Versicherungen
15. Juni 2016
Eiopa-Stresstest geht in die nächste Runde
Am 24. Mai hat die dritte Auflage des EU-weiten Stresstests der Eiopa für den europäischen Versicherungssektor begonnen. Ulf Müller, Fachkoordinator Kapitalanlage bei der Assekuranz-Rating-Agentur Assekurata, hat dieses Ereignis zum Anlass genommen, die methodischen Hintergründe und bisherigen empirischen Erkenntnisse genauer zu beleuchten.
Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa) hat in der Vergangenheit zwei Stresstests für die Assekuranz durchgeführt. Zunächst im Jahr 2011 und zuletzt 2014. Wie Ulf Müller in seiner Analyse zunächst in Erinnerung ruft, waren die Ergebnisse des Jahres 2014 zahlreich publiziert und branchenweit insgesamt positiv aufgenommen worden.Auch portfolio institutionell hat darüber berichtet, wie Sie hier nachlesen können. Im Rahmen des Eiopa-Stresstests 2014 hatte die Aufsichtsbehörde die Versicherungsgesellschaften dazu angehalten, die Auswirkungen verschiedener definierter Stressszenarien zu untersuchen, um auf dieser Basis die ökonomische Resistenz des Sektors zu testen. Das so genannte Basisszenario, das der Ausgangssituation zum betrachteten Stichtag entspricht, fußte dabei im Wesentlichen auf dem Solvency-II-Standardmodell. Darüber hinaus wurden mehrere makroökonomische und versicherungsspezifische Schocks getestet, die unter anderem ein langanhaltendes Niedrigzinsszenario („Japan-Szenario“) sowie ein Szenario plötzlich steigender kurzfristiger und sinkender langfristiger Zinsen („Inverses Szenario“) beinhalten.
Garantieversprechen stehen auf dem Spiel
Eine wesentliche Erkenntnis dieses Tests war nach Einschätzung Müllers, dass die europäische Versicherungsbranche unter dem Basisszenario – und damit unter Solvency-II-Gesichtspunkten – insgesamt ausreichend kapitalisiert ist. „Dennoch konnten im Basisszenario des erweiterten Testmoduls („Niedrigzinsmodul“) 16 Prozent der Teilnehmer, die acht Prozent des gesamten Kapitalanlagevolumens repräsentierten, die künftige Solvenzkapitalanforderung unter Solvency II (Solvency Capital Requirement, SCR) nicht erfüllen und wiesen folglich eine SCR-Bedeckungsquote von unter 100 Prozent auf.“ Im Szenario eines sich plötzlich umkehrenden Zinsniveaus („Inverses Szenario“) konnten 20 Prozent der teilnehmenden Unternehmen die Solvenzkapitalanforderung nicht mehr bedecken, im „Japan-Szenario“ sogar 24 Prozent. Die Simulation einer langanhaltenden Niedrigzinsphase ergab, dass einige Versicherungsgesellschaften ab den Jahren 2022 bis 2025 Schwierigkeiten haben könnten, die Garantieversprechen an die Versicherungsnehmer zu erfüllen.
Ferner stellte Eiopa vor zwei Jahren fest, dass der Versicherungssektor in einem so genannten „Double-Hit“-Stressszenario besonders verwundbar ist. Ein solches Szenario kombiniert nach Angaben Ulf Müllers einen abrupten Marktwertrückgang auf Kapitalanlagen mit einem niedrigen Zinsniveau. Laut der Untersuchung wären im extremsten Fall 44 Prozent der europäischen Teilnehmer am Stresstest unter Solvency II nicht ausreichend kapitalisiert. Aus diesem Grund werde im aktuellen Eiopa-Stresstest 2016 ein solches „Double-Hit“-Szenario erneut unter die Lupe genommen, so Müller. „Gerade in Zeiten einer äußerst expansiven Geldpolitik seitens der EZB, in der erste Marktteilnehmer auf die Gefahr von Blasenbildungen – beispielsweise auf Aktien- und Immobilienmärkten – hinweisen, ist der Eintritt eines kombinierten Stressereignisses nicht mehr völlig unrealistisch“, schreibt der Assekurata-Fachmann. Das konkrete Szenario des Eiopa-Stresstestes 2016 erscheine aber extrem unwahrscheinlich.
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Nicht ganz abwegige Szenarien
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Nicht ganz abwegige Szenarien
„In der 2016er Auflage des Eiopa-Stresstests wird es spannend sein zu beobachten, wie die Unternehmen im Vergleich zu 2014 insbesondere im ‚Double-Hit‘-Stressszenario abschneiden“, wobei aus Sicht Müllers nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Kalibrierung der Stressszenarien sowie weitere jeweilige Stresstest-Spezifika bei einem derartigen Vergleich berücksichtigt werden sollten. Hier werde sich zudem zeigen, ob seitens der Branche auch für den Fall eines Extremszenarios weitere und ausreichende Maßnahmen zur Stärkung der Bilanz ergriffen wurden. „Da ein Szenario langanhaltend niedriger Zinsen bei gleichzeitig fallenden Marktwerten auf Kapitalanlagen zudem nicht mehr so abwegig erscheint wie noch 2014, darf zumindest angezweifelt werden, ob die Akteure am Markt wiederum so gelassen auf die Ergebnisse reagieren werden. Nicht zuletzt, da bereits 2014 annähernd die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen ein solches Szenario nicht bestanden hätte.“
Abermals mangelnde Vergleichbarkeit
Die 2016er Version lehne sich methodisch eng an den Eiopa-Stresstest von 2014 an; von daher dürften die Ergebnisse verschiedener Unternehmen und Länder auch dieses Mal schwer zu vergleichen sein, meint Assekurata-Mann Ulf Müller. Gerade in Ländern wie Deutschland, in denen überwiegend noch klassische Lebensversicherungsprodukte mit Garantiezins und erfolgsabhängiger Überschussbeteiligung im Umlauf sind, sei die Auswirkung auf die Eigenmittelposition aufgrund der gewählten Durationsmethodik nur bedingt aussagekräftig. Somit erscheine ein länderübergreifender Stabilitätsvergleich, beispielsweise mit angelsächsischen Lebensversicherern, die ein völlig anderes Produktkonzept mit abweichenden Zahlungsströmen verfolgen, zumindest „problematisch“. Vor diesem Hintergrund stünden auch mögliche Handlungsempfehlungen seitens der europäischen Aufsicht unter dem Vorbehalt der methodischen Passgenauigkeit für die spezifischen Länderbedingungen und Versicherertypen.
Der Stresstest endet am 17. Juni 2016. An dem Tag endet die Frist für die teilnehmenden Unternehmen, ihre Resultate an die zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden zu übermitteln. Die Ergebnisse sollen laut Planung im Dezember veröffentlicht werden.
portfolio institutionell newsflash 15.06.2016/Tobias Bürger
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portfolio institutionell
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