Schwarzer Schwan
15. September 2017

Methusalem aus Österreich

Immer wieder Österreich. Die Alpenrepublik rockt einmal mehr den Anleihenmarkt.

Großes Aufatmen bei Kapitalanlegern: Mit der Republik Österreich glaubt ein bedeutender Emittent offenbar an einen Zinsanstieg. Nur so lässt sich erklären, warum sich die Alpenrepublik im Rahmen einer Anleiheemission mit 2,1 Prozent einen niedrigen Kupon sicherte – und zwar für die nächsten 100 Jahre. Österreich hatte zwar kurz- bis mittelfristig Probleme, einen neuen Bundespräsidenten zu finden, denkt ansonsten aber extrem langfristig. 
Doch wer soll das Papier kaufen? 100 Jahre von einem Emittenten, der in den vergangenen 100 Jahren zwei Mal bankrott war? 100 Jahre von einem Emittenten, der im 19. Jahrhundert unter den Habsburgern gleich fünfmal pleite war? 100 Jahre von einem Emittenten, der sich erst im vergangenen Jahr bei Heta, der Hypo-Alpe-Adria-Nachfolgebank, trotz Garantien weigerte, die Anleihen zu bedienen – obwohl man zahlungsfähig war? Kärnten war für Anleger das, was für deutsche Fußball-Fans Cordoba war.
Methusalem-Komplott gegen Anleger?
Wer die Anleihen nicht kauft, sind die Bewohner von Venezuela, Ecuador und Nordkorea sowie Mörder und Drogenhändler. Diese Damen und Herren kaufen schließlich laut J.-P.-Morgan-Chef Jamie Dimon Bitcoins. Papageien und Schildkröten könnten allerdings prüfen, ob die Anleihe als Baustein Mehrwert für ihr Asset-Liability-Management bietet. Diese Kreaturen weisen nicht nur eine besonders hohe Lebenserwartung auf, sondern sind ja auch bescheiden und können mit einem Rechnungszins von zwei Prozent leben. Als Käufer in Frage kommt auch Außenminister Sebastian Kurz, der schließlich erst süße 31 Lenze zählt. Die natürlichen Käufer sind aber Banken, die Material für die Fristentransformation suchen – zumindest die systemrelevanten, die sich bei einem Zinsanstieg dann retten lassen können.
Möglicherweise werden Anleger mit dem Methusalem-Bond aber auch glücklich. Im April 2016 haben auch Belgien und Irland 100-jährige Anleihen mit einem Kupon von etwa zwei Prozent emittiert. Die Performance seit Emission: je etwa zwölf Prozent. Großes Plus: Die Laufzeit beträgt nun nur noch 98,5 Jahre! 
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio institutionell ein schönes Wochenende. 
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