Asset Manager
11. Juli 2011
Ausgelagertes Kerngeschäft
Dass AGI und Deka einmal zusammen einen Administrator für die Fondsverwaltung gründen würden, hätte vor Ende 2008 niemand gedacht. Seit Abschluss der Fondsmigration Ende 2010 administriert die Dealis nun 340 Milliarden Euro auf einer Plattform. Im Gespräch mit portfolio blickt Geschäftsführer Roman G. Trageiser zurück und voraus.
Herr Trageiser, die Dealis ist rein auf Fondsbuchhaltung und Fondsadministration spezialisiert, Quersubventionierungen also nicht möglich. Welche Betriebsgrößenvorteile ergeben sich aber, wenn man rund 2.500 Fonds mit einem Gesamtvolumen von 340 Milliarden Euro auf einer Plattform administriert?
Quersubventionierungen sind in unserem Modell nicht gewünscht und de facto auch nicht möglich. Darum müssen wir unser Preisbuch für die Dealis und ihre Gesellschafterkunden so gestalten, dass wir auf mögliche Marktänderungen – zum Beispiel bei Transaktionszahlen – flexibel reagieren können.
Wir können aber einerseits unsere vorhandenen IT-Ressourcen, die wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren deutlich ausgebaut haben, besser auslasten. Andererseits können unsere Gesellschafterkunden nun zum Beispiel aus gemeinsamen Rechenzentren heraus bedient werden oder von uns gemeinsame Release-Wechsel vornehmen lassen. Letztendlich teilen sie sich so die Kosten. Über alle Prozessschritte hinweg konnten wir bislang – trotz einer zum Beispiel aufgrund des Aufbaus der Stabsfunktionen höheren Mitarbeiterzahl – rund 20 Prozent der Kosten, die bei beiden Gesellschaften vor Gründung der Dealis anfielen, einsparen.
Dank unserem nun größeren Mitarbeiterstamm geben wir auch weniger für externe Dienstleister aus. Wir beschäftigen nun deutlich mehr eigene Entwickler, weil AGI und Deka die Time-to-Market bei der Einführung von neuen Finanzinstrumenten kontinuierlich verkürzen wollen, um ihre führende Marktposition beizubehalten beziehungsweise auszubauen. Früher hätte sich hier das Vorhalten interner Ressourcen in dieser Größenordnung nicht gelohnt, weil die Gesamtauslastung über das Jahr hinweg zu ungewiss war. Heute haben wir aber eine mit Kundenprojekten und internen Projekten, nicht zuletzt auch aufgrund der stetig steigenden regulatorischen Anforderungen, gut gefüllte Entwicklungs-Pipeline. Durch den Ausbau unserer internen Entwicklungsabteilungen war es zum Beispiel auch möglich, dass bei der Ende 2010 abgeschlossenen Migration der Dekafonds von V3 auf Simcorp Dimension im Schnitt nur ein Simcorp-Mitarbeiter bei uns vor Ort war. Bei anderen Projekten – auch wenn es in dieser Größenordnung bislang keine vergleichbaren gab – ist es nicht unüblich, dass deutlich mehr Simcorp-Mitarbeiter die komplette Migration begleiten.
Bei welchen Fondstypen war die Ende 2010 abgeschlossene Migration der Deka-Fonds denn besonders komplex?
Wegen der Masse an Fonds mussten wir unterjährig migrieren. Dies ist insbesondere bei Publikumsfonds mit vielen Anteilsscheinklassen eine Herausforderung, weil der komplette Kontenrahmen mit den laufenden Anspruchskonten et cetera aus dem Altsystem in das Neusystem übertragen werden muss. Und naturgemäß weichen gerade die Kontenrahmen jedes Fondsbuchhaltungssystems stark voneinander ab. Das bedeutet in der Konsequenz, dass auch die Anteilsscheinklassen für Währungen, für thesaurierende oder ausschüttende Tranchen mitsamt den steuerlichen Fragen und so weiter in der Migration eine ganz besondere Herausforderung darstellten. Dagegen konnten wir unser im Umgang mit OTC-Derivaten bereits in der Vergangenheit angeeignetes Wissen auch bei der Migration der Fonds nutzen, die solche Instrumente im Bestand hatten.
Die AGI-Fonds liefen bereits auf der Software „Dimension“ und die Deka hatte nicht mehr viel Auswahlmöglichkeiten. Könnten aber grundsätzlich auch andere Anbieter Ihre Fondslandschaft abbilden?
