Der Schutzheilige der Aktiengurus
Treffen sich zwei chinesische Anleger. Sagt der eine: „Hast Du die Konjunkturdaten schon analysiert?“ Darauf entgegnet der andere keck: „Was hast Du denn geraucht?“
Im bevölkerungsreichsten Land der Erde haben einst zig Millionen Kleinanleger zwar nichts geraucht, was in irgendeiner Art und Weise schlecht für das Wohlbefinden oder gar illegal sein könnte, allerdings haben sie im ganz großen Stil mit Aktien spekuliert, ohne sich näher mit Bilanzen oder gar Fundamentaldaten zu befassen. Wobei sich auch das nicht gerade als förderlich für die Gesundheit herauskristallisiert hat. Vielmehr haben die Massen im Reich der Mitte den weisen Worte Xu Xiangs vertraut, einem öffentlichkeitsscheuen Tippgeber, der anno 2014 einen Skandal im volksrepublikanischen Börsengeschehen ins Rollen gebracht hat.
Was war das los? Wie der China-Korrespondent der Börsen-Zeitung, Norbert Hellmann, in Erinnerung ruft, war Xu Xiang „mit seinem anscheinend besonderen Riecher für Aktienengagements zu einer Art Ikone geworden“ und wurde am Finanzplatz Schanghai gefeiert. Der Gründer der mittlerweile geschlossenen Hedgefondsgruppe Zexi Investment Management scheffelte Millionen, seine Anlagevehikel verbuchten Traumrenditen. Laut Börsen-Zeitung galt Xu mit seinen auf sozialen Medien verbreiteten Aktientipps als regelrechter Anlageguru, dem die „Millionenscharen von chinesischen Kleinanlegern“ blind gefolgt seien.
Die Laterne im Rücken
Doch der Erfolg stand auf tönernen Füßen. Behördenangaben zufolge soll Xu Xiang gemeinsam mit Freunden und Familienmitgliedern auf Hunderten von separaten Aktienhandelskonten Frontrunning betrieben haben. Gleichzeitig soll er mit den Firmenchefs und Spitzenmanagern von mindestens 13 börsennotierten Gesellschaften konspiriert haben, um Insiderinformationen gezielt zu nutzen. Tja, wenn etwas zu schön klingt, um wahr zu sein, dann ist es meistens nicht wahr. Was es Xu Xiang letztlich gebracht hat? Fünfeinhalb Jahre Gefängnis. Vergangenen Montag wurde er rechtskräftig verurteilt.
Und was hat Konfuzius, der Schutzheilige der Aktiengurus, zu Insidervergehen und gezielter Marktmanipulation parat? Konfuzius sagt: „Erst handeln und dann mit seinen Worten sich danach richten.“ Weiter sagt Konfuzius: „Die Kunst zu führen ist, der Menge voranzugehen und sie arbeiten lehren.“ Konfuzius sagt zum Dritten: „Erwirb neues Wissen, während du das alte überdenkst. So wirst du anderen zum Lehrer.“
Doch auch für die Geprellten hat Konfuzius aufbauende Worte. Konfuzius sagt: „Die Erfahrung ist wie eine Laterne im Rücken. Sie beleuchtet stets nur das Stück Weg, das wir bereits hinter uns haben.“ Weiter sagt Konfuzius: „Ruhm liegt nicht darin, niemals zu fallen, sondern jedes mal wieder aufzustehen, wenn wir gescheitert sind.“ Konfuzius sagt außerdem: „Es schadet nichts, wenn einem Unrecht geschieht. Man muss es nur vergessen können.“
Hilfreicher wäre für alle Geprellten gewesen, wenn sie sich schon vor ihren Investments mit dem alten Meister Konfuzius befasst hätten. Konfuzius sagt: „Von denen einen Rat zu holen, die nicht den gleichen Weg gehen, ist nutzlos.“ 500 Jahre vor Christus hat Konfuzius aber eine wichtige Präzisierung vergessen: Der Ratgeber sollte den gleichen Weg nicht schon vorher gegangen sein.
In diesem Sinne wünschen Ihnen Konfuzius und die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.
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