Abenteuerlust und Aktien
Schnabel outperformt Weidmann!
Abenteuerlustig sei sie schon immer gewesen, sagte Isabel Schnabel in einem Interview 2018 der Zeitschrift Emma. Und so überrascht es wohl weniger, dass die Ökonomin, die Ende 2019 ins Direktorium der Europäischen Zentralbank aufrückte, nun für erfrischende Farbtupfer in der sonst scheinbar langweiligen privaten Anlagewelt der sechs EZB-Direktoren und 19 Notenbankchefs sorgt. Die müssen, um mögliche Interessenskonflikte aufzudecken oder diesen vorzubeugen, bezüglich ihrer privaten Geldanlagen blankziehen. Den Voyeurismus, wie EZB-Granden privat anlegen, befriedigte kürzlich die Wirtschaftswoche.
Herrin der Zinsen sind Zinsen egal
Beruhigend für den EU-Bürger: Christine Lagarde und ihr Team sind nicht jung und brauchen Geld, sondern sind (bekanntlich) älter und haben Geld. Beruhigend ist zudem, dass Christine Lagarde den Einblick gibt, dass sie Konten hat, auf denen mehr als 100.000 Euro liegen und damit die Einlagensicherungsgrenze überschreitet. Wie groß wäre wohl allgemein das Vertrauen in die Banken, wenn ausgerechnet die EZB-Präsidentin bei mehreren Banken immer nur 100.000 Euro deponiert hätte? Andererseits gibt es zu denken, dass die Herrin der Zinsen offenbar kein Problem mit der Verzinsung von Bankeinlagen erkennt. Vielleicht ist aber auch ihr Gehalt und Ihre Pension zu üppig, um sich mit rentierlicheren Anlagen befassen zu müssen?
Dagegen scheinen die EZB-Direktoren Jens Weidmann und Isabel Schnabel ihre Vermögensbildung noch nicht abgeschlossen zu haben. Weidmann investiert (tapfer) in verschiedene ETFs auf den Dax. Abenteuerlustiger zeigt sich dagegen Schnabel. Diese Charaktereigenschaft bewies sie früh bei einem Praktikum in Sankt Petersburg, wo sie auf Russisch Umfragen bei diversen Banken am Telefon durchführte. „Ihre anderen Auslandsaufenthalte in den USA, Frankreich und Großbritannien nehmen sich dagegen fast schon langweilig aus“, schreibt Emma. Die Aktienanlage von „Deutschlands einflussreichster Ökonomin“ nimmt sich ebenso bunt und Neuem gegenüber aufgeschlossen aus: Die ehemalige Wirtschaftsweise hat Trendsetter wie Spotify und Snap im Depot, aber auch Tech-Riesen wie Apple, Amazon oder Google-Mutter Alphabet und Facebook. Mit Teamviewer hat sie in ein Unternehmen investiert, dass vom aktuellen Homeoffice-Trend profitiert. Mit Alibaba stimmt auch die Asien-Allokation und zusätzlich setzt sie auch auf die heimischen Größen BASF, Bayer, Fresenius und Daimler.
Mit dieser Allokation liegt Schnabels Performance auch deutlich – vermutlich in fast jedem Zeitraum – über der von Weidmann. Vermögensberater würden ihr trotzdem raten, breiter zu streuen. Dagegen würde sich Warren Buffett eher überlegen, Schnabel zu adoptieren. Lehrt doch der Milliardär: „Diversification is protection against ignorance. It makes little sense if you know what you are doing.“
A Fistful of Dollars
Wenn die EZB alsbald auch noch Aktien kauft, sollte man Schnabel die Kaufentscheidungen anvertrauen. Wenig vertrauensbildend wäre beim Bürger aber, wenn ein Zentralbanker zu viel über künftige Marktentwicklungen wüsste – das gilt auch für Ehepartner. Anfang 2012 musste Philipp Hildebrand als Präsident der Schweizer Nationalbank zurücktreten, weil die geschäftstüchtige Gattin Kashya vor einer Wechselkursentscheidung der Zentralbank Dollar im Wert von über einer halben Million kaufte.
For a Few Dollars More
Ein gutes Briefing genießen auch manche Politiker. Laut Medienberichten stießen US-Senatoren, die über geheime Informationen zur Pandemie verfügten, kurz vor dem Crash millionenschwere Aktienpakete ab. Wie „Pro Publica“ berichtet, stieß beispielsweise Richard M. Burr, ein Senator der Republikaner, am 13. Februar ein Aktienpaket im Wert von bis zu 1,7 Millionen Dollar ab. Burr ging dabei besonders raffiniert vor: Etwa zeitgleich redete Burr die Gefahr einer globalen Pandemie durch das Coronavirus öffentlich klein. Eine Woche nach Burrs Aktienverkäufen begann der historische Zusammenbruch der Börsen infolge der Corona-Panik. Burr sollte besser Vermögensverwalter werden.
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