Bahnbrechende Grundsatzentscheidung zur Besteuerung und Gewerblichkeit von PE-Fonds
Gemäß einer Entscheidung des BFH sind Gewinne aus ausländischen Private-Equity-Fonds als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, für die auch die Anwendung der Freistellungsmethode eines Doppelbesteuerungsabkommens in Betracht kommt. Dies kann zu steuerlich positiven Effekten führen, für steuerbefreite Investoren aber nachteilig sein.
Am 26. Oktober hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine bahnbrechende Grundsatzentscheidung vom 24. August 2011 zu den steuerlichen Folgen einer Anlage in ausländische Private-Equity-Fonds veröffentlicht. Demnach sind Gewinne aus ausländischen Private-Equity-Fonds für deutsche Investoren grundsätzlich als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, für die auch die Anwendung der sogenannten Freistellungsmethode eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) in Betracht kommt.
Anlass der Entscheidung war die Beteiligung deutscher institutioneller Investoren an einem englischen Private-Equity-Fonds. Die deutschen Investoren, Tochtergesellschaften eines inländischen Finanzdienstleistungsunternehmens, waren neben weiteren institutionellen Anlegern aus verschiedenen Staaten als sogenannte Limited Partner an einer Limited Partnership mit Sitz in London beteiligt. Im Hinblick auf die Verteilung der Geschäftsführungsbefugnisse in dem Fonds erfüllte diese die Voraussetzungen einer sogenannten gewerblich geprägten Personengesellschaft im Sinne des deutschen Steuerrechts.
_Investoren machen Freistellung geltend
Der englische Private-Equity-Fonds schaltete eine ebenfalls in England ansässige Gesellschaft für das laufende Investmentmanagement ein. Der Fonds verfügte über eine Investitionsphase von vier Jahren sowie eine anschließende Realisationsphase. Schwerpunkt der Anlagetätigkeit waren kleinere und größere Buy-outs in der Form des Management-Buy-outs/Leverage-Buy-out mit regionalem Schwerpunkt auf Großbritannien. Insgesamt erwarb der Fonds 22 Unternehmensbeteiligungen mit einer Beteiligungsquote zwischen drei und 61 Prozent. Die durchschnittliche Beteiligungsdauer betrug vier Jahre; die Beteiligungserwerbe wurden fremdfinanziert.
Die Investoren haben die Beteiligung an dem Private-Equity-Fonds als gewerbliche (tätige) Personengesellschaft qualifiziert und unter Berufung auf das Doppelbesteuerungsabkommen mit Großbritannien eine vollständige Steuerfreistellung der Gewinne (Dividenden, Zinsen sowie Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen) geltend gemacht. Die Finanzverwaltung hatte zwar die sogenannte gewerbliche Prägung der Personengesellschaft anerkannt, jedoch eine „gewerbliche Tätigkeit“ unter Hinweis auf ein BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2003 abgelehnt, da anhand der darin aufgestellten Kriterien der englische Private-Equity-Fonds grundsätzlich eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt.
Diese Kriterien zur Abgrenzung von vermögensverwaltend versus gewerblich tätigen Personengesellschaften hat seit vielen Jahren die Praxis im Rahmen der Ausgestaltung von Anlagen in ausländische Private-Equity-Fonds (sowie sogenannte opportunistische Immobilienfonds) geprägt. Auch wenn selbst unter Anwendung der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung typischerweise ein wesentlicher Teil der Erträge aus ausländischen Private-Equity-Fonds – insbesondere die Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen an Portfoliounternehmen – für deutsche institutionelle Anleger in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft weitgehend steuerfrei sind, so hat die BFH-Entscheidung dennoch grundsätzliche Auswirkungen.
Zwar verwirft der BFH das BMF-Schreiben nicht grundsätzlich, verschärft jedoch die bisher geltenden Kriterien. Danach besteht bei Private-Equity-Fonds, die eine „Buy to Sell“-Strategie verfolgen und dabei beispielsweise innerhalb von vier Jahren einen Exit der Beteiligungen an Portfoliounternehmen durchführen, ein Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit. Auch der Einsatz von Fremdfinanzierung verstärkt ein solches Indiz. Dabei scheint der BFH jedoch nicht zu differenzieren, ob die im LBO-Bereich typische Fremdfinanzierung auf Ebene der Portfolio- beziehungsweise Akquisitionsgesellschaften oder – eher marktuntypisch – auf Ebene des Fonds erfolgt.