Ich glaube, dass es grundsätzlich der Anspruch jedes modernen Systems sein muss, es im Bedarfsfall so aufrüsten zu können, dass auch unser Volumen geschultert werden kann. Die Entscheidung für Simcorp ist von beiden Gesellschaftern bereits deutlich vor der Gründung des Joint Ventures getroffen worden. Das Hauptkriterium war, dass man den Partner für das Backoffice-IT-System haben wollte, bei dem die Gefahr am geringsten ist, dass dieses Geschäftsfeld eines Tages eingestellt werden könnte. Die globale Präsenz, die Unternehmensgröße und nicht zuletzt auch das Börsen-Listing waren und sind die Argumente pro Simcorp.
Nicht an der Börse gelistete Unternehmen können es sich doch eher leisten, mehr in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Guter Einwand. Aber Simcorp ist ein Unternehmen, das sich ausschließlich auf die Software „Dimension“ fokussiert, aber auch viel in seine Mitarbeiter investiert, also langfristig denkt. Simcorp hat auch Kunden in Nordamerika und Asien. Für die werden Finanzinstrumente global ausgerollt, womit wiederum Skaleneffekte entstehen.
Was steht nach dem Mammutprojekt der Fondsmigration für Cominvest und Deka nun auf der Agenda?
Ein Dauerthema für uns ist der Ausbau des Instrumentenspektrums. Teilweise geht es darum, vorhandene Instrumente auch nach IFRS umzusetzen. Das ist auch in Zukunft ein großes Thema. Ein Punkt wie -Risikomanagement erfolgt bei unseren beiden Bestandskunden auf Basis ihrer von uns gefütterten Data Warehouses und nicht direkt bei uns. Nichtsdestotrotz sind auch wir ein von den Regulatoren stets Getriebener.
Warum machen die Eigner das Middle- und Frontoffice selbst?
Beide Gesellschafterkunden sind groß genug, um zum Beispiel das Endkunden-Reporting als Differenzierungsmerkmal betreiben zu können. Hier arbeitet AGI auch schon mit der Allianz-Tochter IDS zusammen, und die Deka ist Miteigner der DPG.
Für uns zu hebende Skaleneffekte bei der Performance-Attribution wären meines Erachtens auch nicht so groß wie bei reinen Backoffice-Tätigkeiten. Die für Performance-Attribution nötige Anzahl an qualifizierten Mitarbeitern, wie zum Beispiel Finanzmathematiker, würde im Verhältnis kaum sinken, wenn statt 1.000 Attributionen 2.500 erfolgten. Bei einem weniger großen Asset Manager könnten bei diesem Thema vielleicht eher Einsparungspotenziale realisiert werden.
Strategisch ist die Dealis im Hinblick auf Drittkunden dadurch aber eingeschränkt. Wird befürchtet, dass man bei einer Verlagerung des Dienstleistungsspektrums vom Empfang von „Broker-Matched und Compliance-checked Orders“ hinaus Dealis den Firmen IDS und DPG Geschäft wegnimmt und einen Wettbewerber von AGI und Deka dadurch gegebenenfalls stärkt?
Das sehen unsere Gesellschafter anders. Diese haben keine Probleme damit, dass es einem Wettbewerber helfen würde, wenn sich dieser durch eine Auslagerung an die Dealis auf seine Kernkompetenz Asset Management stärker konzentrieren kann.
Falls nun ein eventueller Drittkunde das Reporting von uns haben möchte, könnten wir das beispielsweise von der IDS als unserem strategischen Partner – aus Kundensicht: Sub-Unternehmer – beziehen, zu der wir -ohnehin die erforderlichen Schnittstellen bereits implementiert haben. Wir würden jedoch nie allein das Reporting als Dienstleistung anbieten, ohne zugleich auch die Fondsbuchhaltung und Fondsadministration in-zusourcen, da dies nicht unserem Business Model entspricht.
Bietet der Markt denn überhaupt noch ein großes Potenzial? Die KAGen sind doch nun alle versorgt.
Es stimmt, dass sich die Anzahl der Adressen, die für ein Outsourcing auf den ersten Blick infrage kommen, in den vergangenen fünf bis zehn Jahren deutlich reduziert hat. Vor der Gründung der Dealis war etwa sieben Prozent der Assets under Management von deutschen Kapitalanlagegesellschaften ausgelagert. Nun wird – unsere Kunden mit eingerechnet – bereits etwa die Hälfte der Gelder von Dritten administriert. Es gibt Stimmen, die behaupten dass die andere Hälfte niemals von der Dealis als Kunden gewonnen werden könnte. Ich bin mir jedoch sehr sicher, dass es hier auf mittlere Sicht zu einem Umdenken kommen wird. Hätte man sich früher vorstellen können, wie viele Banken inzwischen ihren Zahlungsverkehr über die Postbank abwickeln lassen?
