Pensionskassen
4. November 2016

Baustelle Anlageverordnung

Die Regulierungsvorschriften von Solvency II sorgen für Gesprächsstoff bei VAG-Anlegergruppen. Ein wichtiger Aspekt: die Anwendbarkeit der Anlageverordnung. Über die formale und inhaltliche Baustelle, deren Baufortschritte und Bauabschnittspläne informierte Dr. Ulrich Krüger vom ABV auf einer Konferenz.

Anfang 2016 war es soweit: Solvency II trat in Kraft und die ­Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens von Ver­sicherungsunternehmen, vulgo Anlageverordnung (AnlV), schrumpfte zur Verordnung über die Anlage des Sicherungsvermögens von Pensionskassen, Sterbekassen und kleinen Versicherungsunternehmen. ­Formal betrachtet war allerdings, wie Marcus Hermsen von der Deka in einem Beitrag für die Börsen-Zeitung schrieb, zum Jahres­anfang gar keine Anlageverordnung in Kraft. „Denn eine Folge der VAG-­Änderung zum 1. Januar 2016 war, dass die im bisherigen Gesetz ­enthaltenen Verordnungsermächtigungen außer Kraft und neue, ­inhaltlich geänderte Verordnungsermächtigungen an ihre Stelle ­getreten sind. Im Rahmen dessen wurde die Anlageverordnung vom 3. März 2015 zwar aufgehoben, jedoch nicht durch eine neue Fassung ersetzt. In der Branche orientierte man sich deshalb an der Anlageverordnung vom März 2015 und an dem Referentenentwurf vom 23. September 2015, mit dem das ‚Vakuum‘ wieder gefüllt werden sollte. Seit dem 18. April 2016 liegt die neue Verordnung über die Anlage des ­Sicherungsvermögens von Pensionskassen, Sterbekassen und kleinen Versicherungsunternehmen vor.“

Für berufsständische Versorgungswerke ist die Anlageverordnung jedoch nicht unmittelbar anzuwenden, da zunächst die jeweiligen Landesaufsichten die Verordnung für anwendbar erklären müssen. Dieser Prozess ist noch nicht in jedem Bundesland abgeschlossen, wie Dr. Ulrich Krüger, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft ­berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) für Kapitalanlage­fragen, auf einer Veranstaltung des Fachkreises „Kapitalanlagen & ­Asset Management“ berichtet.

Es gibt jedoch nicht nur eine formale, sondern auch eine inhalt­liche Baustelle, die für die Geschäftsführer der einzelnen Versorgungswerke eine keinesfalls geringere Relevanz haben dürfte. Die deutlich modifizierte Anlageverordnung vom März 2015 lässt nämlich, so Krüger, „Zweifelsfragen offen.“ Als Beispiele führt Krüger ­unter anderem „Sonstige Unternehmensdarlehen“, die „Einordnung von Eltifs“, die „Behandlung von Kreditfonds“ oder den „zulässigen Leverage von Immobilien-AIF“ an. Man warte darum noch auf ein konkretisierendes Rundschreiben der Bafin.

Mit diesem rechnet ­Ulrich Krüger für Anfang 2017. Bis dahin bleibt der Branche die ­Spannung erhalten, ob die Konkretisierungen restriktiver oder ­liberaler ausfallen werden. Bezüglich der Anlagefreiheiten sind die Versorgungseinrichtungen der freien Berufsstände zumindest nicht unzufrieden. „Generell bietet die Anlageverordnung berufsständischen Versorgungswerken einen adäquaten Anlagespielraum“, ­erklärt ­Krüger. „In Teilbereichen erweist sich die Anlageverordnung aber ­zunehmend als zu eng.“ Manche Versorgungswerke stoßen in ­bestimmten Asset-Klassen bereits an die in der Verordnung festgelegten Maximalwerte. Temporär wurden auch in Einzelfällen bereits Überschreitungen geduldet. Nicht auszuschließen ist, dass es – eventuell sogar noch im vierten Quartal – zu einer Lockerung der Quoten kommt. Krüger nennt als mögliches Beispiel eine von der Aufsicht ­genehmigte Verdoppelung der Öffnungsklausel von fünf auf zehn Prozent. Voraussetzung für eine entsprechende Genehmigung im Einzelfall durch die Aufsichtsbehörde wäre vor allem eine ausreichende­ Risikotragfähigkeit des Versorgungswerks.

Am Horizont: eine spezifische Anlageverordnung
Ein längerfristiges Projekt ist jedoch eine spezifische Anlageverordnung für Versorgungswerke. Schließlich gilt die Anlageverordnung nur noch für einen eingeschränkten VAG-Anlegerkreis. „Wir ­haben Zweifel, ob noch eine weitere Pflege der Anlageverordnung ­erfolgt“, so der ABV-Geschäftsführer. Zudem unterscheiden sich die Alters­vorsorgeeinrichtungen der Berufsständler auch mit Blick ­beispielsweise auf den langen Anlagehorizont sowie das Fehlen von Garantien und Stornorisiken von den anderen Anwendergruppen der Anlageverordnung. „Bis zu einer spezifischen Anlageverordnung für Versorgungswerke ist es jedoch noch ein langer Weg“, wirft Ulrich Krüger einen Blick in die Zukunft.
Neuer ABV-Leitfaden Risikomanagement
Bereits veröffentlicht wurde dagegen Anfang 2016 ein neuer ABV-Leitfaden für das Risikomanagement. Dieser Leitfaden stuft die ­Versorgungswerke in drei Stufen ein, die wiederum Anforderungen an die Ausgestaltung der Kapitalanlage und die Eigenmittelaus­stattung bestimmen. Die Stufe 1 enthält die Mindestanforderungen, die jedes Versorgungswerk erfüllen muss. Zunehmend seien Versorgungs­werke aber auch in Stufe 3 angesiedelt, die die höchsten Anforderungen enthält.

Von Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 10/2016

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