Versicherungen
19. November 2015

Interne Modelle im Visier von Eiopa

Mit Argusaugen blickt die europäische Versicherungsaufsicht auf die internen Modelle von Versicherungen, wie sich auf der Eiopa-Konferenz in Frankfurt zeigte. Um bAV ging es nur am Rande.

Die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa nimmt die internen Modelle ins Visier. Das ist ein Eindruck, der sich beim Besuch der fünften Eiopa-Konferenz in Frankfurt Mitte November vermittelt. Unter Solvency II, das Anfang 2016 zur neuen Realität für die Versicherungsbranche wird, können Versicherer ein Standard- oder ein eigenes internes Modell zur Berechnung ihres regulatorischen Kapitals nutzen. In Deutschland haben laut Bafin bisher 32 Unternehmen die Zulassung eines internen Modells beantragt. Wird es genehmigt, bringt ihnen dies einen Wettbewerbsvorteil. „Üblicherweise verbessert sich die Kapitaleffizienz um 20 bis 30 Prozent im Vergleich zu einem Standardmodell“, erklärte kürzlich Carolin Schnabel, Abteilungsleiterin Kundenbetreuung für Versicherungen und Pensionseinrichtungen bei der Commerzbank. Doch genau das ist Eiopa-Chef Gabriel Bernardino ein Dorn im Auge. In seiner Rede machte er deutlich, dass er vermeiden will, dass interne Modelle zu einem „capital optimization tool“ werden. 
„Interne Modelle sind besonders anfällig für inkonsistente Ansätze“, so Bernardino. Und das steht einem der drei strategischen Prioritäten im Wirken der Eiopa in den kommenden Jahren entgegen. Neben der Bewahrung der Finanzstabilität und der Stärkung des Konsumentenschutzes hat sich Bernardino und seine Kollegen als Ziel die Konvergenz der Aufsicht auf die Fahnen geschrieben. Die unterschiedlichen Aufsichtskulturen und Praktiken zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten sollen in den kommenden fünf Jahren zusammenwachsen – zu einer europäischen, risikobasierten Aufsichtskultur. Die Erreichung dieses Ziels sieht Bernardino offenbar durch die internen Modelle gefährdet. Für ihn ist dies ein Bereich, in dem materielle Unterschiede große Auswirkung auf das „level playing field“ haben können. Deshalb wird Bernardino dem fortlaufenden Monitoring der internen Modelle große Aufmerksamkeit schenken. „Wir werden uns auf die Entwicklung und das Testen von soliden und angemessenen Indikatoren und Benchmarking für interne Modelle fokussieren.“ Was das in der Praxis genau heißt und welche Konsequenzen dies hat, bleibt abzuwarten. 
Konsistenter Ansatz für Risiken von Staatsanleihen gesucht 
Nicht nur die internen Modelle stehen unter weiterer Beobachtung, sondern auch die Staatsanleihen. In seiner Rede machte Bernardino keinen Hehl daraus, dass man sich dieses Thema anschauen muss. „Die kommenden Jahre sollten für weitere Analysen zur Kalibrierung von unterschiedlichen Asset-Klassen unter Solvency II genutzt werden – inklusive Staatsanleihen“, so der Eiopa-Chef. Allerdings merkte er auch an, dass eine mögliche Berücksichtigung von Staatsrisiken in der ersten Säule im Standardmodell von Solvency II komplex ist: „Wir arbeiten an einem Ansatz für den kompletten Finanzsektor, der Versicherungen und Banken abdeckt. Eine solche Lösung muss aber konsistent sein.“ Für interne Modelle hat Eiopa bereits im April dieses Jahres eine Empfehlung ausgegeben, die Risiken aus ihren Staats-Exposures entsprechend zu berücksichtigen. „Wir werden die praktische Umsetzung dieser Empfehlung beobachten.“ 
In seiner Rede machte Bernardino des Weiteren deutlich, dass sich die Aufsichtsbehörde des herausfordernden makroökonomischen und finanziellen Umfelds, in denen Versicherungen und Pensionsfonds agieren, bewusst ist. Daraus leiten sich für Eiopa drei Ziele ab, die in der nächsten Zeit verfolgt werden müssen: Erhöhung der Belastbarkeit des Versicherungssektors, Begrenzung von riskantem Verhalten, weil Versicherungen kollektiv nach Rendite suchen, und Vermeidung von Prozyklik. Diese Zielsetzung klingt gut, allein der Plan zur Erreichung all dieser Ziele scheint zu fehlen. Um die Belastbarkeit zu verbessern, nannte Bernardino unter anderem die Streichung oder Stundung von Dividenden sowie die Reduzierung der maximalen Garantien in neuen Verträgen. Eine echte Antwort auf die Frage, wo Versicherungen investieren sollen, gab es hingegen nicht. Auf der Pressekonferenz wies Bernardino lediglich darauf hin: „Solvency I hat Versicherungen Limits gesetzt. Unter Solvency II können sie nun ihre eigene Entscheidung treffen, welche Risiken sie eingehen wollen und können.“ Bernardino begrüßt diversifizierte Investments, die aus ALM-Sicht Sinn machen. Nur was genau Sinn macht, gebe Eiopa nicht vor. 
Was dem aufmerksamen Zuhörer von Bernardinos Rede und Pressekonferenz nicht entging: Der Eiopa-Chef sprach auffällig wenig über die betriebliche Altersversorgung (bAV). Kein Wort fiel über die in der Vergangenheit heiß diskutierte und insbesondere stark von deutscher Seite kritisierte Holistic Balance Sheet (HBS). Lediglich in der einstündigen Diskussionsrunde der Eiopa-Konferenz am Nachmittag, die unter dem Motto „Retirement Savings in the 21st Century“ stand und an der auch ein Eiopa-Vertreter teilnahm, fiel das Wort „HBS“. Nähere Details dazu können hier leider nicht ausgeführt werden, da die Diskussionsrunde „off the record“ stattfand. Nur so viel: An der HBS wird weiter eifrig gearbeitet. Die Ergebnisse des bAV-Stresstests sollen wie geplant im Dezember dieses Jahres und der Quantitative Assessment im März 2016 veröffentlicht werden, wie „Leiter-bAV“ am Rande der Konferenz erfuhr.     
portfolio institutionell newsflash 19.11.2015/Kerstin Bendix
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