Kurzfristig bietet die Nachfrageseite wenig Potenzial für Insourcing, könnte sich aber nicht die Anbieterseite schnell durch Master-KAG-Anbieter vergrößern?
Für Neu-Insourcer ist es wichtig, aber auch schwierig, einen Referenzkunden zu bekommen. Potenzielle Kunden werden sich auch fragen, ob der Anbieter vielleicht nur seine bereits vorhandene Infrastruktur skalieren will. Sie werden sich auch fragen, ob dieses Geschäftsfeld beim Anbieter wirklich nachhaltig strategisch ist und in das komplette Set-up investiert wird oder nicht nur opportunistisch zum Abfischen von Beifang gedacht ist. Insourcing wird sich meines Erachtens darum auf die bereits etablierten Anbieter fokussieren.
Die Anforderungen, die ein Endinvestor an eine Master-KAG stellt, sind kleiner als die eines Asset Managers an einen Insourcer. Für Insourcer, die anders als die Dealis die komplette Wertschöpfungskette anbieten, ist der Schritt hin zur Master-KAG kleiner als andersherum. Aber tatsächlich war die Metamorphose bei den meisten Anbietern genau umgekehrt: von der Master-KAG auch hin zum Insourcer.
Aus den vielen Jahren, die ich selbst im Master-KAG-Geschäft tätig war, weiß ich, dass es zwar zweifellos anspruchsvoll, aber vergleichsweise deutlich leichter ist, ein Master-KAG-Mandat von einem institutionellen Investor zu gewinnen als ein Insourcing-Mandat von einem Asset Manager.
Muss bei den beiden prominenten Gesellschafterkunden ein Drittkunde nicht das Gefühl haben, Kunde Nummer 30 zu sein?
Die Herausforderung, vor der wir bei der Akquise von Drittkunden stehen, ist eher, dass noch von vielen das Backoffice als Kerngeschäft bezeichnet wird und für diese Adressen eine Auslagerung deshalb grundsätzlich kurzfristig nicht infrage zu kommen scheint, obwohl es wirtschaftlich wahrscheinlich sinnvoll wäre. In Gesprächen mit potenziellen Kunden habe ich jedoch interessanterweise noch nie Bedenken vernommen, dass deren Anliegen an die Dealis denen von AGI und Deka nachgelagert sein könnten. Dennoch kann ich natürlich nicht gänzlich ausschließen, dass es diese Ängste insgeheim doch bei dem einen oder anderen vielleicht geben könnte.
Ich habe dagegen aber eher den Eindruck, dass man als potenzieller Kunde der Dealis die Chancen sieht, die sich im Portfoliomanagement daraus ergeben können, zum Beispiel aus dem Stand heraus über dasselbe Instrumentenspektrum wie ein Bill Gross von Pimco zu verfügen. Dieser Vorteil überwiegt die Bedenken, dass Bill Gross eventuell so viele Produktideen bei der Dealis einkippt, dass man selbst erst einmal auf der Warteliste stehen muss.
Wir werden einem potenziellen Kunden glaubhaft vermitteln müssen, dass wir auch das liefern, was er bestellt, und dass dabei keinerlei Verzögerungen aufgrund von Kapazitätsengpässen eintreten, wenn gleichzeitig Anforderungen der beiden Bestandskunden abgearbeitet werden. Unser Ziel ist natürlich auch stets, immer möglichst viel für alle Kunden gleichzeitig einzuführen.
Das klingt aber nicht gerade nach einem Patentschutz.
Wir holen uns immer die Rückversicherung, ob wir auch den anderen Kunden fragen dürfen, ob eine Neuentwicklung nicht auch für ihn interessant wäre. Bislang war es kein Thema, dass sich einer unserer Kunden einen Produktvorsprung sichern wollte. In der Regel will man viel lieber die Entwicklungskosten halbieren als zum Beispiel einen Fonds, der in physisches Gold investiert, früher als der andere Kunde einführen zu können.
