Bekenntnis zur Nachhaltigkeit
Ökologische, soziale und ethische Faktoren sollen in der Kapitalanlage der Allianz künftig eine größere Rolle spielen. Um ein entsprechendes Zeichen zu setzen, unterschrieb der Versicherungskonzern im vergangenen Jahr die UN PRI. Bei der strategischen Umsetzung von Nachhaltigkeitsthemen steht man noch am Anfang.
_Die Allianz hat im August 2011 die Principles for Responsible Investment (PRI) der UN unterzeichnet. Wann und wie kam es zu dieser Entscheidung?
Die Allianz hat 2010 begonnen, Möglichkeiten zu analysieren, wie ESG-Faktoren (Environmental, Social and Corporate Governance) systematisch in die Investmententscheidungen unserer Eigenanlage integriert werden können. Die Unterzeichnung der UN PRI war ein wichtiger und auch logischer erster Schritt in diesem Kontext. Wir wollen dieses globale Netzwerk als eine Lernplattform für unsere ESG-Strategie nutzen.
Die Allianz SE als Asset Owner und Pimco haben im August 2011 die Prinzipien unterschrieben. Wir haben uns damit den Allianz-GI-Einheiten RCM, Allianz GI Korea und Allianz GI Investments Europe angeschlossen, die die UN PRI bereits unterschrieben hatten. 95 Prozent unserer gesamten Assets under Management sind damit durch dieses Commitment abgedeckt. Unsere gesamten Eigenanlagen von 461,1 Milliarden Euro fallen unter unsere ESG-Richtlinie und unser Commitment zu den UN PRI als Asset Owner.
_Was war die Motivation hinter dieser Entscheidung?
Als institutioneller Investor stehen wir in der Verantwortung, langfristig im besten Interesse unserer Kunden zu handeln. In Bezug auf unser ESG-Projekt haben wir uns für einen schrittweisen Lern- und Entwicklungsprozess entschieden, bei dem wir auf bestehender Praxis aufsetzen und die Konsistenz über Asset-Klassen und Regionen verbessern.
_Nachhaltigkeitsskeptiker übten früher die Kritik: Wollen Sie Nachhaltigkeit oder Performance? Inwiefern lassen sich Nachhaltigkeit und Performance verbinden? Schließt das eine das andere aus?
Wir glauben, dass die Berücksichtigung von ESG-Kriterien in unserem Investmentprozess zu einer nachhaltigen Investment-Performance beitragen wird.
_Wie intensiv musste eigentlich intern Überzeugungsarbeit geleistet werden, zum Beispiel bei Ihren Investmentmanagern und anderen Mitarbeitern?
Eine nachhaltige Investment-Performance, ein reduziertes Fat-Tail-Risiko, der Schutz unserer Reputation und die Verantwortung gegenüber unseren Versicherungskunden sind überzeugende, geschäftliche Gründe, die auch unsere Investmentmanager teilen. Pimco sowie die Allianz-GI-Einheiten RCM, Allianz GI Korea und Allianz GI Investments Europe haben, wie bereits erwähnt, ebenfalls die UN PRI unterzeichnet und verschiedene Ansätze für nachhaltiges und verantwortliches Investieren etabliert.
_Wie werden Sie die ESG-Themen implementieren? Gibt es Leitlinien vom Konzern, die jedes Land separat für sich umsetzt?
In einem ersten Schritt haben wir ein ESG Advisory Board eingerichtet, um die Erfahrungen unserer Senior-Management-Mitglieder aus verschiedenen Bereichen der Allianz-Gruppe zu bündeln. Das ESG Advisory Board ist mit verantwortlichen Experten und Managern aus den Bereichen Investmentmanagement, Asset Management, Risikomanagement, Kommunikation und unserem internen Corporate-Responsibility-Bereich, Allianz4Good, besetzt. Unterstützt wird dieses ESG Advisory Board von einem Projektteam auf Gruppenebene und ESG-Experten in all unseren fünf lokalen Investment-Management-Standorten rund um die Welt.
Das ESG Advisory Board trifft sich einmal pro Quartal und gibt Empfehlungen an das Allianz Group Finance Committee, wo letztlich die Entscheidungen zu allen ESG-Themen getroffen werden. Diese Governance-Struktur gibt uns die Möglichkeit, von einer regional wie auch funktional breiten Erfahrungspalette zu profitieren, und stellt sicher, dass die Entscheidungen zu allen ESG-Themen auf Vorstandsebene der Allianz SE getroffen werden. Bezüglich konkreter Tools haben wir eine ESG-Direktive an unsere Asset Manager aufgesetzt und eine ESG-Ausschlussrichtlinie bereits implementiert.
Unsere ESG-Direktive an die Asset Manager wird Erwartungen und Richtlinien setzen, wie wesentliche ESG-Faktoren in die Investmententscheidungs- und Portfoliokonstruktionsprozesse einzubinden sind. Die Asset Manager entscheiden dann selbstständig, wie diese ESG-Faktoren umgesetzt werden. Unsere ESG-Ausschlussrichtlinie auf der anderen Seite ist bereits auf globaler Ebene implementiert und deckt alle unsere eigenen Assets ab. Von unseren Asset Managern verlangen wir, dass sie auf jegliche Aktivitäten in Bereichen verzichten, die auf der Ausschlussliste stehen. Dazu zählen derzeit die Bereiche kontroverse Waffen und Staaten.
