Schwarzer Schwan
21. Oktober 2016
Bescheidenheit ist eine Zier
Auf die Größe kommt es an.
Posen, protzen, prahlen: Dafür sind Japaner ganz sicher nicht bekannt. Bescheidenheit ist eine der Tugenden, die sie von klein auf eingeimpft bekommen. Als diese Lektion dran war, muss Masayoshi Son in der Schule gefehlt haben. Denn der Chef des japanischen Telekommunikationsriesen Softbank verfolgt alles andere als bescheidene Ziele. Getreu dem Motto „Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr“ plant er den weltgrößten Tech-Fonds – mit bis zu 100 Milliarden Dollar. Dabei will Softbank 25 Milliarden Dollar eigenes Geld in den nächsten fünf Jahren in den Softbank Vision Fonds stecken. Den größeren Teil steuert als „Lead-Investmentpartner“ der staatliche Public Investment Fonds (PIF) von Saudi-Arabien mit bis zu 45 Milliarden Dollar bei, wie aus einer entsprechenden Pressemitteilung hervorgeht. Mit ein paar anderen Großinvestoren, die namentlich nicht genannt werden, ist Softbank eigenem Bekunden nach im Dialog.
Seiner königlichen Hoheit, Vize-Kronprinz, Königssohn, Verteidigungsminister, Vize-Premierminister und PIF-Chef Mohammad bin Salman gefiel es zu verkünden: „Der Public Investment Fund ist auf die Vereinnahmung attraktiver langfristiger finanzieller Renditen im In- und Ausland fokussiert, genauso wie auf die Unterstützung der Vision-2030-Strategy des Königreichs, eine diversifizierte Ökonomie zu entwickeln“. Dazu zählt, dass man zwar vor kurzem den Fahrdienstvermittler Uber mit 3,5 Milliarden Dollar aus der königlichen Schatulle alimentierte – trotzdem aber Saudi-Arabien das einzige Land weltweit bleibt, in dem Frauen nicht selbst Autofahren dürfen. Uber kann man somit als ein nachvollziehbares Mission Investing sehen, um die Einnahmebasis der Fahrerdienstleistung für das herrschende Patriarchat durch den Ausschluss von Frauen noch zu hebeln. Zu „Diversifikation“ scheint Saudi-Arabien also ein besonderes Verständnis zu haben. Ebenso nachvollziehbar wird – auch mit Blick auf die Ämterhäufung – die charakterliche Beschreibung von Mohammed bin Salman durch die Wochenzeitung „Die Zeit“: „Extrem korrupt, raffgierig und arrogant.“
Doch zurück zum geplanten Technologiefonds: „Die Auflegung des Softbank Vision Fund erlaubt es uns, Investments in Technologieunternehmen weltweit zu intensivieren. Über die nächste Dekade wird der Vision Funds zum größten Investor im Technologiesektor. Wir werden die Informationsrevolution weiter beschleunigen“, erklärte Softbank-Chef Masayoshi Son in aller Bescheidenheit. Das klingt fast wie der Entrepreneur „Kim Dotcom“ Schmitz beziehungsweise King Kimble the First, Ruler of the Kimpire, der seine „Sharehoster“ Megauploud und Mega bewirbt. Um die Softbank-Visionen ins rechte Licht zu rücken, empfiehlt sich ein Blick in die Datenbank von Preqin. Die geplante Größenordnung des Vision-Fonds entspricht der Summe aller Gelder, die Venture-Capital-Fonds zwischen Anfang 2014 und Ende 2015 einsammeln konnten: 97,8 Milliarden Dollar. Der größte Venture-Capital-Fondsmanager „Tiger Global Management“ warb in den vergangenen zehn Jahren insgesamt zwölf Milliarden Dollar ein, gefolgt von New Enterprise Associates mit 10,7 Milliarden Dollar. Davon sind laut Preqin schätzungsweise 6,6 Milliarden beziehungsweise 2,7 Milliarden Dollar sogenanntes „Dry Powder“. In Anbetracht solcher Zahlen wirkt die Verkündung des US-amerikanischen Venture-Capital-Unternehmens Greylock vor wenigen Tagen ausnehmend bescheiden: Laut Bloomberg wurden für einen neuen Fonds Commitments in Höhe von einer Milliarde Dollar eingesammelt und die Assets under Management auf 3,5 Milliarden Dollar gesteigert.
Doch mit dem geplanten Mega-Fonds entsteht eine Win-win-win-Situation für alle Marktteilnehmer: Der Fonds wird nicht zum Schaden des General Partenrs sein, insbesondere wenn eine Einordnung als VC-Fonds gelingt. Bei Venture-Capital-Fonds sind nämlich Management Fees von 2,5 Prozent üblich. Dies ist höher als der Garantiezins von deutschen Lebensversicherungen, und bei 100 Milliarden kommt so jedes Jahr zusammen ein hübsches Sümmchen. Frohlocken werden aber auch alle anderen Beteiligungsfondsinitiatoren: Mit dem Softbank Vision Fund steht ein zuverlässiger Exit-Kanal für alle Trade-Sales-Abteilungen zur Verfügung. Nicht zu kurz werden auch die nach Kapital dürstenden Gründer von Unternehmen kommen, die nun mit dem Fonds einen Regenmacher haben. Fehlt noch eine Gruppe? Ach ja, die Investoren. Die haben zumindest noch einen Joker: Da die drei „Projekt-Macher“ alle einen Deutsche-Bank-Hintergrund haben, bleibt ihnen nach einem Commitment noch die Hoffnung, erfolgreich den Rechtsweg beschreiten zu können.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.
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