Schwarzer Schwan
17. März 2017

Die Gnade kleiner Anlagevolumina

Im Westen nichts Neues: Das Team des Yale Endowment Fund unter der Leitung von Finanzchef David Swensen schlug auch im vergangenen Geschäftsjahr die Kollegen von Harvard. Doch Größe ist nicht alles.

Ein Blick in die Statistiken der National Association of College and University Business Officers, kurz Nacubo, offenbart zwei Überraschungen. Erstens: Mit einer Rendite von 3,4 Prozent – Stichtag 30. Juni – lagen die Überflieger von Yale mit ihrem gigantischen Anlagevolumen von 24,5 Milliarden Dollar renditetechnisch unter den vier Prozent, die der S&P 500 in diesem Zeitraum zulegte.
Zweitens schnitten in diesen komplexen Zeiten überraschenderweise kleinere, mit weniger internen Ressourcen hantierende Stiftungsfonds mit einer Durchschnittsrendite von minus einem Prozent besser ab als die großen Player, die 1,9 Prozent verloren. Wie die Statistik weiter zeigt, gilt die Stuck-in-the-middle-Problematik offenbar nicht nur für Asset Manager, sondern auch für mittelgroße Stiftungsfonds. Wer 500 Millionen bis eine Milliarde Dollar auf die Waage bringt, verlor im Beobachtungszeitraum im Schnitt 2,2 Prozent. 
Schwergewicht Yale die Show gestohlen hat 2016 indessen der 46 Millionen Dollar leichte Stiftungsfonds des in der Nähe von New York angesiedelten Houghton College. Er performte bis zum 30. September mit 11,85 Prozent. Das Erfolgsrezept von Houghton: keine Hedgefonds oder sonstige Alternatives. Stattdessen werden gleichgewichtet 76 Prozent in US- und sonstige Aktien und 24 Prozent in Fixed Income investiert. Viel einfacher geht es kaum, zumal die Umsetzung über Indexfonds von Vanguard und aktive Fonds erfolgt. Künftig sollen die passiven Investments noch ausgebaut werden. 
Apropos: Im großen Stil passiv zu investieren, setzt ein gewisses Gottvertrauen voraus. Das weiß auch die Präsidentin des kirchennahen Houghton College, Shirley Mullen. Besucher im Internet werden von ihr entsprechend spirituell begrüßt: „God is always surprising our world by starting large things in small places.“
Vincent Morris, Vice President Finance des Houghton College, meldet sich ebenfalls zu Wort. Er begründet die Hedgefonds-Abstinenz gegenüber der New York Times nicht mit Zweifeln gegenüber risikoadjustierten, absoluten Renditen oder den Maximum Drawdowns im Jahr 2008, sondern mit Kostenüberlegungen und Statussymbolen: „Dieses 2+20-Modell ist komplett lächerlich, die Kostenstrukturen sind hanebüchen“, so Morris. „Und wo sind die Yachten der Kunden?“ 
Alles auf Aktien und Renten
Auch allgemein führt die New York Times die Outperformance der kleinen gegenüber den großen Endowments fast ausschließlich auf die unterschiedlichen Allokationen von alternativen Investments, insbesondere von Hedgefonds, zurück. Gemäß der Erhebung investieren Stiftungsfonds mit über einer Milliarde Dollar im Schnitt 58 Prozent ihrer Assets in Alternatives. 20 Prozent werden in Hedgefonds allokiert. In der Gruppe der kleinsten Endowments, nämlich Fonds mit weniger als 25 Millionen Dollar, sind nur zehn Prozent in Alternatives beziehungsweise nur sechs Prozent in Hedgefonds allokiert.
Die Gnade kleiner Anlagevolumina lässt den Hedgefonds-Kelch also an kleinen Stiftungsfonds nahezu komplett vorübergehen. Im Beobachtungszeitraum litt die eigentlich auch aus Diversifikationsgründen allokierte Hedgefondsbranche nicht zuletzt an ihren Wetten auf das Pharmaunternehmen Valeant, wie etwa Pershing Square Capital, und auf den Verbleib Großbritanniens in der EU. 
Nicht ganz objektiv kommentiert Vanguard, dass die meisten Investoren mit einem kostengünstigen, breit diversifizierten Portfolio viel besser als mit diesen komplexen Vehikeln abschneiden würden. Die Zahlen sind jedoch eindeutig: Ein simples Portfolio aus 70 Prozent Aktien und 30 Prozent Anleihen erzielte über fünf Jahre hinweg annualisiert 7,1 Prozent Rendite und über zehn Jahre 6,1 Prozent. Stiftungsfonds mit mehr als einer Milliarde Dollar kamen dagegen annualisiert auf Fünfjahressicht auf 6,1 Prozent und auf Zehnjahressicht auf 5,7 Prozent.     
Die Hoffnung stirbt zuletzt 
Tapfer erklärt das Team von Harvard, dessen Hedgefonds im Finanzjahr 2016 1,2 Prozent verloren, dass man nach wie vor daran glaube, „dass Partnerschaften mit Best-in-Class-Managern zu attraktiven, risikoadjustierten Renditen führen“. Je niedriger die aktuellen Renditen, desto höher der Reiz von möglicherweise höheren Renditen, kommentiert die New York Times spitz. Eines ist aber auch klar: Mit fast 100 Monaten ist die aktuelle Aktienhausse die zweitlängste in der Nachkriegshistorie. Wenn die Märkte wieder einmal einbrechen, werden vor allem Absolute-Return-Ansätze („Hedgefonds“) auf kleine und große Anleger einen ganz großen Reiz ausüben. 
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende. 
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