Strategien
13. Februar 2018
Leitstern Liabilities
Für eine Versicherung Geld anzulegen ist eine komplexe Angelegenheit. Deutlich vereinfacht wird diese Übung, wenn man sich dabei konsequent an der Verpflichtungsseite orientiert, was auch von Solvency II honoriert wird. Dass dabei immer noch Platz für üppige Aktienrisiken sein kann, zeigt die Provinzial-Nordwest.
„Vier gewinnt“ heißt ein beliebtes Zweipersonen-Strategiespiel, dessen Ziel es ist, als Erster vier der eigenen Spielsteine in eine Linie zu bringen. „Vier gewinnt“ könnte man aber auch das Strategiespiel der Lebensversicherungen nennen, bei dem es gilt, die Assets so auf Linie zu bringen, dass am Ende die Nettoverzinsung bei um die vier Prozent steht. Zu den Siegern zählt die Provinzial Nordwest Lebensversicherung. Deren durchschnittliche Nettoverzinsung betrug in den vergangenen drei Jahren 4,2 Prozent. 2016 waren es 4,1 Prozent.
Deutlich weniger attraktiv sind dafür die Vierprozenter auf der Verpflichtungsseite. Aber auch diesen hochdotierten Liabilities kann man bei Provinzial Nordwest, zumindest in einer relativen Betrachtung, etwas Positives abgewinnen: „Relevant ist nicht in erster Linie die Höhe der Zinsverpflichtung, sondern die Duration. Ein innerhalb von zehn Jahren auslaufender Vierprozenter, gut ausfinanziert durch entsprechende frühzeitig gekaufte Kapitalanlagen, ist anders zu bewerten als 3,25-Prozenter, die noch 70 Jahre lang laufen“, sagte Frank Neuroth, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der in Kiel ansässigen Provinzial Nordwest Lebensversicherung, auf dem Faros Institutional Investors Forum Mitte November in Frankfurt.
Deutlich weniger attraktiv sind dafür die Vierprozenter auf der Verpflichtungsseite. Aber auch diesen hochdotierten Liabilities kann man bei Provinzial Nordwest, zumindest in einer relativen Betrachtung, etwas Positives abgewinnen: „Relevant ist nicht in erster Linie die Höhe der Zinsverpflichtung, sondern die Duration. Ein innerhalb von zehn Jahren auslaufender Vierprozenter, gut ausfinanziert durch entsprechende frühzeitig gekaufte Kapitalanlagen, ist anders zu bewerten als 3,25-Prozenter, die noch 70 Jahre lang laufen“, sagte Frank Neuroth, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der in Kiel ansässigen Provinzial Nordwest Lebensversicherung, auf dem Faros Institutional Investors Forum Mitte November in Frankfurt.
Leitstern in der Kapitalanlage der etwa 20 Milliarden Euro der Lebensversicherung ist die Verpflichtungsseite. Diese wird auf der Anlageseite in einem „Replikationsportfolio“ widergespiegelt, das sich im Rahmen komplexer Analysen dadurch bestimmt, dass ein vorgegebenes Verlustbudget auch bei adversen Kapitalmarktpfaden nicht verletzt wird. Art und Dimension dieses Replikationsportfolios werden marktkonsistent nachjustiert. Je höher also bei potenzieller Verletzung des Verlustbudgets die Nachschussgefahr für die Holding des in Münster ansässigen, zweitgrößten öffentlich-rechtlichen Versicherungskonzerns wäre, desto mehr Replikation. Aktuell liege der optimale Replikationsgrad basierend auf den Cashflows bei 65 bis 70 Prozent.
Optimierung der Optionalitäten
Material für den Durations-Hedge kommt auch von den Sparkassen, deren Hypotheken-Finanzierungen der Lebensversicherer zum Teil übernimmt. 20 Jahre laufende Hypotheken sind für eine Lebensversicherung auch wegen der Duration attraktiv. „Negativ sind hierbei allerdings die gesetzlich erzwungenen Optionalitäten einer Kündigung nach zehn Jahren. Schließlich haben wir Optionalitäten auf der Passivseite schon genug“, erläuterte der Provinzial-Vorstand. Daher setzt der Versicherer die Kredite im Zuge der Replikationsbetrachtungen nur mit einer Laufzeit von zehn Jahren an. Etwas versüßt wird der Lebensversicherung die zu schluckende Optionalitäts-Kröte aber mit einer durch die Steilheit der Zinskurve bedingte Prämie.
