Schwarzer Schwan
12. Juni 2015

Von Psychopathen und Kettensägen

Aufmerksame Leser haben es längst bemerkt: Der Schwarze Schwan der Woche ist antifragil. Je mehr herausragende Persönlichkeiten in Fettnäpfchen treten, umso stärker wird er. Und das Schöne ist, sie hören nie auf damit.

In dieser Woche widmen wir uns einmal mehr den wirklich wichtigen Menschen der Gesellschaft, den Leistungsträgern, den Führungskräften, den Firmenlenkern – kurz, der Elite. Denn wie ein Vortrag im Rahmen der 12. Acatis-Konferenz am 29. Mai gezeigt hat, ist diese Kohorte von Psychopathen nur so durchsetzt. Schwarzer Schwan, ick hör dir trapsen.
Dr. Rüdiger Hossiep von der Ruhr-Universität in Bochum ging in dem Vortrag unter der Überschrift „Persönlichkeiten im Management“ der Frage auf den Grund: „Müssen Chefs verrückt sein?“ Um es kurz zu machen: Ja! Nach vorliegenden und belastbaren Untersuchungen sind Manager mit „problematischen Persönlichkeitsstrukturen“ in ranghohen Positionen um ein Mehrfaches überrepräsentiert. So lautet die Einschätzung des studierten Psychologen, der in seiner beruflichen Laufbahn unter anderem bei der Deutschen Bank tätig war. Doch warum schaffen es intelligente Personen mit psychopathischen Tendenzen so weit nach oben? Sie verfügen laut Hossiep über spezifische Eigenschaften, die die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöhen, tatsächlich bis an die Spitze der Hierarche aufzusteigen. Die Folgen seien desaströs, meint der Autor einschlägiger, personalpsychologischer Literatur. 
Hossiep unterteilt die „psychologisch Auffälligen in der Wirtschaft“ in drei Gruppen: die Paranoiden, die Soziopathen und die Autisten. Was zunächst einmal ganz spaßig klingen mag, hat für die Untergebenen einen knochenharten Alltag zur Folge. Nehmen wir beispielsweise Albert Dunlap, auch bekannt als Kettensägen-Al. Wegbegleiter erinnern sich mit Gänsehaut an den inzwischen pensionierten Turnaround-Manager und bezeichnen ihn als manipulative, rücksichtslose und zerstörerische Führungskraft. Wen überrascht es da noch, dass es Dunlap auf die Liste der zehn schlimmsten Chefs des Time Magazine geschafft hat. Wer mehr wissen will, findet im Internet reichlich Lektüre.
Ein Selbsttest kann nicht schaden
Zurück zum Vortrag von Dr. Rüdiger Hossiep. Er hat sich die Mühe gemacht und die Eigenschaften einer psychopathischen Person zusammengetragen. Erkennen Sie jemanden wieder? Los geht’s mit eher harmlosen Attributen wie oberflächlich, grandios, täuschend, impulsiv und ziellos. Psychopathen sind aber auch skrupellos und frei von Einfühlungsvermögen. Sie akzeptieren keine Verantwortung und verhalten sich antisozial, eben wie der klassische Turnaround-Manager. „Offen gesagt, kann ich von Bewunderung und Anerkennung niemals genug bekommen.“ Dieses Statement hat ein Psychopath in einem Selbsttest zu Protokoll gegeben und betont: „Relevante Teile des Geldes, das ich in meinem Leben verdient habe, erwarb ich durch die gezielte Ausnutzung oder Manipulation anderer.“ 
Der US-Unternehmer Bernie Cornfeld gilt als einer der ersten großen Investmentmanipulateure und er hatte Sinn für verschwenderische Partys, etwa mit Playboy-Gründer Hugh Hefner. Und wer denkt nicht gern mit einem leichten Schaudern an die Eskapaden von Bernie Madoff zurück. In die Reihe der vermeintlichen Finanzmogule reihen sich auch Florian „Der inzwischen Geläuterte“ Homm, „Fensterspringer“ Thomas Middelhoff und Uli „Alles auf Rot“ Hoeneß ein. Letzterer war ja immer felsenfest davon ausgegangen, dass Regeln nicht für ihn gelten. Falsch! 
Wer bislang daran gezweifelt hat, dass Manager mit problematischen Persönlichkeitsstrukturen in ranghohen Positionen um ein Mehrfaches überrepräsentiert sind, dem empfehlen wirein kurzes Youtube-Video. Darin zeigt sich der frühere Chef von Lehman Brothers, Richard „Dick“ Fuld, im Jahr 2007 von seiner, sagen wir mal etwas schmeichelhaft, liebenswürdigen Seite. Aber sehen Sie selbst. 
Bevor wir Sie mit den besten Wünschen ins Wochenende entlassen, noch folgendes Schmankerl aus dem persönlichen Gutachten eines Psychoanalytikers zu einem Finanzinvestor, dessen Quelle Dr. Rüdiger Hossiep zurückgehalten hat: „I would rate you somewhere between sociopathic and psychopathic.“ 
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