Alternative Anlagen
14. Oktober 2016

Infrastruktur: Mangel an deutschen Opportunitäten

Lieber Infrastrukturrisiken als „die Wahl zwischen Pest und Cholera“. Talanx-Chef Haas macht sich im Interview für private Investoren stark.

In einem Interview mit dem Handelsblatt kritisiert Herbert K. Haas, Vorstandsvorsitzender der Talanx, den Mangel an Möglichkeiten für Versicherungen, in Deutschland in Infrastruktur zu investieren, und damit zur Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur beizutragen. „Es gibt kaum große öffentliche Infrastrukturprojekte in Deutschland, die sich für unsere Branche anbieten würden.“ Ein Hindernis liegt auf der Hand: Solange die Bundesrepublik Geld fürs Schuldenmachen bekommt, hat der Staat wenig Anlass, positive Renditeerwartungen hegende private Investoren bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten an Bord zu holen.

Allerdings wird dabei aus Sicht von Haas nicht beachtet, „dass ein privates Konsortium solche Projekte fast immer professionell umsetzt“. Zu diesem Punkt verweist der Talanx-Chef auf die Probleme beim Bau des Berliner Flughafens. „Glauben Sie, dieser Verzug wäre entstanden, wenn dort ein privater Investor in der Führung gewesen wäre? Ich glaube: nein. Aber das wird derzeit bei den Überlegungen, private Investoren an großen Infrastrukturprojekten des Bundes zu beteiligen, völlig außer Acht gelassen. Ich glaube, dass wir ein größeres Maß an Professionalität beitragen können, um solche Projekte im Zeit- und Budgetplan abzuwickeln – was dann letztlich auch helfen würde, Geld zu sparen.“

Dagegen sei man im Ausland gegenüber privaten Infrastrukturen wesentlich offener und sehe die Kompetenz von privaten Investoren. In Irland hat die Talanx im Rahmen von Public-Private-Partnerships beispielsweise schon Gerichtsgebäude und Kliniken finanziert. Hierzulande ist die Talanx beim Starkstromnetz Amprion und bei Renewables zum Zuge gekommen. So koordinierte die Talanx im vergangenen Jahr als Konsortialführer einer Gruppe institutioneller Anleger eine Anleihe im Volumen von 556 Millionen Euro zur Finanzierung des Offshore-Windparks Gode Wind 1. Insgesamt hat der Versicherungskonzern 1,5 Milliarden Euro in Infrastruktur investiert. „Wir können uns vorstellen, die Summe bis Ende 2017 auf rund zwei Milliarden Euro aufzustocken, langfristig halten wir fünf Milliarden Euro für machbar. Denn solche Projekte helfen uns, den Druck des ungeheuren Anlagenotstands zu mildern, unter dem viele Versicherer angesichts der niedrigen Zinsen stehen.“ Viele Versicherer, so Haas, haben derzeit nur die „Wahl zwischen Pest und Cholera“. Entweder gehe man in sichere Anleihen und bekomme dann keine Rendite. Oder man gehe in höher verzinsliche Anlagen und damit in erhebliche Kreditrisiken.

Versicherer sind ein idealer Partner
Infrastrukturrisiken wären der Talanx lieber. Damit die Türe für solche Investments doch noch etwas weiter aufgeht, betont Haas zum Abschluss des Interviews die Besonderheiten der Assekuranz: Eigentlich sei man als Versicherer ein idealer Partner. „Eine Bank finanziert in der Regel zehn, maximal zwölf Jahre solche Projekte. Aber wir sind wirklich langfristig orientiert und können auch 30 Jahre finanzieren, weil wir langlaufende Verbindlichkeiten haben. Wenn Sie ihre Prämie für den Lebensversicherungsvertrag für 30 Jahre einzahlen, dann wissen wir, dass wir das Geld erst in 30 Jahren zurückzahlen müssen, und können währenddessen die Prämienanteile investieren – das kann kein anderer.“ Deswegen sei die Versicherungsindustrie geradezu dafür prädestiniert, Infrastrukturpartner zu sein.

Die Talanx ist in einer von 80 in Deutschland ansässigen Infrastrukturinvestoren, wie aus dem German Markt Review für das erste Halbjahr 2016 des Bundesverbandes BAI und dem Datenbankanbieters Preqin hervorgeht. Die durchschnittliche Allocation dieser Investoren beläuft sich  auf 3,4 Prozent. Wie aus dem Paper weiter hervorgeht, sind im ersten Halbjahr dieses Jahres insgesamt 29 Infrastruktur-Deals in Deutschland abgeschlossen worden, davon 60 Prozent Renewables. Zum Vergleich: 2015 wurden es insgesamt 31 Deals abgeschlossen, 2014 waren es 38 und 2013 insgesamt 47. Der Peak war 2011 mit 56 Infrastruktur-Deals.

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