Körper­schaftssteuer befreit und kann die niederländischen Steuer­abkommen für Ertrags- und Kapitalsteuer auf ihre grenzüberschreitenden Anlagen geltend machen.

_Nutreco: Robeco statt Firmenpensionsfonds

Die Investmentgesellschaft Robeco hat unlängst den ersten ­Klienten für ihren im vergangenen Jahr zugelassenen Pensionsplan veröffentlicht. Seit Januar 2012 lässt der Futtermittelkonzern Nutreco seinen beitragsdefinierten Rentensparplan für seine mehr als 2.000 Mitarbeiter von Robeco verwalten. Im Gegenzug wurde der bisherige hauseigene niederländische Firmenpensionsfonds aufgelöst und die bisherigen Pläne auf den Robeco-PPI überführt. Der Pensionsplan ­Robeco PPI richtet sich an Firmen, die sich europaweit mit der ­Anpassung der betrieblichen Altersversorgung ihrer lokalen Tochtergesellschaften beschäftigen. Götz Feldmann, Geschäftsführer und Head of Institutional Sales bei Robeco Deutschland, rechnet sich Chancen aus, dass das PPI-Konzept für internationale Konzerne auch auf dem deutschen Markt von Interesse ist.

portfolio institutionell 16.03.2012

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