Frank Neuroth lässt durchblicken, dass der Replikationsfokus bei „gelernten Kapitalanlegern“ wegen der langen Duration mit Blick auf Zinserhöhungsrisiken mit etwas Skepsis begleitet wird. „Bei gesamthafter Betrachtung muss man aber sehen, dass ein Zinsanstieg zwar den Wert der Kapitalanlagen mindert, gleichzeitig aber die Passivseite aufgrund ihrer systematisch höheren Duration mindestens genauso viel Wert verliert. Wichtig ist, das langfristige Verpflichtungsrisiko im Griff zu haben“, sagte Neuroth. Versicherer, die nicht der Passivseite folgten und Verbindlichkeiten hedgten, würden daher ein Risiko eingehen, das im neuen Solvenzmodell hoch dotiert ist.
Zur Begründung verweist Neuroth auf das Geschäftsmodell einer Lebensversicherung, bei dem aufgrund der Asymmetrie der Gewinnverteilung der Upside eine deutlich größere Downside gegenüberstehe. „Falls die Zinsen tatsächlich steigen sollten, beklagen wir das nicht, sondern freuen uns über die Gelegenheit des Nachkaufens“, erläutert Neuroth. Die gebuchten Bruttobeiträge der Provinzial Nordwest Leben lagen 2016 bei zwei Milliarden Euro.
Zur Begründung verweist Neuroth auf das Geschäftsmodell einer Lebensversicherung, bei dem aufgrund der Asymmetrie der Gewinnverteilung der Upside eine deutlich größere Downside gegenüberstehe. „Falls die Zinsen tatsächlich steigen sollten, beklagen wir das nicht, sondern freuen uns über die Gelegenheit des Nachkaufens“, erläutert Neuroth. Die gebuchten Bruttobeiträge der Provinzial Nordwest Leben lagen 2016 bei zwei Milliarden Euro.
Lange Durationen auf der Anlageseite waren in der Vergangenheit der Rendite nicht abkömmlich. Die Nettoverzinsung der Lebensversicherung basiert aber auch auf Aktienrisiken. 2016 betrug die Aktienquote zwölf und nach Sicherungsmaßnahmen immer noch überdurchschnittliche sechs Prozent. Im Schnitt waren Lebensversicherer Ende 2016 zu 4,4 Prozent in Aktien investiert. Hinzu kommt bei der Provinzial Nordwest Lebensversicherung noch eine halbprozentige Quote an Private Equity.
Hohe Aktienquoten
Hohe Aktienquoten
Ende 2016 lag die Aktienquote vor Sicherungen sogar bei 15 Prozent und bei der Komposit-Versicherung, deren Kapitalanlagen bei etwa fünf Milliarden Euro liegen, sogar bei 33 Prozent. Bei der Komposit kommen ebenfalls noch 200 Millionen Euro beziehungsweise knapp zwei Prozent an Private Equity hinzu. Besonders stark wurde die Aktienquote in der Westfälischen Provinzial im vergangenen Jahr hochgefahren. Der Schaden- und Unfallversicherer des Versicherungskonzerns erhöhte 2016 sein Aktien-Exposure um ein Viertel.
Die Begründung: Die Einführung von Solvency II beziehungsweise der Wegfall der Restriktionen der Anlageverordnung. Dies animierte die Westfälische zu einer Optimierung der Kapitalanlagen dergestalt, dass – um das zur Verfügung stehende Risikokapital effizienter zu nutzen – der Renten-Direktbestand größtenteils abgebaut und im Gegenzug die Investments in Wertpapierfonds, insbesondere in den Aktienkonzepten, aufgestockt wurden. Ebenfalls erhöht wurden die geldmarktnahen Anlagen. Wesentlich reduziert wurde dagegen der Portfolioanteil an Staatsanleihen.
Die Begründung: Die Einführung von Solvency II beziehungsweise der Wegfall der Restriktionen der Anlageverordnung. Dies animierte die Westfälische zu einer Optimierung der Kapitalanlagen dergestalt, dass – um das zur Verfügung stehende Risikokapital effizienter zu nutzen – der Renten-Direktbestand größtenteils abgebaut und im Gegenzug die Investments in Wertpapierfonds, insbesondere in den Aktienkonzepten, aufgestockt wurden. Ebenfalls erhöht wurden die geldmarktnahen Anlagen. Wesentlich reduziert wurde dagegen der Portfolioanteil an Staatsanleihen.
Umgesetzt wird die Aktienallokation laut Geschäftsbericht zum einen in einem Investmentkonzept, das auf die Vereinnahmung von Dividenden bei gleichzeitiger Begrenzung von Wertschwankungen ausgerichtet ist. Hinzugenommen wurde als Reaktion auf das Niedrig- und Negativzinsumfeld ein weiteres Investmentkonzept, welches eine 70-prozentige Absicherung des Aktienrisikos vorsieht. Darüber hinaus investiere man „in geringerem Umfang in risikoreichere Aktienbausteine, die bei Bedarf abgesichert werden“. In der Leben würden neben dem verminderten Durationsrisiko auch Kapitalanlagerisiken reduziert, wenn die Replikation erhöht wird.
Für die Kompositversicherung wurden die Anlagerisiken bereits reduziert, da die deutlich verengten Spreads in vielen Anlageklassen keine adäquate Risikoprämie abwerfen. „Wir wägen also ab, wo das Risiko besser vergütet wird, und das ist zur Zeit eher auf der versicherungstechnischen Seite gegeben“, erklärte Neuroth. „Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass wir unseren Aktienbestand reduzieren. Risiken reduzieren wir zum Beispiel bei Anleihen. In dieser Asset-Klasse wird das Risiko gerade in den Sub-Segmenten nur schlecht bezahlt.“ Unter anderem sei die Provinzial bei Anleihen in den USA investiert, wobei das Wechselkursrisiko komplett abgesichert wird. „FX-Risiko brauchen wir für das Geschäftsmodell unserer Versicherer nicht.“ Nach Hedge-Kosten bleibt von den Mehr-Renditen aber nicht mehr allzu viel übrig. Als Investmentkalkül nennt Neuroth für US-Anleihen die Credit-Diversifikation.
Für die Kompositversicherung wurden die Anlagerisiken bereits reduziert, da die deutlich verengten Spreads in vielen Anlageklassen keine adäquate Risikoprämie abwerfen. „Wir wägen also ab, wo das Risiko besser vergütet wird, und das ist zur Zeit eher auf der versicherungstechnischen Seite gegeben“, erklärte Neuroth. „Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass wir unseren Aktienbestand reduzieren. Risiken reduzieren wir zum Beispiel bei Anleihen. In dieser Asset-Klasse wird das Risiko gerade in den Sub-Segmenten nur schlecht bezahlt.“ Unter anderem sei die Provinzial bei Anleihen in den USA investiert, wobei das Wechselkursrisiko komplett abgesichert wird. „FX-Risiko brauchen wir für das Geschäftsmodell unserer Versicherer nicht.“ Nach Hedge-Kosten bleibt von den Mehr-Renditen aber nicht mehr allzu viel übrig. Als Investmentkalkül nennt Neuroth für US-Anleihen die Credit-Diversifikation.
Die Asset-Klasse Private Equity (PE) läuft bei der Provinzial Nordwest „seit Jahrzehnten erfolgreich“. Die Immobilienstrategie musste dagegen in den vergangenen Jahren überarbeitet werden, was sich auch an einer verringerten Immobilienquote zeigt. Das gesamte Immobilien- und PE-Portfolio wird in der näheren Zukunft nicht ausgebaut. Im vergangenen Geschäftsjahr ist die Private-Equity-Quote von 0,9 auf 0,5 Prozent gesunken. Grund war, dass 2016 die Rückflüsse die Dotierungen überstiegen.
Die auch unter Replikations-Gesichtspunkten interessante illiquide Asset-Klasse Nummer 3, Infrastruktur, bleibt (noch) außen vor. Frank Neuroth: „Bei Infrastruktur sind wir noch in der F&E-Phase. Vorstellbar ist, dass wir uns hier mit Partnern zusammentun.“ Eine gute Infrastruktur-Vorbereitung ist eine gute Basis dafür, auch künftig vorzeigbare Nettoverzinsungen zu erwirtschaften. Wichtigere Komponenten für ein erfolgreiches Abschneiden bei „Vier gewinnt“ werden aber das Aktien-Exposure und bei der Neuanlage die weniger beeinflussbare Zinsentwicklung sein.
portfolio institutionell, Ausgabe 1/2018
Autoren:
Patrick Eisele
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portfolio institutionell, Ausgabe 1/2018
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