Aba begrüßt geplante Lockerung der Bedeckungspflichten
Verband nimmt Stellung zum BRSG-II-Referentenentwurf: Möglichkeit zur temporären Unterdeckung, Risikokapitalquote steigt von 35 auf 40 Prozent.
Die Reform der Betriebsrenten geht in eine neue Runde: So ist am Donnerstag eine Konsultationsphase für das 2. Betriebsrentenstärkungsgesetz abgelaufen, bis dahin hatten die Verbände Zeit, zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Bundesfinanzministeriums (BMF) Stellung zu nehmen. Dies hat auch die Arbeitsgemeinschaft betriebliche Altersversorgung e.V. (Aba) getan. Sie hat ihre Bewertung der geplanten gesetzlichen Änderungen zudem in einem Pressegespräch am Freitag dargelegt. Sehr begrüßenswert findet der Verband demnach die geplanten Regelungen für eine Lockerung der Bedeckungspflichten bei bestimmten Pensionskassen. So erklärt der Aba-Vorsitzende Dr. Georg Thurnes: „Unter den EbAV mit Defined-Benefit-System ist die (deutsche) Pensionskasse die einzige Einrichtung, die ihr Sicherungsvermögen nach Buchwerten nicht temporär unterdecken darf“ – dies sei im europäischen Vergleich einzigartig. Der Referentenentwurf sehe nun vor, dass eine temporäre Unterdeckung um bis zu zehn Prozent und über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren möglich ist, immer dann, wenn ein entsprechender „Sicherungsvermögensplan“ vorliegt, der Verantwortlichkeiten sowie Umfang und Dauer der Unterdeckung regelt. „Das alles jeweils natürlich nur mit Genehmigung durch die Bafin“, bekräftigt Thurnes. Man habe mit der Bafin als auch dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Vorfeld des Entwurfs sprechen können und sei mit dem Ergebnis an dieser Stelle zufrieden, so Thurnes in dem Gespräch mit Journalisten. Laut Aba ist die Regelung auf Pensionskassen beschränkt, deren Satzung die Möglichkeit vorsieht, im Extremfall die Leistungen zu kürzen, was in der Regel regulierte Pensionskassen in der Rechtsform des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) betrifft.
Kommt auf Regulierungspraxis an
Die Aba unterstützt demnach die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen, die die nationalen Anforderungen an die Kapitalanlage und die Bedeckung von Pensionskassen betreffen, schlägt aber an einigen Stellen noch Konkretisierungen und kleinere Änderungen vor. So sei zwar laut Gesetzentwurf eine Ausweitung der Risikokapitalquote in der Anlageverordnung (AnlV) von 35 aus 40 Prozent geplant, jedoch komme es hier entscheidend auf die Regulierungspraxis an. Im Nachgang des Gesetzgebungsverfahrens müsse die Aufsichtsbehörde Bafin den Altersversorgungseinrichtungen auch „den durch die neuen Regelungen geschaffenen zusätzlichen Spielraum lassen, zum Beispiel bei Prognoserechnung und ‚Bafin-Stresstest‘, so dass in der Praxis auch ‚mehr Rendite‘ erzielt werden kann“, fordert Thurnes.
Infrastruktur nur „umfangreich“?
Auch die Einführung einer eigenständigen Infrastrukturquote für Pensionskassen (und auch kleinere Versicherer, die unter den Anwendungsbereich der Anlageverordnung fallen) begrüßt die Aba. Der Teufel steckt hierbei aber im Detail. So enthält der Gesetzentwurf eine Formulierung im neu eingefügten Absatz 7 des § 3 der Anlageverordnung, nach der die fünf Prozent des Sicherungsvermögens Projekte (…) umfassen, die der Bereitstellung, dem Ausbau, dem Betrieb oder der Erhaltung eines „umfangreichen“ Vermögenswerts dienen. Die Aba weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass der Begriff des „umfangreichen Vermögenswerts“ in der ATAD-Richtlinie (ATAD-Richtline (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016), verwendet wird und in der englischen Fassung der Begriff ‚large scale asset‘. „Diese Formulierung erscheint aus unserer Sicht schwer nachvollziehbar und nicht sachgerecht. Allein die Frage zu beantworten: Was ist umfangreich? öffnet das Feld für Auslegungsdiskussionen und daher schlagen wir vor, das Kriterium „umfangreiche“ aus dem Gesetzentwurf zu streichen, fordert Thurnes und ergänzt: „Die Einführung einer Infrastrukturquote bringt jedoch nur dann einen Mehrwert, wenn die Investments bei Bafin-Stresstest und -Prognoserechnung nicht genauso behandelt werden wie Aktien und Renten, die nicht den Infrastrukturinvestments zugehörig sind.“
„Bedauerlich“: Förderquote bei 30 Prozent
Zudem begrüßt die Aba die geplanten Regelungen für die Geringverdiener-Förderung. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz habe mit Paragraf 100 EStG (Einkommenssteuergesetz) ein neues, höchst erfolgreiches steuerliches Fördermodell zum Ausbau der betrieblichen Altersversorgung speziell für Geringverdiener eingeführt. „Es ist gut, dass man im Referentenentwurf unserer Empfehlung gefolgt ist und die relevante Einkommensgrenze jährlich in dem Umfang der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ansteigen lassen will“ erklärt Thurnes. Es sei aber bedauerlich, dass es keine Verbesserung der Anreize für Arbeitgeber gebe, die Förderquote bleibe bei 30 Prozent. „Wir hoffen auf bessere Staatsfinanzen und eine klare Priorisierung der betrieblichen Altersversorgung beim erforderlichen Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge für Arbeitnehmer“, betont Thurnes.
Mehr Möglichkeiten für ein Opting-Out
Auch die neuen Möglichkeiten zum Opting-Out sieht die Aba positiv. Bisher konnte das Opting-Out nur durch Tarifverträge eingeführt werden. Dies sei nun nach dem Entwurf auch durch Betriebsvereinbarungen auf Betriebsebene möglich, allerdings nur, wenn sich Arbeitgeber finanziell beteiligen. „Optionsmodelle, das zeigen die Erfahrungen im Ausland, sind in der Lage, die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu steigern. Es ist daher zu begrüßen, dass in Zukunft auch bei uns mehr Betriebe eine automatische Entgeltumwandlung für ganze Belegschaften rechtssicher vereinbaren können“, erklärt Thurnes. Für den 20-prozentigen Arbeitgeberzuschuss fehle jedoch ein sachlicher Grund. „Wir fürchten, dass daran viele solcher Modelle scheitern werden. Hier muss nachgebessert werden“, fordert Thurnes.
In Zukunft solle in einem Arbeitsvertrag ein nicht einschlägiger Tarifvertrag über ein Sozialpartnermodell auch dann in Bezug genommen werden können, „wenn das Arbeitsverhältnis in den Organisationsbereich einer Gewerkschaft fällt, die das Sozialpartnermodell trägt“. Damit bleibe es zwar beim Tarifvorbehalt, aber es werde die Möglichkeit geschaffen, auf der Basis einer beiderseitigen Freiwilligkeit über die Einbeziehung tariffremder Arbeitnehmer zu entscheiden. „Im Detail wird man die eine oder andere Regelung noch anpassen müssen. Aber jetzt kommt es vor allem auf die (potenziell) Beteiligten an, ob die attraktiven Sozialpartnermodelle Fahrt aufnehmen“, betont Thurnes.
Direktzusage dringend anpassen
Zusammenfassend enthalte die geplante Betriebsrentenreform „viele sinnvolle Maßnahmen zur Weiterentwicklung der betrieblichen Altersversorgung. Etwas mehr Reformelan wäre aber wünschenswert gewesen“, fasst Aba-Vorsitzender Georg Thurnes zusammen. Er kritisiert: Wieder einmal finde sich in einem bAV-Reformpaket nichts zur Verbesserung des deckungsmittelstärksten Durchführungsweges, der Direktzusage. Die ertragssteuerliche und handelsbilanzielle Bewertung von Direktzusagen müsse dringend angepasst und so weit wie möglich vereinheitlicht werden.
„Enttäuschend ist auch, dass immer von Entbürokratisierung gesprochen wird, aber den Worten kaum Taten folgen. Die Verwaltungserleichterungen beim Pensionssicherungsverein sind gut. Schlecht ist, dass wir immer noch keinen Gleichklang haben zwischen den Schriftformerfordernissen im Nachweisgesetz und im Steuerrecht“ bemängelt Thurnes. Er erläutert dann, „und das, obwohl das den Staat nichts gekostet hätte. Die Unternehmen könnten aber viel einsparen. Es bleibt daher bei unseren Forderungen: Die betriebliche Altersversorgung muss digitaler werden (dürfen).“
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Alternative Anlagen | Betriebliche Altersversorgung (bAV)
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