_Was waren Ihre ersten Maßnahmen, die Sie hinsichtlich der Umsetzung von ESG-Themen getroffen haben?
Als erste ESG-Maßnahme haben wir unsere ESG-Ausschlussrichtlinie umgesetzt und sichergestellt, dass wir unsere eigenen Assets – Aktien und Bonds – nicht in Unternehmen investieren, die nachweislich in den Bereichen Streumunition, Landminen, biologische oder chemische Waffen tätig sind. Bis Ende 2011 haben wir alle bestehenden Investments verkauft, die unter diese Ausschlusspolitik fielen. Zusätzlich haben wir ein Monitoring-System aufgesetzt, um die Einhaltung dieser Regeln überwachen zu können.
In einem nächsten Schritt werden wir ein umfassendes Training von einem externen Berater durchführen lassen, um ein Bewusstsein und besseres Verständnis für Nachhaltigkeit und ESG im Allgemeinen zu erzeugen. Sowohl die Mitglieder unseres ESG Advisory Boards wie auch unsere lokalen ESG-Experten werden an dem Training teilnehmen. Nach dem Training werden wir damit beginnen, unsere ESG-Direktive an die Asset Manager auszurollen, und sie dazu auffordern, ESG-Faktoren systematisch in ihre Investmententscheidungen durch ESG-Research, Unternehmens- und Länderanalysen et cetera einzubeziehen. Parallel dazu werden wir weiter unsere globale ESG-Strategie ausarbeiten und definieren.
_Die Datenqualität muss gesichert sein. Arbeiten Sie mit einem eigenen Research oder nehmen Sie externe Hilfe in Anspruch?
Wir haben einen externen Berater engagiert, der für uns Unternehmen identifiziert und beurteilt, die in den Bereichen Streumunition, Landminen sowie biologische und chemische Waffen tätig sind. Der gesamte ESG-Prozess hat von der Expertise der spezialisierten ESG-Portfoliomanager und -Analysten unserer Asset-Management-Einheiten profitiert. Deren Erfahrung und Track Record waren maßgeblich, um die richtigen Fragen zu stellen und ein strategisch und operativ angemessenes Set-up zu finden.
_Welche Ansätze werden Sie nutzen, um ESG-Themen in Ihrer Kapitalanlage umzusetzen?
Unsere Ausschlussrichtlinie für kontroverse Waffen war unser erster Ansatz. Dieser basiert auf internationalen Konventionen. Daneben schließen wir Staatsanleihen, direkte Investments in staatseigene Unternehmen und andere Wertpapiere, die direkt oder indirekt vom Staat begeben wurden, aus, wenn dieser Staat vom Allianz Group Finance Committee oder dem ESG Advisory Board als kontrovers erachtet wird. Bezüglich anderer ESG-Themen und weiterer ESG-Ansätze haben wir noch keine Entscheidung getroffen.
_Was bedeutet es, wenn Sie von kontroversen Staatsanleihen sprechen? Welche Staatsanleihen und direkten Investments in staatseigene Unternehmen werden als kontrovers erachtet? Können Sie ein Beispiel geben?
Wir sind besonders vorsichtig mit Investitionen in Gebieten, in denen es politische Konflikte gibt. Wir haben eine Ausschlussliste für unsere Asset Manager, die allerdings nicht öffentlich ist. Wir kommentieren keine Einzelinvestments oder Nicht-Investments.
_Durch den Ausschluss bestimmter Investments wird das Investmentuniversum kleiner. Ist das ein Problem für Sie als großer Investor? Ist die Diversifikation breit genug?
Unsere Ausschlussrichtlinie beinhaltet im Wesentlichen Unternehmen, die im Bereich kontroverse Waffen nachweislich tätig sind. Derzeit ist kein anderer Sektor ausgeschlossen. Auch unter Berücksichtigung von ESG-Kriterien sind unsere Diversifikationsmöglichkeiten breit genug.
_Welche Ziele und Zeitpläne haben Sie? Bis wann sollen die UN PRI final auf der Investmentseite implementiert sein? Gibt es einen Ablaufplan?
Wir haben gerade erst die UN PRI unterzeichnet. Wir nehmen das Thema ernst und sind uns unserer Verantwortung als großer Player im Markt voll bewusst. Wir sehen die Chance, als großer Investor dazu beizutragen, ESG im Markt zu etablieren.
Als große und globale Organisation müssen wir Unterschiede in den Regionen und Asset-Klassen berücksichtigen. Hinzu kommt, dass wir eine hohe Verantwortung gegenüber unseren Anteilseignern und der gesamten Gesellschaft haben, weil unsere Entscheidungen Einfluss haben können, allein aufgrund der Größe unserer Investments, die unter unsere ESG-Richtlinien fallen. Deshalb ist die Implementierung einer konsistenten ESG-Strategie komplexer als bei einem Nischen-Player oder speziellen SRI-Fonds. Die Implementierung der UN PRI wird niemals abgeschlossen sein. Es ist vielmehr eine langfristige Reise, und wir sind im Moment noch am Beginn eines Lern- und Entwicklungspfades.
