Banken
5. März 2025

Banken verschärfen Kreditvergabe

Umfrage unter Fachleuten aus 120 Banken: Mehrheit rechnet mit Zunahme von Kreditausfällen und Non-Performing Loans. Probleme sehen die Institute vor allem im Baugewerbe und bei Automotive.

Die Lage auf dem deutschen Kreditmarkt bleibt angespannt, notwendige Finanzierungen werden für Unternehmen immer schwieriger. Das zeigt der neue Kreditmarkt-Monitor, für den der internationale Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater Deloitte Ende 2024 Führungskräfte und Kreditfachleute aus 120 Instituten in Deutschland befragt hat. Demnach haben zwei von drei der befragten Banken 2024 ihre Kreditvergabestandards – auch im Zusammenhang mit zahlreichen neuen EU-Regularien – deutlich verschärft.

25 Prozent sehen Financial Covenants vor

Knapp ein Viertel der befragten Institute setzt auf sogenannte Financial Covenants, die eine Verpflichtung zur Einhaltung festgelegter finanzieller Anforderungen festlegen, etwa die maximale Verschuldung gemessen am Nettoverschuldungsgrad. Immerhin 17 Prozent wollen aus strategischen Gründen ihr Neugeschäft reduzieren.

Auch erwarten 76 Prozent der Befragten eine Zunahme von Kreditausfällen bei Veränderungen der makroökonomischen Rahmenbedingungen. Gut zwei von fünf Umfrageteilnehmern gehen aufgrund von Konflikten wie in der Ukraine und im Nahen Osten von einer Verschlechterung des gesamten Geschäftsumfelds aus.

Kreditvergabe im Spannungsfeld von NPL und leichtem Anstieg

Dabei bleiben die konjunkturellen Aussichten in Deutschland ebenso getrübt wie die Stimmung der Kreditinstitute. Fast die Hälfte der Institute bewertete die gesamtwirtschaftliche Lage Deutschlands Ende 2024 als schlecht oder sogar sehr schlecht. Zugleich prognostizieren die Finanzexperten eine Zunahme der Kreditvergabe in den kommenden zwölf Monaten: 53 Prozent erwarten einen leichten Anstieg, weitere drei Prozent sogar ein deutliches Plus.

„Die aktuelle Lage im Kreditmarkt scheint widersprüchlich“, sagt Christoph Rössle, Partner Deloitte: „Einerseits haben die Institute ihre Vergabekriterien deutlich nachgeschärft und erwarten überwiegend einen Anstieg bei der Kreditvergabe, andererseits sehen viele Banken eine drohende Zunahme von Non-Performing-Loans (NPL) und Kreditausfällen. In diesem Spannungsfeld wird es für Banken immer herausfordernder, Geld für Unternehmen bereitzustellen“, so Rössle.

Auch Gewerbeimmobilien und Einzelhandel betroffen

Wegen spezifischer Probleme ist es für Unternehmen bestimmter Branchen laut Einschätzung der Befragten besonders schwer, neue Kredite bewilligt zu bekommen. Als besonders kritischen Fall sehen 63 Prozent der befragten Banken das Baugewerbe, wo sich trotz der jüngsten Zinssenkungen das anhaltend höhere Zinsniveau – in Verbindung mit gestiegenen Baukosten – bemerkbar macht.

Ebenfalls problematisch stufen 50 Prozent den Immobiliensektor ein, was vor allem auf den Entwicklungen bei Gewerbeimmobilien basiert: So haben sich Arbeitstage im Homeoffice etabliert, was die Nachfrage nach Büroflächen drossele. Und Einzelhändler müssten weiterhin mit ihren teuren Handelsflächen im Wettbewerb mit dem Onlinehandel bestehen, berichtet Deloitte. Auch für die Automobilindustrie und ihre Zulieferer werde es schwieriger, Fremdkapital zu bekommen –  43 Prozent der Institute sehen vor allem die zunehmend schwierige Position der deutschen Autohersteller im chinesischen Markt sowie die Herausforderungen durch die Umstellung auf Elektromobilität als herausfordernd für die Vergabe neuer Kredite.

Renewables können punkten

Auffällig ist hingegen die hohe Kreditwürdigkeit Erneuerbarer Energiequellen: Nur zwei Prozent der Institute rechnen mit Komplikationen bei der Fremdkapitalfinanzierung im Bereich der Erneuerbaren Energien. In dieses Bild passe auch der immer stärker werdende Einfluss der ESG-Kriterien auf die Neukreditvergabe, schreibt Deloitte: 91 Prozent der Befragten erwarten langfristige Auswirkungen der Nachhaltigkeitsbewertung auf das Volumen der Neukredite, mittelfristig sind es 88 Prozent. Aktuell indes seien die ESG-Auswirkungen für viele Institute noch überschaubar, nur 43 Prozent rechnen mit kurzfristigen Auswirkungen.

„2025 wird – nicht zuletzt infolge der politischen Veränderungen in den USA und Deutschland – ein entscheidendes Jahr für die deutsche Wirtschaft“, so Christoph Rössle. Banken und Unternehmen müssten sich daher weit über das laufende Jahr hinaus auf ein neues Umfeld einstellen, betont Rössle: „Es wird noch wichtiger, geopolitische und geoökonomische Kompetenzen zu entwickeln, Trends und Risiken zu identifizieren und diese in die Strategie hinsichtlich der Standort-, Lieferketten- und Kreditentscheidungen zu integrieren. Die zweite Hälfte der 2020er Jahre dürfte sehr stark von diesen Entwicklungen geprägt werden.“

Autoren:

Schlagworte: | | | |

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert