Pension Management
21. Oktober 2016

Sechs Prozent sind verfassungswidrig

Der steuerliche Rechnungszins muss an die Realität angepasst werden. Diese Forderung seitens bAV-Experten ist nicht neu. Doch nun belegt eine neue Studie, dass der bisherige Zinssatz gegen die Verfassung verstößt.

Der steuerliche Rechnungszins für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen ist nach Auffassung von Experten verfassungswidrig. Deshalb raten sie dem Gesetzgeber, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und selbst eine Neuregelung auf den Weg zu bringen, bevor ihn das Bundesverfassungsgericht dazu zwingt. Das stellte Thomas Hagemann, Chefaktuar beim Beratungsunternehmen Mercer Deutschland, gegenüber dem Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA) in einem Gastbeitrag fest. Er verwies auf eine neue Studie, die sich mit der Verfassungsmäßigkeit des Rechnungszinssatzes in der betrieblichen Altersversorgung beschäftigt. 
Auf 130 Seiten widmen sich Professor Dr. Johanna Hey (Universität zu Köln) und Professor Dr. Sascha Steffen (Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und Universität Mannheim) den ökonomischen und steuerrechtlichen Aspekten der Niedrigzinsphase. Über 60 Seiten umfasst die verfassungsrechtliche Würdigung. Wie Hagemann in seinem Gastbeitrag für das DIA anmerkt, lässt bereits die erste These unter der Überschrift „Das Wichtigste auf einen Blick“ nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig: „Die Zinssatztypisierungen für die Abzinsung von Rückstellungen in Höhe von sechs Prozent durch Paragraf 6a Absatz 3 Satz 3 EStG und in Höhe von 5,5 Prozent durch Paragraf 6 Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a EStG verstoßen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.“
Hervor hebt Hagemann außerdem die Zusammenfassung der Studie, in der eine klare Aussage an den Steuergesetzgeber erfolgt: „Auch die erheblichen Steuerausfälle, die mit der Absenkung des Rechnungszinssatzes einhergehen, können ein dauerhaftes Festhalten an dem überhöhten Wert nicht rechtfertigen.“ Dies gelte umso mehr, als dann gegenwärtige Steuerausfälle durch höhere Rückstellungen zum großen Teil schon mittelfristig durch zukünftig höhere Auflösungen ausgeglichen werden.
Bislang zeigt sich der Gesetzgeber in keinster Weise bereit, am Paragraf 6a EStG zu rütteln. Auf diversen Veranstaltungen zu betrieblichen Altersversorgung (bAV) in den vergangenen Monaten hatten Sprecher aus dem Bundesfinanzministerium dies stets betont. Als Reaktion auf die anhaltende Niedrigzinsphase hatte der Gesetzgeber im Frühjahr dieses Jahres nur für die Bilanz nach HGB-Recht eine Entlastung beim Rechnungszins geschaffen, nicht für Steuerbilanz. „Den konsequenten zweiten Schritt, den steuerlichen Rechnungszins an die Realität anzupassen, ist er (noch) nicht gegangen“, kritisiert Hagemann. Der HGB-Rechnungszins wird zum Jahresende voraussichtlich bei vier Prozent liegen. Die Differenz zum Zinssatz für die Steuerbilanz betrage somit zwei Prozentpunkte. Für Hagemann steht fest: Damit werden durch die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes die künftigen Pensionsverpflichtungen künstlich kleingerechnet. Die Unternehmen müssen Gewinne versteuern, die es gar nicht gibt.
„Wenn die Bundesregierung es mit der beabsichtigten Reform der betrieblichen Altersversorgung ehrlich meint, muss sie den steuerlichen Rechnungszins endlich der Realität anpassen“, fordert DIA-Sprecher Klaus Morgenstern. Dieser stamme von 1981. „Mit dem inzwischen unrealistisch hohen Zinssatz werden Unternehmen, die betriebliche Altersversorgung anbieten, bestraft“, so Morgenstern.
Mehr zu diesem Thema finden Siehier. 
portfolio institutionell newsflash 20.10.2016/Kerstin Bendix 
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