Pensionsfonds
22. Februar 2016

bAV-Angebote unzureichend

Mitte Februar diskutierten Fachleute auf dem 17. „MCC-Kongress Zukunftsmarkt Altersvorsorge“ in Berlin aktuelle Entwicklungen in der privaten, betrieblichen und gesetzlichen Altersversorgung. Mit Spannung wurden vor allem Vorschläge zur Ausweitung der betrieblichen Vorsorge erwartet.

Für ihre Chefin Andrea Nahles berichtete Yasmin Fahimi, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), über die Pläne des Ministeriums, das Betriebsrentengesetz zu ändern. Diese Überlegungen rund um den Entwurf eines neuen Paragrafen 17b, der gemeinsame Versorgungseinrichtungen der Tarifpartner erlauben würde, haben sich seit einem Jahr kaum geändert. Es existiert lediglich ein Diskussionsvorschlag für das „Sozialpartnermodell Betriebsrente“, also noch nicht mal ein Referentenentwurf für eine Gesetzesänderung.
Speziell in der bAV seien „vor allem mehr niederschwellige Angebote nötig“, erklärte Fahimi. Bislang hätten zwar 60 Prozent aller Arbeitnehmer bAV-Ansprüche, meist jedoch nicht in KMU und vor allem nicht die Geringverdiener. Letztere verortete sie bei einem Monatseinkommen von unter 1.500 Euro brutto. „In dieser Einkommensklasse haben 42 Prozent weder einen Riester- noch einen bAV-Vertrag“, so die Staatssekretärin.
Vorhandene Sozialpartner-Lösungen, wie Metallrente und den Chemie-Pensionsfonds, sowie vorhandene bAV-Einrichtungen sollen nicht in Frage gestellt werden. Man wolle nichttarifgebundenen Firmen (KMU) Zugang zu einer „Haftungsgemeinschaft“ ermöglichen. Unterm Strich gehe es „um das Vereinfachen und Ausbauen der bAV über ein Sozialpartner-Modell“. Offen ist aber, ob es einen gemeinsamen Entwurf der beiden Ministerien BMF und BMAS  geben wird.
Der Wille scheint auf Seiten des BMF durchaus vorhanden zu sein. „Wir versuchen in der Regierung eine einheitliche Position zu entwickeln und den steuerlichen und sozialrechtlichen Rahmen in der betrieblichen Altersversorgung zu verbessern“, ließ Dr. Michael Meister, parlamentarischer Staatssekretär im BMF, am zweiten Tag des Kongresses wissen. Allerdings scheint er die Begeisterung über das vorgeschlagene Sozialpartner-Modell seiner BMAS-Kollegin als bestmöglicher Weg, um die bAV zu vereinfachen und auszubauen, nicht gänzlich zu teilen. Er habe die kritischen Reaktionen zur Kenntnis genommen. „Wir werden am Ende weder der Arbeitgeber- noch der Arbeitnehmerseite etwas überstülpen“, so Meister.
Eine dieser kritischen Reaktionen kam vom Pensionssicherungsverein (PSV). Der Punkt, um den es geht, betrifft die Insolvenzsicherung in Höhe der Mindestleistung, die der PSV übernehmen soll. Die Beitragsbemessungsgrundlage wurde dabei jedoch offen gelassen. „Das hat uns überrascht. Man hat uns als Beteiligte zu Betroffenen gemacht“, bemerkte Hans Melchiors, Vorstandsmitglied des PSV, in seinem Vortrag auf dem Kongress. „Man kann nicht einfach die bestehende Insolvenzsicherung auf die Insolvenzsicherung einer Versorgungseinrichtung übertragen. Das ist ein Paradigmenwechsel“, fügte er hinzu. Der PSV sei eine zuverlässige und rechtssichere Einrichtung, die seit über 40 Jahren funktioniert. „Wenn man jetzt dort eingreift, bedeutet das unter Umständen, dass wir unsere Rechtssicherheit verlieren“, mahnte Melchiors. Das könnte das System ins Wanken bringen.
Was die bAV-Produkte angeht, so führen die Niedrigzinsphase und Solcency II geradewegs zu Produkten mit weniger Garantien. „Die Umstellung der Geschäftsmodelle der Lebensversicherer in diese Richtung sind unausweichlich“, betonte Dr. Johannes Lörper in seinem MCC-Vortrag. „Ein Lebensversicherer muss das Kapital heute im Schnitt zehn Jahre anlegen, um die vereinbarte Garantie darstellen zu können“, erklärte der Vorstand der Ergo Lebensversicherung.
Auch in der bAV kommen daher tendenziell mehr kapitalmarktnahe Produkte und eine modernisierte klassische Lebensversicherung („Klassik light“) zum Einsatz. Es gebe verschiedene Möglichkeiten, Garantien zu reduzieren. So lässt sich der Rechnungszins bei optionalen Leistungserhöhungen wie Dynamik anpassen. Oder man bietet nur Abschnittsgarantien und legt die Garantiehöhe zum Beispiel zu Rentenbeginn neu fest. Oder stärkt die Beteiligung des Kunden an den Schlussüberschüssen zulasten laufender Überschüsse.
Man kann auch im Rentenbezug eine Schlussüberschussbeteiligung einführen, so Lörper. Oder eine Mindestrente statt eines Rentenfaktors garantieren. „Der Verzicht auf hohe nominale Garantien dürfte am Ende der beste Weg sein“, meinte der Versicherungsmathematiker. Allerdings sagte er nicht, für wen das der beste Weg ist. Arbeitnehmer würden damit künftig in der bAV tendenziell ihre bislang gesetzlich festgeschriebene Beitragsgarantie verlieren. Zur Erinnerung: Eine reine Beitragszusage, mithin das Versprechen des Arbeitgebers, einen bestimmten Beitrag in eine Altersvorsorge einzuzahlen und dem Arbeitnehmer das Kapitalanlagerisiko zu überlassen, ist in Deutschland nicht möglich. Der Arbeitgeber haftet immer für die abgegebene Zusage.   
portfolio institutionell newsflash 18.02.2016/Detlef Pohl und Kerstin Bendix
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