_Gegebenenfalls steuerliche Infizierung
Diese steuerliche Qualifizierung als gewerblich tätige Personengesellschaft führt beispielsweise bei Anlagen über deutsche Dachfonds gegebenenfalls zu einer sogenannten steuerlichen Infizierung des Dachfonds ebenfalls als gewerbliche Personengesellschaft und damit möglicherweise zu gewerbesteuerlichen Konsequenzen im Hinblick auf andere vom Dachfonds gehaltenen Anlagen. Auch kann bei steuerbefreiten Investoren eine Anlage in eine gewerbliche Personengesellschaft steuerlich nachteilig sein, da die Anlage in gewerblich tätige Personengesellschaften die Steuerbefreiung gefährden kann, unabhängig davon, ob die relevanten Einkünfte in Deutschland steuerpflichtig oder – als Folge des BFH-Urteils – gegebenenfalls steuerbefreit sind.
Des Weiteren beinhaltet die BFH-Entscheidung eine grundsätzliche Anerkennung von ausländischen Personengesellschaften als steuerliche Betriebsstätte im Sinne eines DBAs, soweit diese Räumlichkeiten im Sitzstaat nutzen. Der BFH weist auch grundsätzlich alle Einkünfte aus der englischen Personengesellschaft einer solchen steuerlichen Betriebsstätte zu. Dabei hat der BFH im Urteilsfall auch die Geschäftsräume der ebenfalls in England ansässigen Managementgesellschaft des Fonds zum Zwecke der Begründung einer Betriebsstätte dem Fonds zugeordnet. Abhängig von der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen DBAs mit Deutschland kann dies gegebenenfalls auch bei Personengesellschaften beziehungsweise Private-Equity-Fonds in anderen Staaten, insbesondere bei US Limited Partnerships, dazu führen, dass die entsprechenden Gewinne in vollem Umfang in Deutschland steuerfrei zu stellen sind. Da, wie auch im Urteilsfall, die Gewinne des Private-Equity-Fonds im Sitzstaat der Personengesellschaft typischerweise nicht einer Besteuerung unterliegen, ist eine derartige Freistellung davon abhängig, ob das jeweilige DBA eine sogenannte Rückfallklausel enthält beziehungsweise wie diese inhaltlich ausgestaltet ist. In dem für den Urteilssachverhalt relevanten DBA mit Großbritannien verweist der BFH darauf, dass die einschlägige Rückfallklausel des DBA lediglich Gewinne aus der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen umfasst. Die aus dem englischen Private-Equity-Fonds bezogenen Einkünfte sind hingegen nicht von der DBA-Rückfallklausel umfasst. Auch die seit 2002 im nationalen deutschen Steuerrecht verankerte nationale Rückfallklausel sperrt im Urteilssachverhalt des BFH eine Freistellung der Einkünfte gemäß DBA nicht.
_Belastung des Standortes Deutschland
Die über den entschiedenen Einzelfall hinaus relevante Entscheidung des BFH wird voraussichtlich noch nicht bestandskräftige Veranlagungen von Investitionen in ausländische Private-Equity-Fonds sowie darüber hinaus generell Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften mit Erträgen aus Kapitalanlagen beeinflussen. Auch wenn dies im Einzelfall gegebenenfalls zu (unvorhergesehenen) steuerlich positiven Effekten für deutsche Investoren führen kann, bedeutet die aus der unterschiedlichen Interpretation durch Finanzverwaltung und BFH resultierende Unsicherheit der Einordung eines Private-Equity-Fonds als steuerlichen Gewerbebetrieb sowie im Hinblick auf etwaige Gewerbesteuerfolgen für deutsche Fonds umgekehrt eine weitere Belastung des Standortes Deutschland für die Auflage deutscher Private-Equity-Fonds. Gegebenenfalls nimmt dies jedoch der deutsche Gesetzgeber im Rahmen der notwendigen Revision des deutschen Investmentrechts infolge der anstehenden Umsetzung der sogenannten AIFM-Richtlinie zum Anlass, ein diesbezüglich positives steuerliches Regime für Private-Equity-Fonds zu schaffen. Diese Entwicklung ist bereits in den klassischen ausländischen Fondsstandorten, wie zum Beispiel Luxemburg oder Irland, erkennbar.
Autoren: Hans Stamm In Verbindung stehende Artikel:
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