Strategien
15. Februar 2016

Auf und nieder, immer wieder

Gute Nerven waren 2015 an den Kapitalmärkten gefragt. Nach gutem­ Start ins Jahr mit neuem Rekordhoch des Dax von 12.374 Punkten wurde es turbulent. Griechenland, China und VW ließen die Kurse schwanken. Und auch am Rentenmarkt ging es volatil zu. Umfassende Analyse von Wertsicherungskonzepten und Best-of-Two-Ansätzen.

Im richtigen Markt zur richtigen Zeit investiert zu sein, bestimmt zum Großteil die Performance einer Anlage. Wertsicherungskonzepte­ und Best-of-Two-Ansätze versuchen, diese Marktentscheidung zu auto­matisieren. Sie sind ein Freund klarer Trends. Abrupte Richtungswechsel sind ihre Sache nicht. Kein Wunder also, dass Thomas Bossert,­ Geschäftsführer von Union Investment Institutional, die vergleichsweise kurzen, aber ausgeprägten Risk-off-Phasen, insbesondere­ von Ende August bis in den September hinein, als eine der größten Herausforderungen 2015 für seine Wertsicherungskonzepte „Immuno“ und „Konvexo“ bezeichnet. Mit derart abrupten Rückschlägen hatte er nicht gerechnet. Zur Erinnerung: An nur einem Tag – dem 24. August – verloren der Dax 750 Punkte und der Dow-Jones-Index 1.000 Punkte. Als Reaktion hat Union Investment das Risiko in seinen Wertsicherungsmandaten reduziert. Erst im Oktober wurde das Portfoliorisiko wieder erhöht, so dass „wir gerade auch vom Aufschwung bei den Aktien profitieren konnten“, führt Bossert aus. Die Ergebnisse der Wertsicherungsmandate, von denen keines seine Wertuntergrenze­ gerissen hat, fallen je nach Chancen-­Risiko-Profil und Risikobudget breit gefächert aus. Sie reichen von leicht negativ bis über sechs Prozent im Plus. Mehrheitlich lag die Performance zwischen einem und drei Prozent. „Eine internationale Diversifikation­ war 2015 von Vorteil, sofern der Emerging-Markets-Anteil begrenzt war. Sehr geholfen hat uns eine­ mitunter starke Übergewichtung im US-Dollar – zumindest in den Mandaten, in denen die Kunden unserem Votum für eine stärkere­ Internationalisierung der Assets gefolgt sind und derartige Positionen erlaubt hatten“, resümiert Bossert.  

Dass global diversifizierende Wertsicherungsmandate im Vorteil sind, davon ist auch Thomas Kruse, Head of Risk Overlay and Income Strategies bei Pioneer Investments, überzeugt. Angesichts des niedrigen Renditeumfelds in Europa, das Schwierigkeiten bei der Erzielung stabiler, attraktiver Erträge bereitet, geht er davon aus, dass diese Mandate künftig ein attraktiveres Rendite-Risiko-Profil aufweisen werden. Letztendlich liegt die Entscheidung jedoch beim Investor. Je nach individuellem­ Risikobudget und zulässigem Anlageuniversum unterscheiden sich die Ergebnisse der 14 Fonds, die nach dem Pioneer-Wertsicherungskonzept „Vario“ gemanagt werden, teilweise recht deutlich. So führte insbesondere in Fonds mit höherem Risiko-Rendite-­Profil der starke Einbruch an den Aktienmärkten im August aufgrund des höheren Aktien-Exposures zu Kursrückgängen. Diese konnten laut Kruse dank Absicherungsmaßnahmen begrenzt werden und „die angestrebten Wertuntergrenzen allesamt mit deutlichem Abstand eingehalten werden“. Am anschließenden Aufschwung haben die Vario-Mandate partizipieren können. In den meisten Fällen seien die Kursniveaus vom August wieder erreicht worden.

Aber nicht nur die zweite Jahreshälfte verlangte dem Vario-Konzept von Pioneer­ einiges ab. „Der heftige und überraschende Zinsanstieg sowie die Kurskorrektur an den Aktienmärkten haben im Mai in einigen unserer 14 Fonds zu Kursrückgängen geführt, so dass die im ersten Quartal generierten Gewinne teilweise wieder abgegeben wurden“, so Kruse. Ähnlich erging es dem Wertsicherungskonzept von Allianz Global Investors (AGI). Die Portfolios, die mit dem sogenannten PIP (Portfolio Insurance Plus) gemanagt werden, haben durch einen­ sehr guten Start der Kapitalmärkte 2015 in den ersten vier Monaten eine sehr gute Performance erzielt. „Unsere Portolios waren in Duration, insbesondere in der Peripherie, und in Aktien übergewichtet“, erklärt Dr. Heidi Jäger-Buchholz, Leiterin des Protection-Teams bei AGI. Doch der Zinsanstieg im Mai habe die guten Zahlen des ersten Quartals in Teilen wieder getrübt. „Während in den Mandaten mit genügend Risikobudget auch aufgrund der sehr guten Startphase kaum bis gar nicht adjustiert werden musste, wurden in den Mandaten­ mit weniger Risikobudget Aktien­ wie auch lange Renten in kürzere Anleihen umgeschichtet“, so Buchholz. Auf den Einbruch der Aktienmärkte im Sommer konnte AGI kurzfristig im Vorfeld nicht reagieren, reduzierte­ dann aber das Aktien-, Durations- und Spread-Exposure. „Alle Sicherungs­niveaus wurden eingehalten, und insgesamt­ konnten wir das Jahr positiv abschließen“, resümiert Buchholz. Ein Composite aus 31 Mandaten mit einem Gesamtvolumen von 5,5 Milliarden Euro erzielte 2015 brutto eine Performance von 3,68 Prozent.

Zu ganz ähnlichem Ergebnis kam im vergangenen Jahr auch das Wertsicherungskonzept „Sigma Plus“ von Deka Investment,­ dessen Risikosteuerung dynamisch­ im Rahmen eines verfeinerten CPPI-Ansatzes erfolgt. Allokationsseitig hat das Sigma-Plus-Konzept ab Jahresbeginn die Anleihequote stetig abgesenkt. Im Mai waren sowohl die mögliche Anleihe- als auch Aktienquote nicht vollständig ausgeschöpft. Auch im weiteren Verlauf des Jahres wurde die Un­sicherheit auf den Kapitalmärkten adressiert und die Quoten im August nicht mehr voll ausgeschöpft. Selbst in der anschließenden Erholungsphase­ nutzte Sigma Plus den möglichen Allokationsspielraum in Aktien nicht mehr vollkommen aus. „Nichtsdestotrotz war das Konzept permanent in Aktien investiert und konnte so auch vom Aufschwung profitieren“, erklärt Deka Investment.

Am Aufschwung des Aktienmarktes konnte auch das Wertsicherungskonzept von Metzler, das einst unter dem Namen „Torero“ vermarktet wurde, partizipieren, wie Sandra Brosch, Portfoliomanagerin bei Metzler, wissen lässt. Man habe im Oktober ausreichend Handlungsspielraum gehabt. In sämt­lichen Mandaten wurden die Aktienquoten wieder deutlich aufgebaut, nachdem sie im August nach dem Einbruch an den globalen Aktienmärkten reduziert worden waren. „Je nach Wertuntergrenze wurde die Aktienallokation innerhalb weniger Tage halbiert oder sogar gedrittelt, um das Risikobudget zu schützen“, so Brosch. Gleichzeitig sei die Renten­allokation erhöht worden, was die Verluste durch die negative Aktien­marktentwicklung zusätzlich abfederte. Der Zinsanstieg im Mai bereitete keine Kopfschmerzen. Denn bereits zwischen Januar und April­ wurde­ die Rentenallokation in den Wertsicherungs-Portfolios reduziert, weil Aktien die attraktivere Asset-Klasse darstellten. „Die negativen Auswirkungen des Zins­anstiegs im Mai auf unsere Kunden­portfolios wurden dadurch entsprechend abgemildert“, so Brosch.

Unbeeindruckt vom Zinsanstieg blieb auch die Wertsicherungsstrategie „Structure Invest“ von Lupus Alpha, die wie Metzler mit einer­ Optionsreplikation arbeitet. „Durch das geldmarktähnliche Under­lying unseres Konzeptes hatte der kurzzeitige Zinsanstieg im Mai keine spürbaren Auswirkungen auf unsere Fonds“, erläutert Alexander Raviol, Chief Investment Officer bei Lupus Alpha. Verloren hat das Konzept hingegen im August beim Rückgang des Euro­ Stoxx 50. „Es gab jedoch keine Gefahr der Immunisierung, da Optionen mit Fälligkeit zum Jahresende eingesetzt wurden“, so Raviol. Der Structure­ Invest kam 2015 brutto auf eine Performance von zwei Prozent, blieb damit aber hinter dem Ergebnis von 2014 zurück (3,5 Prozent). Damit steht Lupus Alpha nicht allein da. Das gilt für alle hier untersuchten Wertsicherungskonzepte, wie der Tabelle zu entnehmen ist.

Deutlich schlechter als 2014 schlug sich auch der Best-of-Two-­Ansatz von Merck Finck, der ausgehend von einer 50:50-Startallokation­ zwischen den beiden Asset-Klassen „Aktien“ und „Renten“ umschichtet. Der „Vario Aktien Renten“, dem der Euro Stoxx 50 und I-Boxx Euro­ Sovereign zugrundeliegt, kam im vergangenen Jahr bei einer Volatilität­ von 16 Prozent auf eine Performance von minus 1,03 Prozent, nachdem er 2014 noch mit sieben Prozent glänzte – bei einer Volatilität­ von 3,6 Prozent. Noch härter traf es den Vario Spezial, der aktienseitig in Emerging Markets investiert. Hier stand eine Performance von minus 9,29 Prozent zu Buche. Dass die Aktienquote­ ab August sukzessive nach unten gefahren wurde – zunächst auf 68 Prozent und im Oktober auf 15 Prozent –, konnte daran nichts ändern. 2015 gereichte­ dem Vario-Konzept wohl zum Nachteil, dass immer nur am ersten Handelstag eines Monats agiert wird. „Der Einbruch im August war zwar sehr stark, aber erst der erneute Rückgang am Aktien­markt im September hat zu einer deutlichen Aktienquotenreduzierung, insbesondere im Vario Spezial, geführt. Dadurch konnte man am Herbstaufschwung am Aktienmarkt nur teilweise partizipieren“, erläutert Merck Finck. Von der negativen Entwicklung abkoppeln­ konnte sich 2015 nur der Vario Deutschland mit einer Performance von 3,8 Prozent. Auch die Wertentwicklung des Best-of-Two-Ansatzes von Monega litt unter dem abrupten Kursrückgang Mitte August. „Bei solch scharfen Kursabschlägen kommen die Stärken des tendenziell trendfolgenden Best-of-Two-Konzepts nicht zum Tragen“, erklärt Edgar­ Göcke, Port­foliomanager des Monega Best Invest Europa, der in europäische Aktien­ und Renten investiert und ebenfalls immer mit einer 50:50-Mischung ins Jahr startet. Zum Ende des Jahres stand eine negative Performance von knapp 1,5 Prozent zu Buche.        

Anders als Monega und Merck Finck verzichtet Donner & Reuschel in seinem klassischen Best-of-Two-Ansatz, dem auf der Aktienseite je zur Hälfte der Dax und Euro Stoxx 50 und auf der Rentenseite der Rexp zugrundeliegt, auf ein jährliches Reset auf eine Startallokation­ von 50:50. Vom Aufschwung am Aktienmarkt konnte der Best-of-Two-Classic laut Hayri Ulucan, Abteilungsdirektor der Anlageberatung für institutionelle Kunden bei Donner & Reuschel, nicht stark profitieren, weil die Aktienquote erst im November auf 40 Prozent angehoben wurde. Ende 2015 stand eine positive Performance von 1,55 Prozent vor Kosten zu Buche. „2015 wurde das Risikobudget der Strategie eingehalten, die erwartete Rendite wurde jedoch nicht erzielt“, so Ulucan.­ Dass man unterhalb der Erwartung blieb, führt er auf das Fehlen ausgeprägter Trends zurück. Noch schlechter schnitt die 2014 implementierte Strategie „Best-of-Two-and-Cash“ ab, in der inzwischen 500 Millionen Euro für institutionelle Anleger investiert sind und die auf ein Universum aus Liquidität sowie fünf- und zehnjähren Swapanlagen zugreift. Das Ziel ist: Das Portfolio soll für mögliche Zinsänderungen eingestellt sein. Nach einem guten ersten Jahr – 2014 kam diese Best-of-Two-Variante auf 9,6 Prozent – musste Donner & Reuschel 2015 ein negatives Ergebnis verbuchen: minus 1,28 Prozent. Vielleicht wendet sich 2016 das Schicksal wieder. Immerhin hat die Fed bereits einen­ ersten Schritt zur Zinswende gewagt. Doch Prognosen sollen in diesem Rückblick lieber gelassen werden. Denn Kursprognostiker weisen bekanntlich die Treffgenauigkeit einer Streubüchse auf.

Von Kerstin Bendix

portfolio institutionell, Ausgabe 1/2016

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