Bundesbank: Sorge vor Belastung durch Zinsänderungsrisiko
Deutsche Bundesbank trägt dieses Jahr nur 400 Millionen Euro zum Staatshaushalt bei, obwohl die Zinserträge 2016 um eine Milliarde Euro stiegen. Bundesbankpräsident mahnt Änderung der Geldpolitik an und sorgt sich wegen des Zinsänderungsrisikos in der Bundesbankbilanz.
Der Jahresüberschuss der Bundesbank ist 2016 auf rund eine Milliarde Euro geschrumpft, nachdem es im Vorjahr noch 3,2 Milliarden Euro waren. An das Bundesfinanzministerium überweist die Notenbank davon knapp 0,4 Milliarden Euro, der Rest fließt aufgrund geänderter Abzinsungsbestimmungen in Pensionsrückstellungen. Dies teilte die Bundesbank heute auf ihrer Jahrespressekonferenz mit. Schuld an der deutlich geringeren Überweisung an den Bund sind geänderte Regeln für Pensionsrückstellungen. Die Regierung hatte allerdings in ihrem Etat einen höheren Gewinn von 2,5 Milliarden Euro eingeplant.
„Der Jahresüberschuss ist geringer ausgefallen als im Vorjahr, weil die Bundesbank ihre Risikovorsorge erhöht hat“, erklärte Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Für die Risikovorsorge stockte die Bundesbank eigenen Angaben zufolge ihre Wagnisrückstellung insgesamt um 1,8 auf 15,4 Milliarden Euro auf. Die Aufstockung sei vor allem auf Zinsänderungsrisiken zurückzuführen, die sich aus den wachsenden Wertpapierbeständen im Rahmen der verschiedenen geldpolitischen Ankaufprogramme ergäben und im zurückliegenden Geschäftsjahr erstmals berücksichtigt worden seien, erläuterte Weidmann.
Im Zuge der geld- und währungspolitischen Geschäfte erhöhte sich die Bilanzsumme der Bundesbank um 400 auf 1.400 Milliarden Euro. Damit habe sich die Bilanzsumme seit dem Jahr 2006 mehr als verdreifacht. Auf der Aktivseite entfiel laut Carl-Ludwig Thiele, Mitglied des Vorstands der Bundesbank und zuständig für Rechnungswesen und Controlling, ein großer Teil der Bilanzausweitung auf den Anstieg des Bestandes der Wertpapiere für geldpolitische Zwecke um 185,4 auf 357,7 Milliarden Euro. Allein aus dem Ankauf deutscher Staatsanleihen im Rahmen des Public Sector Purchase Programm (PSPP) habe sich ein Zuwachs von 165,4 Milliarden Euro ergeben. Zudem schlugen sich die Liquiditätszuflüsse aus dem europäischen Ausland in einer Zunahme der Target-2-Forderung gegenüber der Europäischen Zentralbank um 170,1 auf 754,3 Milliarden Euro nieder. Auf der Passivseite habe die durch die Ankaufprogramme geschaffene und aus dem Ausland zugeflossene Liquidität zur Bilanzausweitung beigetragen, führte Thiele weiter aus. Die Einlagen von Kreditinstituten bei der Bundesbank hätten sich um 202,6 auf 411,3 Milliarden Euro erhöht, zugleich seien die Euro-Guthaben der in- und ausländischen Einleger um 123,8 auf 222,8 Milliarden Euro gestiegen.
Bundesbank: Fristenkongruenz kann zu Verlusten führen
Wie die Bundesbank weiter mitteilte, kletterten die Nettozinserträge 2016 gegenüber dem Vorjahr um eine Milliarde Euro auf 3,3 Milliarden Euro. Dies sei vor allem auf die durch die anhaltenden Anleihekäufe steigende Überschussliquidität der Banken und die negative Verzinsung der Einlagen zurückzuführen. „Zinsen werden heute interessanterweise über die Passivseite verdient, während die Aktivseite – hier erwerben wir ja im Rahmen des Anleihekaufprogramms ganz überwiegend niedrig rentierliche Bundespapiere – kaum mehr etwas einbringt“, so Weidmann. Er warnte jedoch, dass diese Zinserträge nicht nachhaltig sind, zumindest dann nicht, wenn die Zinsen wieder steigen. „Während die Aktivseite aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Fristigkeit auch längerfristig kaum Erträge erwirtschaften wird, können auf der Passivseite bei den Einlagen im Falle von Leitzinserhöhungen rasch Zinsaufwendungen entstehen. Unterm Strich kann diese Fristeninkongruenz dann zu Verlusten führen“, merkte der Bundesbankpräsident an.
Neben Wechselkursrisiken, Kreditrisiken aus den Refinanzierungsoperationen und Ausfallrisiken aus dem geldpolitischen Ankauf von Wertpapieren müsse sich die Bundesbank nun auch mit Zinsänderungsrisiken befassen. „Bei der aktuellen offenen Zinsposition von rund 300 Milliarden Euro führt ein Anstieg der Leitzinsen um einen Prozentpunkt zu jährlichen finanziellen Belastungen in einer Größenordnung von etwa drei Milliarden Euro“, rechnete Weidmann vor. „Das ist für uns eine neue Situation. Denn solange die Geldpolitik nur die kurzfristigen Zinsen am Geldmarkt steuerte, war die Bilanz der Bundesbank faktisch nicht mit Zinsänderungsrisiken belastet“, fügte er hinzu. Vor allem wegen des Zinsänderungsrisikos habe sich die Bundesbank dazu entschieden, die Risikovorsorge um 1,75 Milliarden Euro zu erhöhen.
EZB sollte geldpolitisch vom Gas gehen
In seiner Rede sprach sich Bundesbankpräsident Jens Weidmann für eine Änderung des geldpolitischen Ausblicks der EZB aus. Die expansive Ausrichtung der Geldpolitik sei sicher angemessen, aber über den angemessenen Expansionsgrad bestünden unterschiedliche Auffassungen. Man könne durchaus fragen, wie es EZB-Direktor Yves Mersch vor zwei Wochen getan hat, wann die EZB geldpolitisch vom Gas gehen sollte und ob der EZB-Rat seine Kommunikation nicht im Vorfeld etwas symmetrischer gestalten sollte, etwa indem er nicht mehr nur darauf verweist, dass die Geldpolitik gegebenenfalls auch noch expansiver ausgestaltet werden könnte. „Zumal die sehr lockere Geldpolitik maßgeblich durch den umfangreichen Ankauf von Staatsanleihen umgesetzt wird, den ich, wie Sie wissen, sehr kritisch sehe“, so Weidmann.
portfolio institutionell newsflash 23.02.2017/Kerstin Bendix
Schreiben Sie einen Kommentar