Bafin bei ESG-Regulierung in der Kritik
BVI nimmt Stellung zum Richtlinien-Entwurf der Bafin. Schaden für Fondsstandort befürchtet.
Die Bafin hat ihren jüngsten Entwurf für eine Richtlinie zu nachhaltigen Investmentvermögen zur Konsultation vorgelegt. In einer Stellungnahme des Fondsverbands BVI bekräftigt der Verband nun seine grundsätzliche Kritik an den geplanten Regelungen, teilte der BVI am Mittwoch mit. „Die aktuellen Bafin-Vorschläge sind besser als die inoffizielle Vorversion vom April, ändern aber nichts daran, dass ein Alleingang der Bafin angesichts der umfangreichen EU-Initiativen zur Nachhaltigkeit kontraproduktiv ist“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI. „Um Deutschland als Standort für nachhaltige Fonds zu fördern und Grünwäscherei zu verhindern, sollte sich die Bafin für einheitliche Nachhaltigkeits-Mindeststandards und effektiven Anlegerschutz innerhalb der EU einsetzen, statt mit einem nationalen Goldstandard Vertriebshürden aufzubauen.“
Der BVI kritisiert, dass ein Bafin-Standard, der ausschließlich für hierzulande aufgelegte Fonds gilt, dem Fondsstandort Deutschland im Wettbewerb mit anderen Auflagestandorten wie Luxemburg und Irland schwer schadet. Denn ausländische Fonds und andere Wettbewerbsprodukte könnten auf Grundlage der EU-Vorgaben per EU-Pass im deutschen Markt als nachhaltig vertrieben werden, ohne die Vorgaben der Bafin erfüllen zu müssen. Darüber hinaus würde ein deutscher Sonderweg bei Nachhaltigkeitsvorgaben den europäischen Markt zersplittern und dem Ziel zahlreicher Initiativen widersprechen, den EU-Binnenmarkt für nachhaltige Fonds zu vereinheitlichen. Um der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts nicht zu schaden, müsste der Bafin-Entwurf zumindest deutlich nachgebessert werden, findet der BVI.
Mindestquote von 75 Prozent
Der Verband fordert daher, die Widersprüche zwischen dem aktuellen Entwurf und EU-Regeln wie der Offenlegungsverordnung, der Taxonomie und den Vertriebsregeln der MiFID II zu korrigieren. Unter anderem sollte die für Fondsportfolien vorgesehene Mindestquote von 75 Prozent für nachhaltige Anlagen im Portfolio gestrichen werden, die keine der EU-Regeln vorschreibt. Notwendig sei auch, den Anwendungsbereich der Bafin-Richtlinie deutlich zu beschränken und gegenüber der Offenlegungsverordnung und den Vertriebsvorschriften nach MiFID II und IDD abzugrenzen. Die Bafin-Regeln sollten ausdrücklich nur für Fonds gelten, die mit besonders hohen Nachhaltigkeitsstandards werben. Welche Fonds und andere Finanzprodukte als sogenannte Artikel-8- und Artikel-9-Produkte bezeichnet werden dürfen, sollte sich dagegen weiterhin ausschließlich nach den höherrangigen EU-Vorschriften richten, fordert der Verband. Produkte, die die Voraussetzungen der Offenlegungsverordnung erfüllen, müssten dies auch künftig im Vertrieb nutzen dürfen. So müsse ihnen beispielsweise die Bezeichnung als Artikel-8-Produkt möglich sein; ebenso der Vertrieb als nachhaltige Produkte an Kunden mit Nachhaltigkeitspräferenzen, sofern die Fonds bestimmte Zusatzkriterien nach MiFID II und IDD erfüllen. Auch die Bezugnahme auf Nachhaltigkeit im Fondsnamen dürfe nicht ausschließlich Fonds vorbehalten sein, die die Bafin-Richtlinie einhalten. Marktübliche Zusätze im Fondsnamen wie etwa „ESG“, „ESG screened“ oder „ESG enhanced“ müssten auch für Artikel-8-Produkte erlaubt bleiben, um deutlich zu machen, dass die Fonds ihre Anlagen nach ESG-relevanten Kriterien auswählen.
Autoren: Daniela Englert In Verbindung stehende Artikel:
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