Versicherungen
23. Januar 2013
Bafin hat systemische Risiken der Versicherer im Blick
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat derzeit an einer Vielzahl von Fronten zu kämpfen. Im Rahmen ihrer Rede beim Neujahrspresseempfang ging die Bafin-Präsidentin, Dr. Elke König, unter anderem auf aktuelle Fragestellungen in der Versicherungswirtschaft ein.
Dabei sprach sie zunächst die Systemrelevanz von Versicherungen an. Nach Darstellung Königs diskutiert sowohl die Internationale Vereinigung der Versicherungsaufseher (AIAS) als auch der Finanzstabilitätsrat (FSB) derzeit intensiv über das Thema. Im Mittelpunkt stünde die Fragestellung, was die relevanten Kriterien seien. „Dass auch deutsche Versicherungsgruppen im Fokus sind, versteht sich von selbst“, betonte König, die bis 2009 als Finanzvorstand der Hannover Rück tätig war. „Und sie können davon ausgehen, dass die Bafin hier am Ball ist.“
Wie König betonte, gehe es der Aufsicht aber nicht nur darum, eine weitere Liste mit systemrelevanten Institutionen zu schreiben. Eine zentrale Frage sei vielmehr, wie die Aufsicht regulatorisch mit versicherungstypischen systemischen Risiken umgehen müsse. „Ich halte überhaupt nichts davon, pauschal Kapitalzuschläge auf Kapitalanforderungen festzulegen, die derzeit weltweit noch sehr unterschiedlich geregelt sind“, erklärte König. Sie sprach sich gegen nach der Gießkannenmethode verhängte gruppenweite Kapitalzuschläge aus. Um Systemrisiken einzufangen, die von Versicherern ausgehen, seien gezielte Maßnahmen die bessere Wahl. Diese müssten sich nicht nur auf das Kapital beziehen.
„Was die Sanierung und Abwicklung systemrelevanter Versicherer angeht, überlegt man derzeit, die ‚Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions‘, die das Financial Stability Board im November 2011 verabschiedet hat, auch auf systemrelevante Versicherer zu übertragen“, betonte König. Darüber hinaus hob sie hervor, dass die EU-Kommission kürzlich ein Konsultationspapier zur Sanierungs- und Abwicklungsordnung von Nichtbank-Finanzinstitutionen veröffentlicht hat, zu denen auch Versicherer zählen. König sprach sich dafür aus, dass die geplanten Regeln mit Solvency II und den dort verankerten Regelungen zu Sanierungsmaßnahmen zusammenpassen.
Sanierungspläne für Versicherer im Gespräch
Bei der Bafin prüft man derzeit, ob künftig auch Versicherer Sanierungspläne entwickeln sollten und welche Mindestanforderungen daran zu stellen wären. „Wie in der Bankenaufsicht würde sich diese Anforderung natürlich primär an große, in der Regel internationale Gruppen richten“, unterstrich König laut Redeprotokoll. Sanierungspläne sind nach Ansicht Königs ein sinnvolles präventives Instrument des Risikomanagements, das helfen werde, systemische Risiken weiter einzudämmen.
Im Hinblick auf das ins Stocken geratene Versicherungsaufsichtsregime Solvency II betonte König: „EU-Kommission, Rat und Parlement haben bei ihren Verhandlungen über die OMNIBUS-II-Richtlinie wichtige und komplexe Probleme aufgegriffen, die es zunächst zu lösen gilt.“ Eines davon sei die Frage der Abbildung des Versicherungsgeschäfts mit langfristigen Garantien, wie sie insbesondere von Lebensversicherern ausgesprochen werden. Dass sich Solvency II dadurch weiter verspäten wird, sei zwar ärgerlich, müsse aber in Kauf genommen werden. Während derzeit die volle Anwendung ab 2016 im Gespräch sei, fordert König einen realistischen Zeitplan. „Das spricht eher für den Start zum 1. Januar 2017.“
Die Bafin-Präsidentin ging in ihrer Rede auch auf Gedankenspiele ein, wonach Teile des Regelwerks vorgezogen werden könnten. „Eignen würde sich dafür die Säule II“, also die Einschätzung von Risikotragfähigkeit und Kapitalposition durch das Unternehmen (Own Risk and Solvency Assessment, kurz Orsa). „Darüber werden wir EU-weit diskutieren, auch weil es Aufsichtsarbitrage zu vermeiden gilt“, wie König sich ausdrückte. Sollte die Diskussion auf europäischer Ebene nicht schnell genug fruchten, müsse man überlegen, ob Deutschland nicht eine nationale Lösung anstreben sollte.
portfolio institutionell newsflash 23.01.2013/tbü
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