_Bei Aktieninvestments lässt sich Nachhaltigkeit vergleichsweise einfach implementieren. Im Bondsportfolio ist das schwieriger, oder?
Unsere Ausschlussrichtlinie bezüglich kontroverser Waffen betrifft Aktien und Unternehmensanleihen. Daneben investieren wir – wie eben beschrieben – nicht in von uns als kontrovers eingestufte Staaten. Weitere ESG-Themen werden in den nächsten zwei Jahren analysiert. Fixed Income, indexorientierte und passive Instrumente sind sicherlich die Gebiete, die wir in den kommenden Jahren noch intensiver untersuchen müssen.
_Wie sieht es mit ESG-Kriterien in anderen Asset-Klassen, wie Private Equity, aus?
Direkte Private-Equity-Investments werden von unserer Ausschlussrichtlinie abgedeckt.
_Und wie steht es mit Nachhaltigkeit bei Immobilieninvestments?
Allianz Real Estate hat vor zwei Jahren ein Nachhaltigkeitsprogramm gestartet, das den Fokus auf folgende drei Themen legt: erstens Transparenz schaffen, indem relevante Informationen, wie zum Beispiel zum Energieverbrauch, über Immobilien gesammelt werden, zweitens die derzeitige Nachhaltigkeits-Performance der Objekte prüfen und drittens Ziele zur Verbesserung der Nachhaltigkeits-Performance auf Asset- und Portfolioebene festlegen. Für unsere Kernprozesse im Investment- und Asset Management gelten bereits jetzt verbindliche Nachhaltigkeitsstandards. Das beinhaltet zum einen die Überprüfung von Nachhaltigkeitskriterien im Entscheidungsprozess für neue Investments, zum anderen werden Kennzahlen zur Messung der Nachhaltigkeits-Performance des bestehenden Immobilienportfolios angewendet. Darüber hinaus setzt sich Allianz Real Estate dafür ein, die Nachhaltigkeits-Performance ihrer Gebäude weiter zu verbessern, und hilft dadurch gleichzeitig den Mietern, die laufenden Kosten zu reduzieren. Die Zertifizierung von Green Buildings wird bei Renovierungsprojekten und Neubauimmobilien angestrebt. Für bereits bestehende Gewerbeimmobilien in unserem Portfolio nutzen wir die Green-Rating-Methode, um so die aktuelle Performance zu bestimmen und das Verbesserungspotenzial zu erkennen.
_Seit Herbst investieren Sie in Waldschutz in Entwicklungs- und Schwellenländern. Wie kam es dazu? Und was erwarten Sie sich von diesen Investments in Waldschutz?
Zusätzlich zu unserem freiwilligen Commitment, die Kohlenstoffemissionen der eigenen Geschäftstätigkeiten zu reduzieren, wird die Allianz von 2012 an ihre verbleibenden Emissionen durch direkte Investments in Waldprojekte (REDD), die Zertifikate erzeugen, neutralisieren. Nur einige dieser Zertifikate werden für die Gewährleistung der Emissionsneutralität erforderlich sein. Die anderen können verkauft werden und erwirtschaften zusätzlich zum Klimaschutz einen finanziellen Return.
_Was genau sind das für Investments?
Zu diesen Investments zählt unter anderem Wildlife Works Carbon (WWC). Die Allianz fördert dabei den Waldschutz in Entwicklungs- und Schwellenländern durch den Kauf eines zehnprozentigen Anteils an WWC. Das ist eine Organisation, die Projekte zur Verringerung von Emissionen durch Abholzung und Waldschädigung entwickelt. Das erste Projekt ist ein 208.000 Hektar großes Waldstück im Südosten Kenias, ein Korridor zwischen zwei Nationalparks, der von der Rodung bedroht war. Während der 30-jährigen Lebensdauer dieses Projektes werden bis zu 36 Millionen Tonnen Kohlendioxidemissionen vermieden und eine entsprechende Zahl an Emissionsrechten erzeugt.
Durch Investitionen bei Wildlife Works Carbon hebt die Allianz solche Projekte als attraktive Investmentmöglichkeit hervor,
weil sie ein hohes Maß an sozialer und ökologischer Verantwortung mit einem konkurrenzfähigen Return für Investoren kombinieren.
Neben den Investments bei WWC investieren wir auch bei C-Quest Capital (CQC), und finanzieren ein Energiesparprogramm, das CQC in Indien realisiert. Dieses Programm ersetzt Glühbirnen in Privathaushalten durch energiesparende, kompakte Leuchtstofflampen. Ungefähr 8,5 Millionen Glühbirnen werden ausgetauscht, was den Energieverbrauch in Wohnungen reduziert und über einen Zeitraum von zehn Jahren 3,7 Millionen Tonnen Kohlendioxidemissionen vermeidet.
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