Aufbruch zu höheren Aktienquoten
Die Debeka fokussierte sich über Jahre auf Anleihen mit zweifelloser Bonität und blieb gegenüber Aktien abstinent – mit großem Erfolg. Dem Marktumfeld geschuldet braucht es nun aber eine neue Anlagestrategie, in der Aktien eine wichtigere Rolle zukommt. CFO Ralf Degenhart erklärt den Portfolioumbau.
Heute ist Nachhaltigkeit ein Megatrend, der auch aufsichtsrechtlich von der EU angetrieben wird. Es sind aber auch unsere Kunden, die uns zum Thema Nachhaltigkeit Fragen stellen. Wir haben von MSCI eine Software erworben und können nun unser Aktien- und Rentenportfolio nach ESG-Kriterien sehr umfassend screenen.
Neben Ausschlüssen verfolgen wir auch Best-in-Class- und Best-in-Progress-Ansätze. Letztere können gerade auf der Aktienseite auch Unternehmen mit Kurssteigerungspotenzial erkennen lassen. Wir haben nun auch begonnen, den CO₂-Ausstoß im Portfolio zu analysieren. Auch dabei handelt es sich um Daten, die die Performance positiv beeinflussen können.
Um auf Ihre Frage zurück zu kommen: Nachhaltigkeit ist ein harter finanzwirtschaftlicher Faktor und eine weitere Dimension des -Risikomanagements, die zunehmend an Bedeutung gewinnt! Dies betrifft insbesondere die Governance-Aspekte.
Wie und wo investieren Sie in Immobilien?
Wie bei Private Equity und Erneuerbaren Energien investieren wir auch bei Immobilien immer über extern gemanagte Fondslösungen. In der Regel sind es Single-Mandate, bei denen wir bezüglich des Kaufs eines einzelnen Assets immer das letzte Wort haben. Bevor wir eine Immobilie kaufen, machen sich in der Regel unsere Experten von dieser vor Ort ein Bild.
Für Spezialthemen wie Logistik und Parkhäuser haben wir uns aus Gründen der Diversifikation an Fonds beteiligt, wo wir gemeinsam – meist mit zwei, drei anderen Versicherungen – investieren. Mehr Anleger und andere Anlegergruppen wären aus unserer Sicht ineffizient.
In unserem Immobilienportfolio haben wir einen größeren Bestand an Handelsimmobilien, primär Einzelhandel. Dieses Portfolio wollen wir mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung etwas reduzieren. Auch aus diesem Grund haben wir nun ebenfalls in Logistik investiert.
Relativ neu haben wir nun auch Parkhäuser. Beispielsweise haben wir in den Niederlanden Objekte. Wir halten Parkhäuser für ein interessantes Thema, allerdings kann man nicht viel Volumen unterbringen. Neben der Lage sind bei Parkhäusern zum Beispiel die Bausubstanz und der Betreiber relevant.
Sind Renewables auch ohne EEG interessant?
Wir haben über Fonds Solar- und Windparks sowie Wasserkraftwerke. Diesen Bestand halten wir, haben aber schon länger kein neues Investment mehr getätigt. Es ist derzeit schwierig, Objekte oder Projekte mit interessantem Risk-Return-Profil und ausreichenden Volumina zu finden.
Viele Versicherungen interessieren sich für Private Debt.
Wir auch. Investiert haben wir bislang nur sehr geringe Volumina. Generell lässt sich sagen, dass wir uns im Unterschied zu früher mit allen Anlagethemen beschäftigen. In der Vergangenheit konnten wir unser großes Volumen an Liquidität ausreichend verzinst unterbringen. Mittlerweile ist die Welt anders, man muss diversifizieren.
Hat sich auch die Durationspolitik geändert?
