Vom Arzt verordnet
Ertragreich und unkorreliert: Healthcare Royalties scheinen die perfekte Antwort für Pensionspläne aus dem Königreich zu sein, die nach diversifizierten Renditen suchen. Doch Vorsicht: Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage.
Das Geschäft mit der Gesundheit ist lukrativ. Bis 2020 werden die jährlichen Ausgaben für Medikamente weltweit auf rund 1,4 Billionen Dollar steigen, so die Prognose des IMS Institute, nachdem 2014 erstmals die magische Eine-Billion-Grenze geknackt wurde. Den Großteil vereinnahmen die drei Top-Pharmakonzerne Pfizer, Novartis und Merck. Laut Forbes besaßen diese Ende 2015 Assets in Höhe von 169,3, 125,8 beziehungsweise 98,3 Milliarden Dollar. Die britische Glaxo Smith Kline kam auf rund 63,4 Milliarden Dollar. Das lockt auch Investoren an. Schon lange investieren britische Pensionsfonds in die Pharmaindustrie – vornehmlich über Aktien und Bonds. Doch seit kurzem gibt es eine Investmentalternative: Royalties – zu Deutsch: Lizenzzahlungen.
Immer häufiger bezahlen Pharmakonzerne lieber externe Organisationen, wie Universitäten oder Biotech-Firmen, für das Recht, deren patentierte Medikamente zu nutzen, anstatt ihr inhouse Research und eigene Entwicklungen zu nutzen. Genau darauf setzen die sogenannten Healthcare Royalties auf. Bei diesem Investment ist ein Fondsmanager involviert – normalerweise ein Private-Equity-Spezialist –, der den Patentdeal von dem Pharmaunternehmen übernimmt und dafür einen Einnahmestrom erhält. Für Pensionsfonds hat diese Struktur gleich mehrere Reize: stetige Erträge, keine Korrelation zu den traditionellen Anlageklassen Aktien und Bonds sowie die relativ langfristige Natur des Investments. Am wichtigsten dürfte jedoch das Potenzial auf positive Renditen sein. „Royalties bieten Pensionsfonds Zugang zu einer relativ ertragreichen Asset-Klasse, die gezeigt hat, dass sie zum breiten Markt und zu Wirtschaftszyklen unkorreliert ist“, erklärt Clarke Futch, Managing Partner bei Healthcare Royalty Partners. „Allgemein sind Royalties vom Arzneimittelumsatz abgeleitet, der konstant auch in Perioden niedrigen oder negativen BIP-Wachstums gestiegen ist. Das gilt auch für Zeiten volatiler Aktien- und Debt-Märkte“, fügt er hinzu. Die Cashflow-Ströme im Healthcare-Sektor werden vom Patientenaufkommen – und deren Behandlungsbedarf – beeinflusst und weniger vom Gesamtmarkt und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Außerdem bewegen sich Royalties nicht mit den Finanzmärkten mit. Doch nicht nur im Vergleich mit traditionellen Asset-Klassen verhalten sich die Lizenzen konträr, sondern auch gegenüber anderen alternativen Anlagen sind sie unkorreliert. „Royalties sind attraktiv, weil sie nicht von einem bestimmten Exit-Event, wie einem Verkauf oder Börsengang, abhängen. Vielmehr sind die Lizenzzahlungen oftmals eng mit der Lebensdauer eines Patents verbunden und werden typischerweise quartalsweise bis zum Auslaufen des Patents gezahlt“, erklärt Futch.
Royalties in Aktion
Pensionsfonds sind sich dem negativen Einfluss einer immer älter werdenden Bevölkerung bewusst. Doch diese zunehmende Langlebigkeit ist die treibende Kraft hinter dem Erfolg von den Lizenzzahlungen im Gesundheitswesen. „Weil die westliche Bevölkerung altert und ältere Menschen mehr im Gesundheitsbereich konsumieren, wachsen die Royalties oft über die Zeit. Mit diesen wachsenden Einkommensströmen können Pensionspläne verlorenes Einkommen wegen der Mindererträge über die vergangenen Jahre ersetzen“, glaubt Sam Porat, Head of Alternative Yield Strategies bei Neuberger Berman.
Die heilende Wirkung fürs Portfolio will offenbar der 15,3 Milliarden Pfund schwere Strathclyde Pensionsfonds nutzen. Vor gut zwei Jahren setzte er ein Direktinvestmentportfolio mit dem Zweck auf, die Volatilität – vor dem Hintergrund einer alternden Mitgliederschaft – zu reduzieren. Unter den recht esoterischen Investments, die innerhalb dieses 400 Millionen Pfund schweren Portfolios gemacht wurden, befand sich auch ein Mandat an Healthcare Royalty Partners in Höhe von 15 Millionen Pfund, die eine Internal Rate of Return von zwölf Prozent anstrebt.
Auch andere Altersvorsorgeeinrichtungen in Großbritannien haben diese Asset-Klasse für sich entdeckt. Ein weiteres Beispiel ist der zwei Milliarden Pfund schwere Pensionsfonds der Cumbria County Council, der ebenfalls 2014 Healthcare Royalty Partners für einen ersten Vorstoß in diesen Markt mit einem Investment in Höhe von 25 Millionen Pfund gewählt hat. Die Allokation in Royalties ist Bestandteil einer deutlichen Steigerung der Alternatives-Quote. Der Cumbrian Pensionsfonds hat seit 2014 seine Investments in diesem Bereich von drei auf elf Prozent bis Ende 2015 mehr als verdreifacht.
Die Großen unter sich
Die Handvoll britischer Pensionsfonds, die bereits in Royalties investieren, sind die großen ihrer Zunft. Denn wie bei jeder zukunftsweisenden Asset-Klasse sind nur die gut ausgestatteten Pläne in der Lage, neue Gewässer zu testen. Erst wenn die Nachfrage steigt, eröffnet sich auch für mittelgroße Pensionseinrichtungen die Möglichkeit, sich dem Thema anzuschließen. Lynda Whitney, Partner bei Aon Hewitt, ist jedoch überzeugt: Wenn sich Pensionsfonds bewusst werden, dass Royalties-Fonds mit den eigenen Anlagezielen kompatibel sind, werden sie an Popularität gewinnen. „Wir haben beobachtet, dass nach dieser Art von laufenden Einkommensquellen stärker in der Breite gesucht wird. Es ist zweifellos etwas, das die richtige Charakteristik hat und potenziell von Interesse ist. Die bislang fehlenden Investments dürften auf die Größenordnung und Verpackung zurückzuführen sein. Dennoch haben Royalties eine Reihe interessanter Attribute“, führt Whitney aus. Auch die Anbieterseite antizipiert einen Anstieg bei Lizenzinvestments.