Außerdem hat jeder unserer Kunden ein dezidiertes Innovationsbudget in Personentagen, die ihm exklusiv zur Verfügung stehen. Und was nicht genutzt wird, wird nicht in Rechnung gestellt, sondern für interne Projekte verwendet.
Die Deutsche Bank hat die Fondsadministration kürzlich weltweit an State Street abgegeben, zögert aber, diesen Schritt auch für Deutschland umzusetzen. Öffnet sich hier für die Dealis eine Tür?
Grundsätzlich ist meines Wissens die Entscheidung für State Street gefallen, und ich glaube nicht, dass man nun kurzfristig einen Anlauf mit einem anderen Administrator nimmt. Für Deutschland wird man sich daher vermutlich entweder ebenfalls für State Street entscheiden, mit der man ja auch als Depotbank eng zusammenarbeitet, oder man wird die strategische Entscheidung fällen, weiter selbst zu administrieren. Für Letzteres hat die Deutsche Bank ja auch im Gegensatz zu diversen kleineren Häusern die kritische Größe.
Bei der Frage, auch das Deutschland-Geschäft an State Street auszulagern, dürfte es auch eine Rolle spielen, dass sich das deutsche KAG-Geschäftsmodell deutlich vom internationalen Custodian- oder Trustee-Modell unterscheidet. Themen wie zum Beispiel die Komplexität der Anlagenrichtlinienprüfung werden von internationalen Anbietern oft einfach unterschätzt, da ein deutscher institutioneller Investor viele Restriktionen vorgibt, während es international eher Usus ist, mit dem Investmentstil eines Manager entweder leben zu können oder ihm eben kein Geld anzuvertrauen.
Vielleicht haben Ihre Mütter ja auch eine ganz andere Strategie: Verkauf der Dealis. Befeuert wird dieses Marktgerücht dadurch, dass die Dealis für ausländische Administratoren ein sehr interessanter Steigbügel für den deutschen Markt wäre.
Ich kann mir persönlich nicht vorstellen, dass die Gesellschafter dieses Business komplett an einen Externen abgeben würden. Schließlich kam ja schon das Joint Venture Dealis für den Markt überraschend. Vor allem wurde die Geschäftseinheit „Backoffice“ aber auch von beiden Gesellschaftern immer als das Herz ihres Asset Managements bezeichnet. Darum kann ich mir nicht vorstellen, dass dieses Business komplett an einen Dritten weitergegeben wird, da es für AGI und Deka eine zu große Bedeutung hat. Hinzu kommt, dass es auch nicht dem Stil der Allianz entsprechen würde, einem komplett externen Dienstleister Einblick in ihre Kapitalanlagen zu geben. Für die Performance-Messung hat die Allianz daher ja mit der IDS auch eine Tochtergesellschaft betraut und niemand Externes.
Welche Themen werden Administratoren künftig beschäftigen?
Die effiziente Abbildung von OTC-Produkten wird auch künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Um der Fehleranfälligkeit vorzubeugen, steigt der Bedarf, den Automatisierungsgrad so hoch wie möglich zu halten. Ein weiteres Thema ist die IFRS-Verbuchung, sei es in Form eines Neben- oder Hauptbuches. Verbunden mit dieser Rechnungslegung ist auch, dass die IFRS-Abschlüsse immer schneller vorliegen sollen.
Ebenfalls steigt die Anzahl der Parteien, mit denen man heute interagieren können muss: Depotbanken, Wertpapierleihe-Agenten, Collateral Manager und teilweise auch die externen Asset Manager der Master-KAG-Mandate unserer Kunden. Hier müssen wir darauf achten, dass die Schnittstellen möglichst standardisiert und automatisiert gestaltet sind.
Ebenfalls steigt die Anzahl der Parteien, mit denen man heute interagieren können muss: Depotbanken, Wertpapierleihe-Agenten, Collateral Manager und teilweise auch die externen Asset Manager der Master-KAG-Mandate unserer Kunden. Hier müssen wir darauf achten, dass die Schnittstellen möglichst standardisiert und automatisiert gestaltet sind.
Eine weitere große Anforderung ist natürlich die Regulierung. Das Rad dreht sich immer schneller, und mittelbar sind wir von Themen wie dem Dodd-Frank-Act und dem Depotbankrundschreiben, die auf den ersten Blick nichts mit uns zu tun haben, auch betroffen. Ich bin davon überzeugt, dass gerade die Regulierung die Konzentration auf größere Anbieter künftig noch deutlich beschleunigen wird.
Das Interview führte Patrick Eisele.
Autoren:
portfolio institutionell
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