Duration ist wegen des Zielkonflikts zwischen Aufsichtsrecht und wirtschaftlicher Realität ein schwieriges Thema. Solvency II würde eine lange, das ALM-Gap reduzierende Duration belohnen. Die HGB-Bilanzierung könnte eine lange Duration im Falle steigender Zinsen hart bestrafen. Die Zinsstrukturkurve bietet bei risikofreien Bonds auch ab 20 Jahren praktisch keine Laufzeitenprämie mehr. Längere Laufzeiten machen also ökonomisch wenig Sinn. Bei Credits gehen wir aktuell nicht länger als sieben Jahre. Um regulatorische Anforderungen mit ökonomischen Gegebenheiten etwas in Einklang zu bringen, tätigen wir Vorkäufe. Bis zu einer Bonität von A- gehen wir da auch Spread-Risiken ein. Bei den Spreads sehen wir wieder etwas Licht am Ende des Tunnels. Wir haben auch BBB-Papiere, liegen im Schnitt im A-Bereich. Unserer konservativen Bonitätspolitik bleiben wir treu.
Kann man sagen, dass die Debeka in der alten Fixed-Income-Welt zu lange zu erfolgreich war, so dass man zu spät zu diversifizieren begann?
Im Nachhinein Dinge zu betrachten, ist immer einfacher. Hätte man geahnt, dass die Zinsen so dauerhaft so tief sein werden, hätte man schon früher stärker diversifizieren müssen. Begonnen haben wir damit im Jahr 2015, einen bestimmten Anlass gab es damals allerdings nicht. Richtig ist, dass unsere Fixed-Income-Strategie über Jahrzehnte sehr erfolgreich war. Unsere Verzinsung ist auch immer noch vorzeigbar.
Was bedeutet es für Ihre Arbeit, dass die Bafin die Debeka Lebensversicherung in „Manndeckung“ genommen hat?
Es ist richtig, dass wir unter intensivierter Aufsicht stehen. Damit gehen wir auch völlig offen um. Unter intensivierter Aufsicht steht jeder, der die sogenannten Übergangsmaßnahmen von Solvency II in Anspruch nimmt. Diejenigen müssen umso mehr auf der Aktiv- und auf der Passivseite an den Stellschrauben drehen, die mehr Solvenzkapital und damit eine höhere Risikotragfähigkeit generieren. Das wirkt sich natürlich auf die Strategische Asset-Allokation aus. Das ist nicht ehrenrührig, wurde in der Presse aber hochgekocht.
Im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes haben Sie gemeinsam mit vier anderen Versicherungen ein Betriebsrentenangebot aufgesetzt. Wann erfolgt der erste Abschluss?
Altersvorsorge, egal ob privat oder betrieblich, ist das Thema der Zukunft und wir – also das Rentenwerk – wären umsetzungsbereit hinsichtlich eines Angebotes im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes. Derzeit betreiben wir viel Aufklärungsarbeit bei den Gewerkschaften. Diese Grundlagenarbeit wird für den Erfolg der Betriebsrente entscheidend sein. Wir brauchen Sozialpartner, die sich aus der Deckung wagen.
Diversifizierung ist für die Debeka ein großes Thema. Was wäre aber, wenn es wieder Zinsen gäbe?
Ich könnte mir vorstellen, dass wir die alte Zinswelt nie wieder sehen und wir uns auf eine neue Normalität einstellen müssen. Das bedeutet, dass wir uns für illiquide Asset-Klassen (Immobilien, Alternative Investments) stärker öffnen müssen. Dies hat wiederum zur Folge, dass wir im Fixed-Income-Portfolio mehr liquide Papiere, also mehr Inhaberschuldverschreibungen und weniger Namenspapiere und Schuldscheindarlehen kaufen. Zu diesen Verschiebungen wird es in den nächsten Jahren mehr und mehr kommen.
Damit wären wir auch wieder am Anfang des Interviews: Liquiditätserfordernisse sprechen ebenfalls für Aktien. 2008 waren neben Bunds nur Blue Chips liquide.
Liquidität ist ein gutes Argument für Aktien. Blue Chips schaffen auch einen gewissen Liquiditätspuffer.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Aktien | Investoreninterview | Niedrigzinsphase | Strategische Asset Allocation (SAA)
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