Bislang haben das Investmentangebot von Healthcare Royalties fast nur spezialisierte Investoren genutzt. Futch begründet dies mit der Komplexität, die eine Beurteilung der Medikamentenrisiken und Strukturierung der Securities beinhaltet. Nur Unternehmen mit der nötigen Expertise im Gesundheitswesen und etablierten Private-Equity-Vehikeln, die darauf fokussiert sind, könnten sich Hoffnungen auf eine Beteiligung machen. Trotzdem steigt das Interesse traditioneller Fondsmanager, die Royalties in ihre alternativen Investmentfonds aufnehmen wollen. Ein Beispiel ist Aberdeen. Zwar erklärt Mike Brooks, Co-Manager des Aberdeen Diversified Growth Funds, dass im Portfolio bislang kein Exposure zu Healthcare Royalties besteht, er diese Asset-Klasse aber als potenzielles Investment erachtet: „Eines der attraktiven Features dieser Asset-Klasse sind die möglichen Diversifikationseffekte. Angesichts ihres Renditepotenzials, das im Einklang mit unserem Ansatz steht, in verschiedene, unabhängige Bereiche mit attraktiver Risiko-Rendite-Dynamik zu investieren, können Healthcare Royalties eine interessante, zusätzliche Asset-Klasse neben den bestehenden alternativen Investments in Flugzeugleasing, Prozessfinanzierung und Peer-to-Peer-Lending sein.“
Zu Risiken und Nebenwirkungen
Auch wenn einige große Pensionsfonds auf Royalties setzen, ist diese Asset-Klasse nicht risikolos. Weil die Zahlungen auf dem Erfolg des betreffenden Medikaments basieren, wird der Wert des Medikaments bei sich ändernden Patientenschicksalen oder dem Markteintritt eines konkurrierenden Medikaments fallen. „Risiko beinhaltet alles, was das Level des Produktverkaufs reduziert – inklusive niedrigeren Preisen und Notfallmaßnahmen, die die Patientenpopulation wirksam senken. Neue Produkte oder alternative Therapien, die dasselbe oder bessere Ergebnisse liefern, können sich auf den Verkauf auswirken“, erklärt Porat von Neuberger Berman. Einige Verkaufsrisiken ließen sich abmildern. Futch nimmt beispielsweise in einigen Fällen nur Royalties aus der ersten Verkaufstranche. Folglich leide der Fonds nicht, wenn die Verkäufe des Medikaments irgendwann baden gehen. „Wir nehmen Royalties, die sich auf einem sicheren Verkaufsabschnitt befinden. Wenn für ein Produkt zum Beispiel ein Verkaufserlös von 100 Millionen Pfunds geplant ist, würden wir die Gewinnbeteiligung an den ersten 50 Millionen Pfund des Verkaufs übernehmen, um uns gegen eine Underperformance zu schützen“, so Futch.
Obwohl Royalties in den Portfolios der britischen Pensionsfonds selten auftauchen, sind die Trustees nach Ansicht von Lynda Whitney mit dieser Asset-Klasse vertraut, und zwar als Teil der alternativen Finanzierung und eventuellen Asset Deals. In Fällen, in denen sich ein DB-Sponsor wünscht, seinen Pensionsfonds zu schützen, ohne jedoch hohe Kosten durch zusätzliches Cash zu versprechen, hat sich der Zugang zu Trademark-Alternativen als eine sinnvolle Alternative erwiesen. Whitney erwartet eine breitere Nutzung dieser Art von Funding seitens leistungsorientierter Pläne. Zugleich ermahnt sie die Trustees, ihr Verständnis über den wahren Wert solcher Assets sicherzustellen, insbesondere dann, wenn die künftige Stärke des Sponsors auf dem Spiel steht: „Man muss sich selbst fragen, wie der Wert im Worst-Case-Szenario aussieht. Es sind Investments, die nicht unter normalen Umständen in Anspruch genommen werden, sondern in Worst-Case-Szenarios gefordert werden. Deshalb müssen Trustees darüber nachdenken, was der wahre Wert ist.“
Oberflächlich betrachtet vermitteln Investments in Royalties das Gefühl, das auch andere Nischen-Asset-Klassen, wie guter Wein oder Oldtimer, versprühen. Doch unter der Oberfläche hat diese Asset-Klasse weit mehr zu bieten. Neben der Diversifikation bietet sie laufende Einkommensströme, und die fehlende Korrelation zu anderen Asset-Klassen hilft dabei, das Schiff in stürmischen Zeiten zu stabilisieren. Mehr als ein winziger Part in einer ohnehin geringen Alternatives-Allokation wird diese Art von Asset-Klassen ungeachtet ihrer positiven Eigenschaften nicht bilden können.
portfolio institutionell, Ausgabe 07/2016
Autoren: Gill Wadsworth In Verbindung stehende Artikel:
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