Schwarzer Schwan
8. Mai 2015
Unsere Besten!
Egos, Geld, Gerichtsprozesse: Im großen portfolio-Finanztest schenken sich Deutschland und Österreich nichts.
Tu felix Austria: Für ihre vielen Hochbegabten im Finanzsektor können wir Piefkes die Österreicher nur beneiden. Die Minderwertigkeitskomplexe, die unserem Nachbarland angedichtet werden, verfliegen sofort, wenn man zum Beispiel an das Bundesland Salzburg erinnert. Dort konnte der If-in-Trouble-Double-Ansatz einer Landesbediensteten, die Zugriff auf die Landeskasse hatte und geschwind mit Steuergeldern spekulierte, zwar nicht erfolgreich gemanagt, dafür aber von 2003 bis Ende 2012 erfolgreich geheim gehalten werden. Finanziell erwies sich dieser Ansatz leider gerade in den Jahren 2008 und 2011 aber als weniger erfolgreich, so dass am Ende ein Schaden in Höhe von 340 Millionen Euro zu verbuchen war.
Unvergessen ist natürlich auch Karl-Heinz Grasser, der als Finanzminister (!) der Republik Österreich zur Höchstform auflief, als er über Geldkoffer Auskunft geben sollte, deren Inhalt er 2005 undeklariert bei der Meinl-Bank einzahlte, dann damit Vorzugsaktien einer Hypo-Alpe-Adria-Leasing-Tochter erwarb und den aus dieser Transaktion entstandenen Gewinn von 275.000 Euro auf ein liechtensteinisches Konto eines Karibik-Briefkastens überwies. Als Erklärung gab der Finanzminister und Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens am Bande für Verdienste um die Republik Österreich an, dass er seiner Schwiegermutter imponieren wollte: „Meine Schwiegermutter wollte damit meine Geldveranlagungsfähigkeit als damaliger Bundesminister für Finanzen testen.“
Wolferl „Mozart“ Kulterer versus „Beethoven“ Middelhoff
Kann Deutschland hier überhaupt noch mithalten? Die Redaktion von portfolio macht den ultimativen Finanztest und schickt keinen Geringeren als Thomas Middelhoff ins Rennen. Die Antwort Austrias: Wolfgang Kulterer, Ex-Vorstandsvorsitzender der – natürlich – Hypo Alpe Adria. Ein Vergleich ist jedoch genauso schwierig wie die Frage, ob Beethoven oder Mozart das größere Genie war. „Beethoven“ Middelhoff hatte zuletzt haftbedingt Probleme, Termine wahrzunehmen. Er musste darum zum Beispiel auch dem großen Patentreffen der aktuellen und ehemaligen Führungsgrößen der Deutschen Bank anlässlich des Kirch-Prozesses vor dem Landgericht München fernbleiben, bei dem auch gegen ihn wieder einmal ermittelt wird.
„Mozart“ Kulterer wiederum muss derzeit sechseinhalb Jahre wegen Untreue absitzen und kann deshalb ebenfalls über seinen Terminkalender nicht frei verfügen. Eingebrockt hat sich Kulterer, zuvor in Untersuchungshaft wie Middelhoff – unter anderem wegen Fluchtgefahr, die Haftstrafe als Vorstandsvorsitzender der Hypo Alpe Adria. Einem Amtsenthebungsverfahren wegen nicht ordnungsgemäßer Bilanzierung wollte er durch den Wechsel in den Aufsichtsrat entgehen. Dumm nur, dass ihm damit auf Druck der Öffentlichkeit auch seine Vorstandsbezüge entgingen, die er trotz des Wechsels doch so gern behalten wollte. Verurteilt wurde er letztlich wegen Bilanz- und Beweismittelfälschung.
„Mozart“ Kulterer wiederum muss derzeit sechseinhalb Jahre wegen Untreue absitzen und kann deshalb ebenfalls über seinen Terminkalender nicht frei verfügen. Eingebrockt hat sich Kulterer, zuvor in Untersuchungshaft wie Middelhoff – unter anderem wegen Fluchtgefahr, die Haftstrafe als Vorstandsvorsitzender der Hypo Alpe Adria. Einem Amtsenthebungsverfahren wegen nicht ordnungsgemäßer Bilanzierung wollte er durch den Wechsel in den Aufsichtsrat entgehen. Dumm nur, dass ihm damit auf Druck der Öffentlichkeit auch seine Vorstandsbezüge entgingen, die er trotz des Wechsels doch so gern behalten wollte. Verurteilt wurde er letztlich wegen Bilanz- und Beweismittelfälschung.
