Traditionelle Anlagen
1. April 2015

„Schockierende Tatsachen“ bei traditionellen Anlageklassen

Das aktuelle Börsenjahr geht mit zahlreichen Rekorden einher. Historisch niedrigen, häufig negativen Anleiherenditen auf der einen Seite stehen Rekordmarken an den Aktienmärkten gegenüber.

Die Entwicklung der Zinsmärkte nimmt immer kuriosere Formen an. Nach Angaben von Axa Investment Managers verzeichnen inzwischen 25 Prozent der europäischen Staatsanleihen negative Renditen. Zehnjährige deutsche Staatsanleihen rentieren bei 30 Basispunkten. Und auf das Britische Pfund lautende Anleihen außerhalb des erstklassigen Staatsanleihensektors hatten im Januar 2015 mit einem Zuwachs von 4,9 Prozent ihr bestes Monatsergebnis aller Zeiten. „Wir leben in ungewöhnlichen Zeiten“, kommentiert Nick Hayes, Fondsmanager bei Axa. „Ich bin mir nicht sicher, welche dieser Tatsachen mich am meisten schockiert. Es besteht offenbar kaum noch ein Zusammenhang zwischen den wirtschaftlichen Fundamentaldaten und den Vermögenspreisen, wie insbesondere die Renditen von Staatsanleihen zeigen.“ Während die USA und Großbritannien an der Schwelle einer neuen Ära ohne Quantitative Easing und mit demnächst steigenden Zinsen stünden, hielten die quantitativen Lockerungsprogramme der EZB und der japanischen Notenbank die Renditen auf diesen niedrigen Niveaus. Das Spiel von Angebot und Nachfrage verzerrt nach seiner Einschätzung zunehmend die Bewertung von Zinsinstrumenten, weil „eher risikoarme Titel Käufer finden“, lautet Hayes Begründung. Einige Renditen sind nach Angaben von Axa inzwischen auf das tiefste Niveau seit 500 Jahren gefallen. 
„Ich habe mich lange dagegen gewehrt, die Anleiherallye als Übertreibung zu bezeichnen, aber die Situation ist in jedem Falle außergewöhnlich, und so stellt sich die Frage, was hier eigentlich vor sich geht“, so Hayes weiter. „Die Ruhe, mit der Anleger negative Renditen akzeptieren, gibt sicherlich Anlass zur Sorge. Im Übrigen sind wir wahrscheinlich auch Zeugen der sogenannten Kapitulationsphase. Ähnliches konnten wir im Jahr 1999 im Technologie-Aktienmarkt beobachten. Damals vollzogen viele, die Technologie ursprünglich untergewichtet hatten, eine Kehrtwende nach dem Motto: Offenbar kann man bei diesen IPOs nur gewinnen, wenn die Aktien selbst bei schlechten Fundamentaldaten immer zulegen.“ Diese Kapitulationsphase ist Hayes zufolge wichtig, weil sie dem Markt hilft, ein Gleichgewicht zu finden. Anders als im Jahr 2014, als wegen der allgegenwärtigen Durationsuntergewichtung praktisch der ganze Markt auf dieselbe Entwicklung setzte, seien die Positionierungen jetzt sehr viel ausgeglichener. Es gebe genügend Marktteilnehmer, die weiter sinkende Anleiherenditen für möglich hielten. „Vielleicht geht die Analogie mit der Nasdaq weiter und der Zinsmarkt implodiert irgendwann einfach. Dann bestünde wenig Widerstand gegen steigende Renditen“, so Hayes. 
Anleihen und Aktien als Gipfelstürmer
Nicht nur die Anleihemärkte verzeichnen derzeit ungeahnte Kurshöhen. Rund um den Globus haben im März viele wichtige Aktien-Indizes langjährig gültige Hochs oder sogar Allzeit-Hochs erreicht und konsolidieren nun an diesen Marken. Darauf weist Daniel Zindstein, Leiter Portfoliomanagement bei Gecam, hin. Der deutsche Kurs-Dax (ohne Dividenden) beispielsweise erreichte am 16. März dieses Jahres exakt sein Hoch vom März 2000, das bei 6.266 Punkten lag. Der englische Leitindex FTSE konsolidiert nun schon seit Jahren knapp unter 7.000 Punkten und der breiteste und größte europäische Index Stoxx 600 stößt nun zum dritten Mal nach 2000 und 2007 an die Marke von 400. Abschließend, sei als prominentestes Beispiel noch der aus Internet-Blasen-Zeit berühmt berüchtigte amerikanische Nasdaq-Index genannt, der seine Hochs aus dem Jahr 2000 wieder zurückerobert hat (rund 5.000 Punkte). Für viele Beobachter wäre das vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen, heißt es bei Gecam. 
Auch Immobilien sind inzwischen ambitioniert bewertet
Unabhängig von historischen Bewertungsniveaus müssen Anleger sich fragen, wo es rentierliche Alternativanlagen gibt. Viele flüchten daher in Immobilien. Aber auch diese sind nach Einschätzung von Gecam zumindest in den attraktiveren Gegenden nicht gerade billig. So sind unter Idealvoraussetzungen (Vollvermietung, keine Mietausfälle, keine Zinserhöhungen, keine Arbeitskosten, etc.) meist nur Mietrenditen von unter drei Prozent erzielbar. Verglichen mit dem Aktienmarkt entspricht dies einer 33-fachen Bewertung des Jahresgewinns. Anders gesagt sind Immobilien so teuer wie der Dax im Jahr 2000. 
portfolio institutionell newsflash 01.04.2015/Tobias Bürger
Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert