Auf der Suche nach dem Kompromiss
In einem Positionspapier zum Garantieverbot im Sozialpartnermodell diskutiert Dr. Richard Herrmann, Vorstand der Heubeck AG, die Auswirkungen des Garantieverbots auf den Wettbewerb und fordert mehr Mut zum Risiko in der Kapitalanlage.
In Deutschland haben Zinsgarantien in der Altersversorgung eine lange Tradition. Der Garantieausschluss für Betriebsrenten aus reinen Beitragszusagen gehört deshalb zu den besonders umstrittenen Kernpunkten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG). Zwei Positionen stehen sich gegenüber: Die Versicherungswirtschaft will die Zielrente vor allem in der Auszahlungsphase mit Garantien anbieten, damit die Arbeitnehmer in der Rentenphase vor Schwankungen des Rentenbetrages geschützt sind. Die Unterstützer des Garantieverbots führen dagegen ins Feld, dass sich feste Rentenzusagen angesichts der Niedrigzinsen kaum mehr halten lassen. Leidtragende seien nicht zuletzt die Arbeitnehmer selbst, denn Garantieversprechen würden aufgrund der damit verbundenen konservativen Kapitalanlage die Renten schmälern.
Wie so häufig liegt die Wahrheit dazwischen. Der Ausschluss lebenslanger Garantien im Sozialpartnermodell „Betriebsrente“ erscheint nicht zwingend notwendig, wäre jedoch unterm Strich ein tragfähiger Kompromiss. Dass das Umdenken dennoch schwer fällt hat gute Gründe.
Garantien auf dem Rückzug
Die garantierte Mindestverzinsung von Lebensversicherungen hat sich als stabilisierendes Element in der Altersvorsorge der Deutschen über Jahrzehnte bewährt. Mit dem Garantiezins konnte man rechnen, komme was wolle. Doch in der Niedrigzinsphase sahen sich die Versorgungseinrichtungen dazu gezwungen, ihre Mittel in sichere, aber schlecht verzinste Anleihen zu investieren. Das Garantieversprechen wurde zur Renditebremse. Deshalb verabschieden sich immer mehr Anbieter von privaten Kapitallebensversicherungen vom klassischen Garantiezins. Die Versicherer bevorzugen mittlerweile Tarife, die mehr Freiheiten bei der Kapitalanlage und dadurch höhere Renditen ermöglichen.
Indirekt sind Garantien möglich
Trotzdem werden Garantieprodukte in der betrieblichen Altersversorgung auch künftig zur Verfügung stehen. Denn schließlich ist das Sozialpartnermodell kein Zwang, sondern ein Angebot an die Arbeitgeber. Die alte bAV-Welt wird also neben der tariflichen Betriebsrente weiter zur Verfügung stehen. Entscheiden sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Tarifwelt der klassischen bAV, können sie auch in Zukunft Garantien nutzen. Selbst wenn ein Unternehmen am Sozialpartnermodell teilnimmt und der Versorgungsträger dem Arbeitnehmer nicht unmittelbar auf der arbeitsrechtlichen Ebene eine garantierte Mindestleistung zusagen darf, so kann er doch im Rahmen seiner Anlagestrategie wiederum Garantieprodukte einsetzen. So nutzen Pensionsfonds schon heute die Rückdeckungsversicherung mit Garantie als Kapitalanlage. Diese Möglichkeit soll im Sozialpartnermodell auch allen anderen Durchführungswegen eingeräumt werden. Auf diese Weise könnten die Versorgungsberechtigten garantierte Leistung zumindest indirekt erhalten.
Gleiche Bedingungen für alle?
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz verknüpft die reine Beitragszusage mit dem Ausschluss von Garantien durch den Versorgungsträger, sprich: ohne Haftung keine Mindestleistung. Das Garantieverbot soll gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen für alle potenziellen Anbieter von bAV-Leistungen im Rahmen des Sozialpartnermodells schaffen. Kritische Stimmen mahnen, dass eine Ausnahme vom Garantieverbot etwa für Direktversicherungen, wie zwischenzeitlich vom Bundesrat gefordert, zu unfairen Startbedingungen im Rennen um die Versorgungsmandate führen würde. Insbesondere die regulierten Pensionskassen oder Firmenpensionsfonds wären dann ins Abseits gestellt worden, weil in diesen Durchführungswegen Garantien nur unter der Voraussetzung angeboten werden dürfen, dass der Arbeitgeber gleichzeitig für die Betriebsrenten haftet oder Sicherungsmittel wie bei Solvency II zur Verfügung stellt.
Inwieweit der Garantieausschluss für einen fairen Wettbewerb überhaupt notwendig ist, darüber lässt sich allerdings streiten. Den Tarifparteien steht es schließlich frei, mit wem sie zusammenarbeiten möchten und ob sie Versorgungslösungen mit oder ohne Garantien bevorzugen. Vorteile im Wettbewerb verschaffen sich die Anbieter letzten Endes nur durch gute Angebote. Dazu zählen geringe Kosten, hohe Renditeaussichten und ein guter Service. Grundsätzlich stellt sich also die Frage, ob der Gesetzgeber durch ein Garantieverbot in den Wettbewerb eingreifen sollte oder ob nicht vielmehr die Regel gelten sollte, dass sich gute Anbieter gegen schwächere Anbieter immer durchsetzen, Zinsgarantien hin oder her.
Garantien gibt es nicht zum Nulltarif
Der Wegfall von Garantien führt nicht automatisch zu einer schlechteren Altersversorgung. Feste Garantien kosten Geld, da man einen guten Teil der Mittel äußerst sicher investieren muss. Ohne diese Restriktion ist eine freiere Kapitalanlage mit höherem Risiko möglich, dies wiederum eröffnet Aussichten auf mehr Rendite, etwa über die Anlage der Gelder am Aktienmarkt. Die geplante Beitragszusage entlastet die Arbeitgeber und überträgt einen größeren Teil des Kapitalmarktrisikos auf die künftigen Betriebsrentner. Das mag unpopulär erscheinen, ist jedoch für eine langfristige Renditesteigerung Voraussetzung. Hierzu müssen die Tarifpartner für die gemeinsame Klientel nicht nur mehr Mut zum Risiko zeigen, sondern den Begünstigten auch zumuten.
portfolio institutionell newsflash 03.04.2017
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