Middelhoff stellte im März dieses Jahres einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenz-Verfahrens über sein eigenes Vermögen. Kulterer dagegen ist laut österreichischen Medienberichten bereits seit Juli 2014 offiziell pleite. Nun sind seine Gläubiger auf der Suche nach Vermögenswerten und stießen dabei auf die Agroeast GmbH in Rumänien. Bei diesem von Kulterer mitgegründeten Agrarbetrieb sei für die Gläubiger aber nichts zu holen, sagte seine Strafverteidigerin Pöchinger dem „Kurier“: „Mein Mandant musste seine Beteiligung laufend reduzieren, um seine Verfahrenskosten bestreiten zu können. Seine Anteile wurden von den übrigen Gesellschaftern aufgekauft.“ Und ja, es sei richtig, dass die Hypo-Alpe-Adria-Bank der Agroeast einen Investitionskredit gegeben hat.
Über die Hypo Alpe Adria als Kreditgeber und persönlich als Unternehmensgründer aufzutreten, war aber nicht Kulterers einzige Doppelrolle. Er bekleidete vielmehr eine doppelte Doppelrolle, da er nicht nur Hypo-Vorstand, sondern auch Vorstand der Flick-Privatstiftung war. In dieser Zeit kaufte die Stiftung Vorzugsaktien der Hypo Alpe Adria. Die Bank bekam so frisches Eigenkapital, die Stiftung eine Garantiedividende und durch eine Put-Option auch noch eine Geld-zurück-Garantie. Eine Win-win-Situation, über die vor Gericht jedoch wegen Bilanzfälschung gestritten wurde. In Doppelrollen glänzte bekanntlich auch Thomas Middelhoff. Während seiner Karriere als Aufsichtsrats- und Vorstandschef bei Karstadt litt der Konzern unter hohen Mieten. Privat hielt Middelhoff Anteile an einem Fonds mit Karstadt-Immobilien.
Der Eindruck, dass es sich bei dem kongenialen Duo um abgehobene Topmanager handelt, täuscht. Schließlich spielten bei den beiden auch Alltagsgegenstände wie eine Regenrinne und ein Mörteleimer bereits einmal wichtige Rollen. Middelhoff gelang anlässlich eines Termins am Landgericht Essen per filmreifen Hinabkletterns an einer Regenrinne die Flucht vor Reportern. Bei Kulterer wurden anlässlich von Hypo-Ermittlungen laut des Mediums „Trend“ in einem Abstellraum des Bruders seiner Ex-Frau in einem vollgestopften Mörteleimer „heikelste Dokumente“ gefunden. Hintergrund: Offenbar mit einem guten Gespür für das richtige Timing gesegnet, nämlich als die Bankgeschäfte der Hypo boomten, reichte Kulterers Frau die Scheidung ein. Die aus ihrer Sicht wohl zu gering ausgefallene Abfindung suchte die Dame dahingehend noch etwas aufzubessern, indem sie über ihren Bruder der Bayern-LB Beweismittel zu geschönten Bilanzen und EK-Mitteln anbot. Diese fanden die Fahnder schließlich in besagtem Eimer.
Die Parallelen zwischen Middelhoff und Kulterer sind verblüffend. Beide liefern sich im portfolio-Finanztest bezüglich persönlicher Habe, Doppelrollen, Haftstrafen und großen Abstürzen ein Kopf-an-Kopf-Rennen, dessen Würdigung so schwierig ist wie ein Vergleich zwischen Mozart und Beethoven. Am Ende hat Wolfgang Kulterer jedoch knapp die Nase vorn. Ihm gelang nämlich kürzlich eine absolute Überraschung: Der Gerichts-Stammgast wurde im sogenannten Paradiso-Prozess, bei dem es um die Finanzierung eines nie realisierten Kunstparks ging, vom Vorwurf der Untreue – surprise, surprise – freigesprochen!
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.
Autoren:
portfolio institutionell
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