Schwarzer Schwan
4. Februar 2013
Alter Baulöwe zeigt Zähne
Wenn sich ein Immobilienmogul als Schwarzer Schwan entpuppt: Jürgen Schneider als Berater mit nachgewiesener Kreditexpertise.
Nicht jeder Consultant kann glaubwürdig mit einer so großen fachlichen Kompetenz glänzen wie der Ex-Baulöwe Jürgen Schneider. Der gebürtige Frankfurter ist als Berater für junge Unternehmer nach Milliardenpleite, Flucht und Gefängnisaufenthalt wieder gut im Geschäft. „Ich helfe den jungen Leuten, dass sie nicht von gerissenen Bauherren über den Tisch gezogen werden“, erläuterte der verurteilte Betrüger in einem ehrlichen Interview mit dem Focus. „Mir macht keiner was vor. Wenn einer wie ich mal 5,4 Milliarden Mark von Banken kassiert hat, der weiß doch auch heute noch, wie die Geschäfte mit den Banken laufen.“
Trotz Schneiders nachgewiesener Kreditexpertise ist fraglich, ob die „jungen Leute“ tatsächlich mit Schneider gut beraten sind. Die Banken dürften wegen ihrer Erfahrungen in den 90er Jahren vielmehr einen „Schneider-Sicherheitsaufschlag“ verlangen. An ihrer Peanuts-Affäre hatte die Deutsche Bank schließlich noch lange zu knabbern.
Drei „Glanzleistungen“ von Schlingel Schneider zur Erinnerung: Wie auf zeitenwende.ch nachzulesen ist, kaufte Schneider in Frankfurt das Hotel „Fürstenhof“ für das auch die Deutsche Bank geboten hatte. Schneider bekam anschließend von demselben Institut einen Kaufkredit, der das Höchstgebot der Deutschen Bank weit überstieg. Später schrieb Schneider dazu: „Die eine Hand (der Bank) wusste nicht, was die andere tut". Bei der Renovierung der „Zeilgalerie“ in Frankfurt erhöhte er die reale Nutzungsfläche von 9.000 auf 22.000 Quadratmeter und erfand 30 imaginäre Mieter inklusive gefälschter Mietverträge.
Den Mitarbeitern der Deutschen Bank war übrigens entgangen, dass auf dem fußläufig von den Zwillingstürmen der Deutschen Bank entfernten Bauschild die Nutzfläche korrekt mit 9.000 Quadratmetern angegeben war. Bei der Restaurierung des „Bernheimer Palais“ in München stockte Jürgen Schneider das Gebäude einfach um zwei nicht-existente Stockwerke mit ein paar Tausend Quadratmetern Mietfläche auf. Dass die Stockwerke fehlten, fiel keinem Mitarbeiter der Deutschen Bank auf, obwohl die Münchner Filiale direkt gegenüber vom Palais lag.
Dank der Fahrlässigkeit der Banken hatte der hessische Immobilienmogul leichtes Spiel. Kredite dürfte Schneider von der Deutschen Bank heute nicht mehr bekommen. Aber vielleicht würde ja ein Beratervertrag für beide Seiten Sinn machen? Zumindest würden die Institute dann von der einen oder anderen etwas schizophren anmutenden Äußerung Schneiders verschont bleiben. Anlässlich der Finanzkrise gab der einstige Baulöwe zur Rolle der Banken in der Bunten folgendes zum Besten: „Hätte man den Jungs mal genauer auf die Finger geschaut und umfassendere Regeln für die Banken aufgestellt, wären sie garantiert vorsichtiger beim Spekulieren gewesen. Jetzt haben wir den Kladderadatsch.“ Die Finanzkrise hatte noch einmal eine ganz andere Dimension als die damalige Baufinanzierungsposse. Das weiß auch Schneider: „Heute, muss ich sagen, ist mein Fall doch Peanuts gegen das, was sich die Banken erlauben.“
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein vergnügliches Wochenende.
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portfolio institutionell
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